«Us em alte Arlese»: vom «Blööterle» bis zum Wettrennen auf «lottrigen» Velos
Die Bürgergemeinde Arlesheim lud am Sonntag zum gemeinsamen Erinnern ein: Anekdoten, Archivbilder und Audiodateien «Us em alte Arlese» gaben Einblick in vergangene Zeiten.
«Ich bin überwältigt, das ist ja wie bei einem Popkonzert», begrüsste Stephan Kink, Präsident der Bürgergemeinde, das Publikum im proppenvollen Saal der Obesunne. Rund 200 Interessierte fanden ihren Weg zum Anlass «Us em alte Arlese», der von der Bürgergemeinde federführend organisiert worden war. Im Publikum befanden sich auch einige Bewohnerinnen und Bewohner der Obesunne, für welche der Anlass wohl eine spezielle Reise zurück in die eigene Kindheit oder Jugend im «alten» Arlesheim bedeutete.
Ausgangspunkt war das Buch «Us em frienere Arlese» von August Sumpf, der von 1887 bis 1962 lebte und das damalige Leben und den Alltag im Dorf festhielt. Bürgergemeindepräsident Kink meint: «Mir kam das Büchlein vor einigen Jahren in die Finger, und ich war sofort begeistert. Ich dachte mir: Das müssen wir den Leuten zeigen – auch für die vielen Zugezogenen in Arlese, die vielleicht nicht wissen, wie das Leben hier im Dorf früher war.» Mit dieser Idee konnte er weitere Projektmitglieder mobilisieren, die in Archiven oder in Gesprächen mit Zeitzeugen einen Fundus an Geschichten und Anekdoten zusammentrugen. Mit von der Partie waren Schauspieler und Sprecher Daniel Buser, Journalist Heiner Leuthardt und die Kulturschaffende Heidi Thüler, die zusammen mit Stephan Kink durch den Nachmittag führten.
Lion d’Or und Restaurant Elsässer
«Sagen lassen sich die Menschen nichts, aber erzählen lassen sie sich alles.» Mit diesem Zitat des deutschen Soziologen Richard Faber wurde das Publikum auf das Programm eingestimmt. Wichtig beim Erzählen ist natürlich die Sprache, die auch den Autor August Sumpf faszinierte. So findet sich im kleinen Buch des damaligen Sprach-, Geschichts- und Singlehrers auch ein Lexikon mit Begriffen des «Arleserdytsch», woraus Buser und Thüler abwechselnd vortrugen: «Blööterle» beschreibt ein regelmässiges (Alkohol-)Trinken, «e Gschwulli» ist ein Wichtigtuer, und wenn es «chummlig» ist, hat man es bequem. Zu hören gab es dieses originale Arleserdytsch dann auch gleich auf einer alten Tonaufnahme, auf der Sumpf selbst über sein Aufwachsen erzählte. Es folgte eine Auswahl an Archivbildern des Arlesheims von Anfang und Mitte des letzten Jahrhunderts. Die Bilder der alten Post, des «Lion d’Or» oder des Restaurants Elsässer lösten jeweils ein Raunen und kleine Seitengespräche im Publikum aus – der Anblick liess wohl bei einigen die Erinnerungen an vermeintlich vergessene Jugendzeiten aufflammen.
«Die Birs war ein Eldorado zum Baden»
Zur Recherche gehörten neben dem Buch und den vielen Archivbildern auch die Gespräche mit Zeitzeugen. So trat Otti Stalder mit Jahrgang 1927 nach vorne und erzählte von Wettrennen mit «lottrigen» Velos auf dem Weg in die Bezirksschule nach Therwil. Eine Rekordzeit von 15 Minuten hätten sie damals aufgestellt, erzählt der 97-Jährige stolz und meint: «Die Birs war ein Eldorado zum Baden für uns.» Später kamen auch einzelne Anekdoten von feuchtfröhlichen Festanlässen des Musikvereins nicht zu kurz: «Es isch no keine im Wyy versoffe, im Wasser aber scho.»
Das Publikum applaudierte begeistert, sodass Buser bereits vor Ende der Veranstaltung voller Euphorie eine zweite Ausgabe ankündigte. Dagegen hat wohl auch Journalist Leuthardt nichts einzuwenden, der nach der Veranstaltung zufrieden meint: «Wir sind sehr glücklich mit dem Anlass. Bei den Gesprächen im Vorfeld war vor allem auch schön zu sehen, wie die älteren Menschen aufblühten, wenn sie von ihrer Jugend erzählten.» Ein genaues Datum für die zweite Ausgabe «Us em alte Arlese» gäbe es noch nicht, doch Leuthardt verrät bereits, dass das nächste Mal auch der sagenumwobene «Crème-Schnitte-Express» Thema sein dürfte.