«Wenn fünf Verrückte an einem Strick ziehen, ist Unglaubliches möglich»

Seit 30 Jahren gehört das Bikefestival Basel zum festen Bestandteil der regionale Bikesaison. Gründer Christoph Jenzer erzählt, warum nach diesem Jahr Schluss ist und wie es doch noch weitergehen könnte.

Eingespieltes Team: (von links) Kurt Wellenreiter, Marc Rüdisühli, René Schenker, Köbi Schmid und Christoph Jenzer.Foto: zvg

Dieses Wochenende findet die 30. und zugleich letzte Ausgabe des Bikefestivals Basel auf der ehemaligen Reitsportanlage im Schänzli statt. Was 1996 als kleines Mountainbike-Rennen in Reinach begann, hat sich mittlerweile zum Treffpunkt der regionalen Mountainbike-Szene gemausert und lockt jährlich gegen 10000 Besucherinnen und Besucher sowie 1300 Teilnehmende in die Ebene entlang der Birs.

«Ich bin glücklich, was wir zusammen ausgelöst haben», sagt der Arlesheimer Christoph Jenzer gegenüber dem Wochenblatt. Er hat vor 30 Jahren die erste Ausgabe des damaligen Stromcups in Reinach organisiert und ist mit seinen OK-Kollegen Marc Rüdisühli, René Schenker, Köbi Schmid und Kurt Wellenreiter die treibende Kraft hinter dem Event.

Nun ist damit aber Schluss. Grund dafür ist, dass auf dem Schänzli-Areal künftig ein Park entstehen soll. Die Birs soll aus ihrem heutigen Korsett befreit werden, und es sollen Bademöglichkeiten entstehen. Platz für Mountainbiker gibt es da wohl keinen mehr.

Für Jenzer stimmt der Zeitpunkt. Das Bikefestival sei über die Jahre immer grösser geworden, was die Organisation nicht einfach mache. Jenzer spricht von einem «Dinosaurier» – zu gross, um langfristig überleben zu können. Er und seine OK-Kollegen organisieren den Grossevent mit über 300 Helferinnen und Helfern und einem Budget von 250000 Franken weiterhin ehrenamtlich. «Es gibt keinen Radsport-Event in der Schweiz in vergleichbarer Grösse, der ausschliesslich ehrenamtlich organisiert wird», ist sich Jenzer sicher.

Es begann in einer Baugrube

Alles begann vor 30 Jahren. Jenzer, der selbst passionierter Biker ist, organisierte für den Veloclub Reinach ein kleines Rennen in einer Baugrube – dort, wo heute das TechCenter in Reinach steht. Einige Tage später erhielt er einen Anruf von Andi Seeli, dem damaligen Mountainbike-Nationaltrainer und Gründer des Swiss Bike Cup – neben dem Weltcup eine der bedeutendsten Rennserien der Welt. Jenzer nennt ihn den «Mister Mountainbike Schweiz».

Seeli fragte Jenzer, ob er künftig ein Rennen für den Swiss Bike Cup organisieren wolle. «Innert zwei Wochen musste ich antworten und abklären, ob dies möglich sei», erinnert sich Jenzer. Er sagte zu und wählte als Wettkampfort das Feld an der Schützenstrasse neben dem Schützenhaus in Reinach. Es begann eine Erfolgsgeschichte, der Event wuchs rasant an. Schon bald starteten die besten Mountainbiker in Reinach. Und der Platz wurde knapp.

2017 folgte der Umzug ins Schänzli, und der Platzmangel war Geschichte. Nun war eher das Gegenteil der Fall: Auf dem weitläufigen Gelände der Reitsportanlage ging der Anlass fast unter. Jenzer und seine OK-Kollegen, die sich zu dieser Zeit zur IG Radsportförderung Nordwestschweiz zusammenschlossen, begannen, die Rennen mit einem Rahmenprogramm zu begleiten. Das Bikefestival in seiner heutigen Erscheinung nahm Form an.

Pionierarbeit für das Biken

Doch die Schwierigkeiten liessen nicht lange auf sich warten. Diskussionen mit der Bürgergemeinde Muttenz über die Streckenführung am Froschhügel zogen sich hin. Denn Mountainbiker genossen bis dahin keinen besonders guten Ruf. Die fünf OK-Mitglieder führten Grundsatzdiskussionen, gaben den Mountainbikern eine Stimme und verbesserten den Ruf des Sports. Sie legten damit auch den Grundstein für Organisationen wie Trailnet Nordwestschweiz, die unter der Leitung des «Mountainbike-Papstes» René Schenker zahlreiche Trails in der Region Bewilligungen aushandelten, sie finanzierten, bauten und unterhielten. Trailnet unterstützt auch Projekte wie das Trailcenter in Aesch.

Gleiches gilt für die IG Radsportförderung. Mit dem Gewinn des Bikefestivals und der Organisation von Tour-de-Suisse-Etappen in Arlesheim und Münchenstein wurden in den letzten Jahren zahlreiche Projekte wie Biketrails, Pumptrack-Anlagen und Bikeparks, aber auch der Nachwuchssport beispielsweise mit dem Team Radsport Nordwest, das Bikeschulen und -kurse für Kinder anbietet, unterstützt. Droht mit dem Wegfall des Bikefestivals ein wichtiger Unterstützer der lokalen Bikeszene zu verschwinden?

Keine Sorgen um die Zukunft

Jenzer beschwichtigt. Man verfüge über Reserven, um künftige Projekte zu unterstützen. «Ich bin zudem überzeugt, dass wir in den letzten 30 Jahren ganz viel ausgelöst haben, das weiterbesteht», sagt Jenzer. Organisationen wie Trailnet und Anlässe wie die Baselbieter Bike Challenge bezeugen dies.

Michael Kumli, Geschäftsführer von Baselland Tourismus, streicht die positive Ausstrahlung des Events für den Radsport in der Region heraus. Das Bikefestival habe dem Breitensport einen Schub gegeben. Das Bikefestival sei ein gutes Werbefenster für die Bike-Region Baselland. Daher bedauert Kumli, dass dieses Jahr die letzte Ausgabe des Bikefestivals ansteht. Er hofft aber, dass zumindest Teile des Radsportfests weiterbestehen. «Es wäre schade, wenn das von heute auf morgen verschwinden würde», sagt Kumli. Baselland Tourismus spreche das Thema bei Gesprächen mit verschiedensten Akteuren jeweils aktiv an.

Auch Jenzer und seine OK-Kollegen seien bereit, neue Projekte mit ihrem Know-how zu unterstützen. Die Geschichte des Bikefestivals zeige schliesslich: «Wenn fünf Verrückte an einem Strick ziehen, ist Unglaubliches möglich.» Es bleibt zu hoffen, dass sich in den kommenden Jahren neue Verrückte finden, die ihr Herz ebenso dem lokalen Radsport und der Jugendförderung verschreiben.

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