Die Frau mit Nitromethan im Blut

Seit zwei Jahren fährt Jndia Erbacher erfolgreich Drag Races. Ihr Ziel ist es, einmal von den Rennen leben zu können.

«Beim kleinsten Fehler kann alles explodieren.» Jndia Erbacher mit ihrem Dragster in Arlesheim.  Foto: Fabia Maieroni
«Beim kleinsten Fehler kann alles explodieren.» Jndia Erbacher mit ihrem Dragster in Arlesheim. Foto: Fabia Maieroni

Jndia Erbacher sitzt in einem engen Schalensitz, ihr Körper wird fest angegurtet. Auch ihr Kopf wird angebunden, damit er während des Rennens nicht gegen die harten Kanten geschleudert werden kann. Es herrscht angespannte Stimmung, Erbacher fokussiert sich. «Du hörst deinen Atem, du spürst deinen Puls hämmern und bist nur mit dir alleine. Alles steht unter Strom, aber du weisst, dass du dich jetzt hundert- prozentig konzentrieren musst. Denn du willst das überleben!», erklärt sie. Unglaubliche 10 800 Pferdestärken bringen das 9,5 Meter lange Gefährt in 0,6 Sekunden von null auf hundert Kilometer pro Stunde, angetrieben von Nitromethan – einem flüssigen Sprengstoff, der auch für Raketentreibstoffe verwendet wird. Am Ende der 1000 Fuss langen Rennstrecke beträgt Jndias Geschwindigkeit rund 550 Stundenkilometer. Doch bereits nach etwas mehr als vier Sekunden ist alles vorbei. Die Bremsschirme gehen hinter dem Auto auf und das Rennen ist vorbei.

Grosse Ambitionen

Seit zwei Jahren fährt die junge Arlesheimerin Drag Races, sprich Beschleunigungsrennen, bei dem zwei Autos über eine Strecke von einer Viertelmeile gegeneinander antreten. Diesen Sommer sicherte sie sich mit ihrem «Dragster», wie die Autos in der Szene heissen, an den Nitrolympix in Hockenheim gleich Platz zwei. Das Race-Gen hat Jndia von ihrem Vater geerbt. Urs Erbacher, der die Fat Attack Custom Bikes AG in Arlesheim betreibt, ist sechsfacher Europameister und ihr grosses Vorbild. «Wenn ich einmal nur die Hälfte von dem erreiche, was mein Vater geschafft hat, dann kann ich stolz auf mich sein. Mein Vater ist ein riesen Idol für mich», sagt sie.

Die 23-Jährige ist gelernte Kauffrau und arbeitet momentan als Chefsekretärin in einer Bootswerft in Basel. Irgendwann möchte sie jedoch ihr Hobby zum Beruf machen. «Mein grosser Traum ist es, später von den Rennen leben zu können.» In Europa ist dies kaum möglich, in Amerika aber, wo der Sport äusserst populär ist, könnte Jndia Erbachers Wunsch in Erfüllung gehen. Entsprechende Verhandlungen laufen jedenfalls bereits.

Ein Team – eine Familie

Unterstützt wird Jndia nicht nur von ihren Eltern und ihrem Freund, sondern auch von ihrer 15-köpfigen Mechaniker-Crew, welches sie an die Rennen begleitet und sicherstellt, dass ihr mit ihrem Dragster nichts zustösst. «Ich bin zwischen Schrauben und Mechanikern aufgewachsen. Ich kenne jeden, seit ich klein war; sie haben alle meine guten und meine schlechten Phasen mitgemacht und mich quasi mitaufgezogen. Ich vertraue ihnen vollkommen und sie mir», sagt Erbacher. Gegenseitiges Vertrauen ist wichtig. Denn tatsächlich kann ein Missgriff des Fahrers oder eines Mechanikers unter diesen extremen Bedingungen sehr schnell lebensbedrohlich werden. «Bereits bei einem kleinen Fehler kann alles explodieren. Der Sport ist in den letzten Jahren zwar immer sicherer geworden und Unfälle sind äusserst selten. Aber die Gefahr bleibt trotzdem bestehen», sagt Erbacher. Deshalb ist das ganze Team straff gegliedert, jeder hat seine Aufgaben und ist für deren Erfüllung zuständig. Klappt etwas nicht oder wurde etwas vergessen, kann das tödlich ausgehen für Jndia. Die junge Frau ist froh, dass sie ein so erfahrenes und loyales Team an ihrer Seite hat. «Das ist das, was mir an diesem Sport so gefällt. Es ist Teamwork, auch wenn nur ich das Rennen fahre. Ohne mein Team wäre ich nirgends.»


Diesen Samstag, 2. Dezember, findet an der Talstrasse 82 in Arlesheim (Erbacher Custom Bikes) ab 16 Uhr eine Season-End-Party statt, wo unter anderem der Dragster bewundert werden kann.

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