Blicke in die Anderswelt

Die Fotoausstellung von Silvio Panosetti im Kunst-Raum-Rhein in Dornach thematisiert die Ermitage als Gralsgebiet.

Helligkeit und Schatten: der Fotograf Silvio Panosetti vor seinem grossen «Burggarten». Dahinter beginnt vielleicht die Anderswelt. Foto: Thomas Brunnschweiler
Helligkeit und Schatten: der Fotograf Silvio Panosetti vor seinem grossen «Burggarten». Dahinter beginnt vielleicht die Anderswelt. Foto: Thomas Brunnschweiler

Die Ermitage, diese anmutige Talmulde mit ihren Höhlen und Seen hinter Arlesheim, wurde von Rudolf Steiner schon am Anfang des 20. Jahrhunderts als Wolframs Gralsgebiet (terre de salvaesche) bezeichnet. Der Versroman «Parzival» (vom frz. perceval / Durchstoss-das-Tal) von Wolfram von Eschenbach, der zwischen 1200 und 1210 entstand, ist einer der wirkmächtigsten Texte des Abendlandes. Auch im Film ist er immer wieder Thema: «Monty Python And The Holy Grail», «Indiana Jones And The Last Crusade», «Da Vinci Code». Steiner wie auch der Gralsforscher Werner Greub hatten einen von der Forschung abweichenden Ansatz. Beide verlegten die Gralsgeschichte ins 9. Jahrhundert. Greub ortete die Gralsburg «Munsalvaesche» auf dem Hornichopf, obwohl es keinen archäologischen Beweis dafür gibt. Damit wurde die Ermitage zur «Terre de Salvaesche», wo sich viele Parzivalepisoden abgespielt haben sollen. Diese steile These folgt weniger handfesten Beweisen als dem Motto «Man sieht immer das, was man sehen will.»

Hartes Licht, neuer Blick

Der 1952 in Basel geborene Fotograf Silvio Panosetti wurde auf Werner Greubs Buch «Wolfram von Eschenbach und die Wirklichkeit des Grals» (1974) aufmerksam gemacht. Im epochalen Jahr 1989, in dem die Mauer fiel und die Homecomputer richtig Fuss fassten, zog es Panosetti in die Stille der Ermitage. Er machte teilweise nur ein bis zwei Fotos pro Tag, wartete auf das richtige Licht zwischen 11 und 15 Uhr. Nicht die «L’Heure bleu» suchte er, das sanfte Abendlicht, sondern hartes Licht, das Helligkeit und Schatten zum Ausdruck brachte. «Damals war die Ermitage noch naturnäher», sagt Silvio Panosetti, «die Bilder könnten auch schon hundert Jahre alt sein. Sie haben etwas Zeitloses an sich.» Zeit- und Ortlosigkeit sind Merkmale der Artussagen. Überall, wo die Gralsburg oder der Wald Broceliande stehen, und der See Brumbane liegt, geht es zur Anderswelt, die für den Uneingeweihten unsichtbar bleibt. Silvio Panosetti gelang es, mit seiner Analogkamera, Blicke in diese Anderswelt zu erhaschen, unseren alltäglichen Blick auf die Ermitage in geheimnisvolle schwarz-weisse Naturporträts zu verwandeln, die uns in ihren Bann ziehen.

Ideologiefreie Ausstellung

Der Fine-Art-Print «Burggarten» (Schloss Birseck; 150 × 109 cm) arbeitet mit scharfen Lichtkontrasten. Hinter dem Burgtor ist es unscharf-hell. Parzivalliebhaber denken an die Nebel von Avalon. Die Eremitenklause wird zur Hütte des Trevrizent, der grosse Weiher zum See Brumbane. Silvio Panosetti legt im Katalog detailliert Rechenschaft über seine Fototechnik ab. Dorothee Deimann hat den Schaffensprozess Panosettis treffend dargelegt: «Schönheit findet nicht in den Augen statt. Sie beginnt in den Vorstellungen unserer Seele», schreibt sie, und: «Die Schönheit seiner Arbeiten wohnt in der Erinnerung des Gefühls [...], sie beschreibt auch das Glück der Gleichzeitigkeit, in der Intuition und Wille sich entsprechen.» Stilvoll und gelungen sind auch die weissen Banner, die von der Decke des Kunstraums hängen. Darauf jeweils ein stilisiertes Wappen und ein Zitat aus dem Parzival von Wolfram.

Silvio Panosetti: Terre de Salvaesche, Kunst-Raum-Rhein, Dorneckstrasse 37, Dornach, bis 11. Juli verlängert. Infos unter www.kunstraumrhein.ch.

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