Quartierplan Kirschweg: «Wir wollen nicht bauen, bevor wir die genauen Auflagen kennen»
Die Iscador AG möchte ihre Gebäude am Kirschweg 9 erweitern. Der entsprechende Quartierplan wurde kürzlich angenommen. Wann die Umsetzung beginnt, ist allerdings noch unklar.
Am Kirschweg in Arlesheim werden seit 1949 anthroposophische Mistelpräparate für die integrative Behandlung von Krebserkrankungen hergestellt. Entwickelt und erforscht werden diese Therapien vom Verein für Krebsforschung, dem die Parzellen am Kirschweg gehören. Produziert werden die Arzneimittel seit 2014 von der Iscador AG, deren Produktionsräume sich in schmucken, aber in die Jahre gekommenen Gebäuden hinter der Klinik Arlesheim befinden.
Die Iscador AG, quasi eine Firma des Vereins für Krebsforschung, will diese älteren Gebäude auf dem Areal nun erweitern – auch weil die Aufsichtsbehörde Swissmedic dem Unternehmen 2016 mitgeteilt hat, dass Modernisierungen der Produktionsräume nötig sind. Die Iscador AG hat daraufhin Zeit erhalten, ein Quartierplanverfahren zu starten.
Der Quartierplan Kirschweg sieht mehrere Bauetappen vor: Zuerst sollen ein Neubau für die Wirkstoffherstellung und ein Saal erstellt werden. In einer zweiten Bauetappe soll ein neuer Kopfbau entstehen – sprich, das Haus Hiscia wird umgebaut und erweitert.
Ausserdem sieht die Planung mit Horizont 2036 einen Umbau und eine Aufstockung der bestehenden Gebäude am Kirschweg vor. In mehr als zehn Jahren soll dann auch das Chalet, das heute vom Verein für Krebsforschung genutzt wird, abgerissen werden. Ein Büroneubau soll an seiner Stelle entstehen. Diese letzte Etappe ist für 2037 vorgesehen. Die meisten Parkplätze am Kirschweg fallen in dieser Planung weg. Sie sollen am zweiten Standort der Iscador, am Grellingerweg, ersetzt werden. Ausserdem sieht der Quartierplan weitreichende Grünflächen vor – auch die misteltragenden Bäume auf dem Areal bleiben bestehen.
Die Gemeindeversammlung hat dem Quartierplan Ende September zugestimmt. Der Quartierplan liegt ab November öffentlich auf. Visualisierungen des Projektes gibt es jedoch keine. Wie also sehen die Veränderungen am Kirschweg konkret aus?
Iscador AG will am Standort Arlesheim festhalten
«In absehbarer Zeit wird sich von aussen erst mal nichts ändern», sagt Sarah Monz, Geschäftsführerin der Iscador AG, als sie sich mit dem Wochenblatt zum Interview trifft. Visualisierungen der geplanten Bauten gebe es noch keine – das sei ein bewusster Entscheid: «Die Anforderungen der Aufsichtsbehörde Swissmedic sind sehr hoch. Alles, was wir anpassen mussten, haben wir bereits in den bestehenden Räumlichkeiten umgesetzt», erklärt Monz. Für die weitere Planung der zusätzlichen Gebäude will die Iscador AG erst einmal auf das Feedback der Behörden warten: «Wir wollen nicht bauen, bevor wir die genauen Auflagen kennen.» Deshalb gebe es auch noch keine Visualisierungen der geplanten Gebäude.
Klar sei aber: Die Parzellen am Kirschweg würden nicht sofort überbaut. Die Iscador AG habe sich mit dem Quartierplan vielmehr «Möglichkeiten» offengelassen. «So können wir besser auf behördliche Auflagen oder auf unternehmerisches Wachstum reagieren», sagt Monz.
Die Iscador-Produktionsgebäude liegen zwar in der Gewerbezone, sind aber in der Wohnzone eingebettet. «Ein produzierendes Arzneimittelunternehmen im Wohngebiet ist nicht optimal. Gleichzeitig sind wir aber auch kein riesiges Pharmaunternehmen mit grosser Logistik und lärmenden Anlagen.»
Ein Umzug der Produktionsstätte sei für das Unternehmen keine Option gewesen: Am Standort Arlesheim möchte die Iscador AG festhalten. «Hier haben wir unsere Wurzeln, hier möchten wir bleiben. Und deshalb haben wir mit dem Quartierplan vorausschauend geplant.»
Wann die im Quartierplan vorgesehenen Bauten tatsächlich realisiert werden, kann Monz nicht sagen.
Behandlung kostet etwa 100 Franken im Monat
Derzeit beschäftigt das Unternehmen rund 65 Mitarbeitende, die forschen, Medikamente herstellen und diese vermarkten. Konkurrenz erhält das Unternehmen von deutschen Mitbewerbern. «Diese Präparate sind aber leicht teurer als unsere», weiss Monz und ergänzt: «In der Schweiz wird die ärztlich verordnete Misteltherapie übrigens von der Grundversicherung der Krankenkasse bezahlt.» Die Behandlung koste pro Monat etwa 100 Franken, so Monz. Hergestellt werden die Iscador-Präparate mit Misteln aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich. Nach deren Ernte gelangen sie innerhalb von 48 Stunden nach Arlesheim, wo sie direkt zu Arzneimitteln verarbeitet werden.
Die Medikamente kommen als ergänzende Therapie bei Krebserkrankungen zum Einsatz. «Die gängige Wahrnehmung ist, dass Mistelpräparate zu Fieber führen. Das ist aber bei der ordnungsgemässen Anwendung der Misteltherapie gar nicht der Fall.» Ziel sei vielmehr, die Körpertemperatur nachhaltig zu stabilisieren. «Die meisten onkologischen Patienten haben eine niedrigere Körpertemperatur. Die Misteltherapie regt das Immunsystem an; als Nebenwirkung wird dabei die Körpertemperatur normalisiert», erklärt Monz. «Wir geben aber kein Heilversprechen. Der Krebs ist sehr komplex, Iscador soll eine Ergänzung sein, welche die Lebensqualität erhöht.»
Hauptbestandteil der Iscador-Arzneimittel ist die Mistel. Die Pflanze wächst auf Bäumen oder Halbsträuchern und blüht von Januar bis April. Die Anregung für die Verwendung von Misteln bei Krebs kam – wie bei allen anthroposophischen Lehren – von Rudolf Steiner. Die Ärztin Ita Wegman griff diese Anregungen 1917 auf, als sie zusammen mit dem Apotheker Adolf Hauser das erste Mistelpräparat «Iscar» entwickelte.
Heute forscht Iscador zwar weiter mit Misteln, doch künftig sollen auch andere Pflanzen und ihre Wirkung bei Krebs verstärkt erforsch werden. Welche, will Monz aber noch nicht verraten. Dass Iscador dadurch so stark wächst, dass das Unternehmen dereinst noch deutlich mehr Platz benötigt, glaubt Monz indes nicht: «Wir können aktuell noch weiterwachsen, ohne dass wir neue Mitarbeitende einstellen müssen.» Vielmehr strebe das Unternehmen ein moderates Wachstum an. Mit dem Quartierplan will sich die Iscador AG diese Option sichern.