«Für quantitatives Wachstum reicht der Platz nicht mehr»

Gemeindepräsident Karl-Heinz Zellers (51) dritte Amtsperiode wird möglicherweise seine wichtigste: Die erste Zonenplanrevision seit 30 Jahren steht an und wird die Weichen für die langfristige Entwicklung des Dorfes stellen.

Für mindestens vier weitere Jahre: Auf Karl-Heinz Zeller und seine Ratskollegen warten anspruchsvolle Aufgaben.  Foto: Lukas Hausendorf
Für mindestens vier weitere Jahre: Auf Karl-Heinz Zeller und seine Ratskollegen warten anspruchsvolle Aufgaben. Foto: Lukas Hausendorf

Lukas Hausendorf

Wochenblatt: Herr Zeller, seit 20 Jahren sind sie im Gemeinderat, dessen Präsidium sie mittlerweile auch schon acht Jahre innehaben. Wird das nun ihre letzte Amtszeit?
Karl-Heinz Zeller: Das weiss ich noch nicht. Mir bereitet mein Amt nach wie vor Freude. Wir haben jetzt eine gesunde Mischung aus erfahrenen und frischen Kräften im Gemeinderat. Daneben ist auch Kontinuität wichtig, das habe ich früher noch nicht so stark wahrgenommen, aber darin spiegelt sich auch Verlässlichkeit. Deshalb werde ich diese Amtsperiode auch ganz zu Ende führen. Ich bin kein Abbrecher. Schliesslich beginnen jetzt auch vier wichtige Jahre.

In der kommenden Legislaturperiode steht zum Beispiel die erste Zonenplanrevision seit 30 Jahren an. Wie soll sich Arlesheim denn in Zukunft entwickeln?
Karl-Heinz Zeller: Die Ausgangslage ist sicher anders als vor 30 Jahren. Die grossen Wiesen gibt es nicht mehr, wenngleich es im Innern der Gemeinde vereinzelt noch Landreserven hat, was nicht zu unterschätzen ist. Jetzt geht es aber darum, die Lebensqualität beizubehalten und die Bevölkerungszahl zu halten. Arlesheim ist nach wie vor beliebt und das soll auch langfristig so bleiben. Die Marschrichtung ist diesbezüglich klar. Es gilt, entlang den öV-Achsen zu verdichten, die grünen Achsen zu erhalten und aufzuwerten.

Arlesheim will nicht mehr wachsen, das ist untypisch. In der Umgebung streben fast alle Gemeinden danach, noch grösser zu werden.
Karl-Heinz Zeller: Für eine quantitative Wachstumsstrategie reicht in Arlesheim der Platz nicht mehr, aber qualitativ wollen wir natürlich weiter wachsen. Zudem können und wollen wir gar nicht mehr Land einzonen, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, das gibt auch das kantonale Raumplanungsgesetz so vor.

Trotzdem ist die Nachfrage nach Wohnraum ungebrochen hoch, das dürfte auch die Preisspirale weiter antreiben. Günstiger Wohnraum wird im teuren Arlesheim also immer rarer. Wie gedenkt die Gemeinde, dieser Entwicklung zu begegnen?
Karl-Heinz Zeller: Für günstigen Wohnraum für Familien und ältere Leute muss tatsächlich das eine oder andere gemacht werden im Dorf. Zusammen mit Dritten, also privaten Partnern, sind wir aber daran, hier etwas zu schaffen.

Mit dem anhaltenden Boom der Agglomeration wird die überkommunale Planung immer wichtiger, hat hier auch in Arlesheim ein Paradigmenwechsel stattgefunden?
Karl-Heinz Zeller: Es ist ganz wichtig, dass man in diesen grossen Räumen denkt. Da ist die Birsstadt Sinnbild für diese Zusammenarbeit. Auch die MARDA-Studie, in der die Wachstumsperspektiven der Birsecker Gemeinden aufgezeigt wurden, hat gezeigt, dass wir gerade in Bezug auf den Verkehr vor grossen Herausforderungen stehen. Das heisst, wir müssen uns auch überlegen, was für Unternehmen nach Arlesheim kommen und wie publikums- also verkehrsintensiv die sind. Da mussten wir auch unlängst einer Firma eine Absage erteilen.

Apropos Unternehmen: Im Tal liegt noch viel Potenzial brach. Wie soll sich das Gewerbe dort weiterentwickeln?
Karl-Heinz Zeller: Im Rahmen der Zonenplanrevision stellen sich ja auch Fragen, wie sich das Gewerbe entwickeln soll und ob eine weitere Verdichtung möglich ist. Das Tal ist ein hervorragend erschlossenes Gebiet, das sogar über einen Autobahnanschluss verfügt, der noch Kapazitäten hat. Allerdings gehört das ehemalige BBC-Areal dem Kanton und ich finde schon, dass er sich da stärker bemühen müsste. Wir haben schliesslich auch Bereitschaft signalisiert in der Quartierplanung dem Kanton entgegenzukommen.

Nach dem Badhof-Debakel vor zehn Jahren scheint mit «Unser Saal» nun ein mehrheitsfähiges Projekt für einen kommunalen Kulturraum gefunden worden zu sein. Ist dies jetzt das Ende der unendlichen Geschichte um das Arlesheimer Kulturzentrum?
Karl-Heinz Zeller: Was wir jetzt haben, entspricht den Hauptanliegen der Vereine und trägt auch den zen-tralen Forderungen, die aus dem Badhof-Projekt gezogen wurden, Rechnung. Es sind aber noch einige Anstrengungen nötig und es braucht auch noch den Standort. Aktuell sind wir mit der Arbeitsgruppe Kultur und der IGVA (Interessensgemeinschaft der Vereine Arlesheims; Red.) daran, die nächsten Schritte an die Hand zu nehmen. Die Voraussetzungen, dass der neue Gemeinderat die unendliche Geschichte beenden kann, sind nun auf alle Fälle gegeben.

Der Saal wird vorläufig das letzte grosse Bauprojekt der Gemeinde sein, wie wirkt sich das auf die finanziellen Zielsetzungen der nächsten vier Jahre aus?

Karl-Heinz Zeller: Wir kommen nun in der Tat aus einer Investitionsphase heraus, in der wir die Baustrukturplanung von 1992 praktisch abgeschlossen haben. In der kommenden Legislatur ist die Zielsetzung nun der Schuldenabbau. Bis 2016 sollen die Schulden um ein Drittel von 15 auf 10 Millionen abgebaut werden. Überdies ist uns auch ein weiterhin konstanter Steuerfuss ein wichtiges Anliegen.

Es droht aber auch Ungemach: Der Kanton muss sich ein radikales Sparprogramm verschreiben, um sein strukturelles Defizit in den Griff zu bekommen, ganz zu schweigen von der maroden Pensionskasse. Inwiefern hat Arlesheim unter dieser Misere zu leiden?
Karl-Heinz Zeller: Das Sparpaket hat keine gravierenden Konsequenzen für die Gemeinde. Grosse Sorgen bereitet uns aber die Ausfinanzierung der Pensionskasse. Das muss angepackt werden und wird etwas kosten. Verlässliche Zahlen gibt es noch nicht, aber der Gesamtbetrag über die nächsten 40 Jahre ist happig. Bereits in der Rechnung 2011 mussten wir dafür 800 000 Franken aufwerfen. Zunächst müssen wir aber abwarten, bis klar ist, wie die zukünftige Lösung aussehen wird.

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