Wie Alfredos Dorfkino nach Arlesheim kam

Inspiriert vom gleichnamigen Film lancierte der politische Verein Frischluft vor 20 Jahren das «Cinema Paradiso». Das erste Freiluftkino der Region ist heute ein unverzichtbarer Teil des Arlesheimer Kulturlebens.

Zum 20. Mal auf dem Dorfplatz: Stimmungsvolle Kino-Atmosphäre unter freiem Himmel. Foto: Silvia Hänggi-Gaugler
Zum 20. Mal auf dem Dorfplatz: Stimmungsvolle Kino-Atmosphäre unter freiem Himmel. Foto: Silvia Hänggi-Gaugler

Lukas Hausendorf

Sie haben das Open-Air-Kino zwar nicht erfunden, aber dürfen trotzdem für sich beanspruchen Pioniere zu sein. Die vier Frischlüftler der ersten Stunde, der heutige Gemeindepräsident Kalle Zeller, seine Frau Monika, Stephan Haller, der Werber Hartmut Vetter und ein paar Mitglieder der ehemaligen Pastinaken zeigten 1991 zum ersten Mal Filme auf dem Arlesheimer Dorfplatz. Das erste Open-Air-Kino der Region war geboren. Noch im gleichen Sommer zog man auf dem Münsterplatz nach. Wohl hat die Cinerent nicht bei der Frischluft abgeschaut, schliesslich betrieb das Unternehmen in Zürich schon Jahre früher ein Open-Air-Kino, die Arlesheimer waren den Zürchern bei ihrer Expansion in den Raum Basel im entscheidenden Jahr einfach eine Nasenlänge voraus.

Und im Gegensatz zum Lichtspielspektakel auf dem Münsterplatz steht auf dem Dorfplatz zu Arlesheim die Magie des Kinos nach wie vor im Zentrum. Hier ist der Film nicht das Beigemüse zu Business Hospitality, Product Placement und Werbespots. Gleichwohl ist es eine Erfolgsstory. Von anfänglich zwei Filmen ist man heute bei acht Vorführungen angekommen. Drei davon finden im Schwimmbad statt, wo seit 2005 in Zusammenarbeit mit dem Jugendhaus Filme für ein jüngeres Publikum gezeigt werden. In Arlesheim ist «Cinema Paradiso» ein Kino für das Dorf, wie im gleichnamigen italienischen Film, der der Veranstaltung nicht nur den Namen stiftete. Giuseppe Tornatores Meisterwerk über ein sizilianisches Dorfkino in den 40er-Jahren, dessen Filmvorführer Alfredo das Zelluloid für einmal nicht in den Saal sondern hinaus ins Dorf projiziert, inspirierte die Frischluft zur Nachahmung. Zum Jubiläum des neuesten «Cinema Paradiso» zeigt das Frischluftkino den Film über Alfredos «Cinema Paradiso» am Freitag.


Kunst statt Kommerz
Den Dorfpolitikern war es von Beginn weg ein Anliegen, kritische Filme zu zeigen, obwohl der Anlass selbst keine politischen Zwecke verfolgt, ausser das Dorfleben sozial und kulturell zu bereichern. «Mittlerweile sind die Filme aber weniger politisch geworden», sagt Marco Gigli, der seit 1993 dem OK angehört. «Man muss sich schon auch überlegen, was das Publikum erträgt», erklärt er. «Dead Man Walking», den man 1999 zeigte, war dann wohl zu heavy. Teile des Publikums gingen frühzeitig. Heute suche man bei der Filmauswahl daher einen breiteren Konsens, auch um mehr Leute anzuziehen. Der Anspruch Filme, die sowohl ästhetisch als auch thematisch interessant sind zu zeigen, ist geblieben.


Korn statt Pixel
In der Zeit der fortschreitenden Digitalisierung des Kinos mutet ein alter 35 Millimeter Projektor gewiss altmodisch an. Ein Anachronismus gewiss, erklärt Gigli: «Aber die alte Technik ist einfach schöner und beeindruckender. Es ist die Magie des Kinos und gleichzeitig die beste Werbung dafür.» So hat man vor zwei Jahren auch den Projektor erstanden, den der Operateur und Filmemacher Bernhard Raith dem «Cinema Paradiso» zuvor zur Verfügung gestellt und bedient hat.

Das Festhalten am Zelluloid wird aber je länger desto komplizierter. Die Konservierung von Filmrollen ist für die Verleihe extrem aufwendig, weshalb sich auch in der Archivierung der Trend zur Digitalisierung abzeichnet. Man habe sich das zwar noch nicht überlegt, aber vermutlich würde der technologische Wechsel in Arlesheim auch vollzogen, wenn man dazu gezwungen wäre, sagt Gigli. Bis dahin verbreitet das leise Rattern während der Vorführung auf dem Dorfplatz noch den nostalgischen Zauber eines Kinos, wie es in der Vergangenheit einmal in einem sizilianischen Dorf stand.

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