«Jeder Brief ist ein Kunstwerk»

Mit dem «Briefkasten-Omi» ist in Arlesheim ein neues Projekt entstanden. Dabei kann man Briefe schreiben, seine Sorgen deponieren und erhält – falls gewünscht – eine Antwort.

Eine «wunderbare Welt»: Handgeschriebene Briefe haben für das «Briefkasten-Omi» eine spezielle Bedeutung. Foto: Symbolbild/Pixabay
Eine «wunderbare Welt»: Handgeschriebene Briefe haben für das «Briefkasten-Omi» eine spezielle Bedeutung. Foto: Symbolbild/Pixabay

Briefe schreiben ist etwas aus der Mode gekommen. Dennoch kann es gerade in der dunklen Jahreszeit helfen, Sorgen und Gedanken aufs Papier zu bringen. Hier setzt das «Briefkasten-Omi» an: Wer Dinge loswerden will, die er sonst mit niemandem teilen mag, kann dem «Briefkasten-Omi» schreiben. Sowohl Absender als auch Empfänger bleiben dabei anonym. Nur wer eine Antwort auf seinen Brief haben möchte, muss die Anschrift hinterlassen.

Hinter der Idee steckt eine Frau, die ihren Wohnsitz in Arlesheim hat: «Ich bin jetzt im Oma-Alter und habe mich gefragt, was kann ich der Gesellschaft noch geben, was sind meine Stärken? Ich selbst schreibe sehr gerne, dabei musste ich an meine eigene Grossmutter denken, die sehr viel Zeit damit verbracht hat, Briefe zu schreiben und zu lesen», führt die Arlesheimerin aus. Als Kind habe sie ihrer Grossmutter gerne Briefe geschrieben und sich dabei immer sehr verstanden gefühlt. Noch heute ist sie ihr Vorbild: «Meine Oma hat jedes Anliegen ernst genommen. Sie hat auch in scheinbar unwesentlichen Dingen etwas Wichtiges erkannt.» Und nun möchte sie dieses Gefühl von «gehört werden» weitergeben.

Das «Omi» bleibt anonym

Das Medium «Brief» habe für sie eine spezielle Bedeutung: «Ich merke, dass ich sehr berührt werde, wenn ich einen persönlichen Brief in der Hand halte. Jeder Brief ist ein Kunstwerk, es eröffnet sich mir eine wunderbare Welt, in die ich beim Lesen eintauche.»

Aktuell hat das «Briefkasten-Omi» eine Postadresse, eine E-Mail-Adresse ist hingegen nicht geplant. «Bei einem E-Mail steht eine Maschine zwischen dem Absender und dem Empfänger, das macht es weniger persönlich.»

Die Frau, die hinter dem Projekt steckt, möchte im Hintergrund bleiben. «Ich habe den Eindruck, dass es für das Gegenüber leichter ist, frei von der Seele zu schreiben, wenn die Identität des Empfängers unbekannt ist.»

Teuerung, Armut, Einsamkeit

Dass der November als Zeitpunkt für den Start des Projekts gewählt wurde, ist kein Zufall. Denn gerade in der dunklen ­Jahreszeit können Sorgen zunehmen. Michael Harr, Geschäftsleiter von Pro ­Senectute beider Basel, bestätigt auf ­Anfrage des Wochenblatts: «Tendenziell fühlen sich ältere Menschen in der dunklen Jahreszeit einsamer als im Sommer. Bestehende Gefühle und Probleme sind dann verstärkt.» Deshalb hat die Stiftung vor zwei Jahren ein Sorgentelefon eingerichtet, das zurzeit wieder vermehrt genutzt werde. «Im Moment haben wir mehr Anrufe aufgrund der Weltlage, verbunden mit der Teuerung, Sorgen zu Armut und Einsamkeit.» Auch der Jahresbericht 2021 des Sorgentelefons der Dargebotenen Hand zeigt, dass die Zahl der Anrufer aller Altersgruppen im Schnitt gegen Ende des Jahres ansteigt.

Das Briefkasten-Omi trifft also einen Nerv. Das kostenlose Angebot richtet sich an alle Altersgruppen und es gibt keine Anforderungen oder Begrenzungen bei den Briefen. Die Schriftstücke können an folgende Adresse gesendet werden:

Briefkasten-Omi, 4144 Arlesheim

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