Nachhilfe für die Flaniermeile

Seit über vier Jahren hat Arlesheim eine Begegnungszone, doch mit der Gleichberechtigung von Autofahrern und Fussgängern hapert es in der Praxis noch. Die Gemeinde hilft jetzt mit einer Sensibilisierungskampagne nach.

Voll parkiert: Auf diesem Foto von 1975 zeigt sich der Dorfplatz zugestellt von Autos. Heute wird den Fussgängern bedeutend mehr Bewegungsraum zugestanden, jedoch ist die «Begegnungszone» noch nicht durchwegs in aller Bewusstsein. Foto: ZVG
Voll parkiert: Auf diesem Foto von 1975 zeigt sich der Dorfplatz zugestellt von Autos. Heute wird den Fussgängern bedeutend mehr Bewegungsraum zugestanden, jedoch ist die «Begegnungszone» noch nicht durchwegs in aller Bewusstsein. Foto: ZVG

Lukas Hausendorf

Die Begegnungszone im Arlesheimer Ortskern ist eigentlich eine Erfolgsgeschichte. Ihre Einführung im Juni 2007 machte die Gemeinde zur attraktivsten Einkaufs- und Flanieradresse im Birseck. Dabei war das vor 25 Jahren noch ganz anders. «Arlesheim war technisch k.o.», sagt Unternehmer Christoph Jenzer, der beim Arlesheimer Industrie- und Gewerbeverein (AGIV) das Ressort Ortskern und Verkehr betreut. Dank den gemeinsamen Anstrengungen von Gewerbe und Politik sei man in den letzten 20 Jahren auf der Attraktivitätsskala vom letzten auf den ersten Platz vorgerückt, bilanziert er. Die Euphorie ist zwar keineswegs fehl am Platz, doch technisch funktioniert die Verkehrsmassnahme noch nicht so richtig.

Innerhalb der Begegnungszone gilt neben Tempo 20 für die Autofahrer nämlich auch ein generelles Vortrittsrecht für Fussgänger. Die Begegnungszone kann faktisch als ein gigantischer Fussgängerstreifen begriffen werden. «Viele Fussgänger wissen aber nicht, dass sie Vortritt haben», sagt Gemeindepolizist Stefan Fiechter. Aber auch viele Autofahrer wüssten nicht, wie sie sich zu verhalten haben, fügt er an. Und damit meint er nur bedingt die Geschwindigkeit. Mehrere Messungen in den vergangenen Jahren haben zwar gezeigt, dass 85 Prozent der Automobilisten mit durchschnittlich 26 Stundenkilometern zwar ein bisschen zu zackig in der Tempo-20-Zone unterwegs sind, die Bremsbereitschaft sei damit aber immer noch im Rahmen, befindet Fiechter. Nein, das Problem ist das Zusammenleben der beiden theoretisch gleichberechtigten Verkehrsteilnehmer innerhalb der Begegnungszone. «Wir haben uns darum Gedanken gemacht, wie wir das verbessern können», so Fiechter. Das «Wie» zeigt sich aber nicht in der harten Hand des Gesetzes. Statt der Peitsche setzt man auf ein subtileres Mittel.

Tolerant begegnen
Ab heute sind im Dorfkern allerorts in freundlichem Blau gehaltene Plakate anzutreffen, die zu tolerantem Begegnen in der Flanierzone auffordern. Damit wolle man auch Autofahrer ansprechen, erklärt Fiechter. Ein Plakat alleine optimiert das Miteinander von Autos und Passanten aber noch nicht. «Der Fussgänger muss auch seine Absicht zum Queren der Strasse signalisieren. Blind loslaufen geht natürlich nicht», mahnt der Gemeindepolizist.

Die Plakatkampagne dauert nun drei Wochen, im nächsten Jahr soll sie wiederholt und auch auf den Bahnhof, wo Arlesheim seit Kurzem eine zweite Begegnungszone hat, ausgedehnt werden. Auch baulich soll das Flanierfeeling verbessert werden. Der untere Teil der Ermitagestrasse soll analog zur Hauptstrasse umgestaltet werden. Trotzdem: Die Gleichberechtigung von Fussgängern und Automobilisten wird praktisch kaum kurzfristig Realität werden. Die Chancen stehen in Arlesheim aber gut, mindestens mittelfristig in der idealsten aller Begegnungszonen flanieren zu können.

 

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