Chinesische Gartentradition in der Ermitage
Missionare überlieferten im 18. Jahrhundert die Prinzipien chinesischer Gärten nach Europa. Auch die Ermitage ist davon geprägt. Am Muttertag vermittelt ein Workshop die Hintergründe.
Lukas Hausendorf
Am Sonntag kann man «Energie tanken in der Ermitage». Der Workshop unter der Leitung von Sibylle von Heydebrand und Fabia Maieroni ist aber weit mehr als ein simples Erholungsprogramm. Landläufig hat der Arlesheimer Landschaftsgarten durch die Autorin Blanche Merz den Ruf erlangt, ein Kraftort zu sein. Was in den Augen vieler als esoterisches Geschwätz abgetan wird, hat aber durchaus historische Wurzeln, die auf die chinesische Gartentradition zurückgehen. Das ist überhaupt nicht weit hergeholt. Die zweitgrösste touristische Attraktion des Baselbiets ist nämlich ein chinesisch-englischer Landschaftsgarten.
Das Erbe der Missionare
In ihrer Anlage sind die englische und die chinesische Tradition des Landschaftsgartens nämlich gar nicht so verschieden. Beide versuchen, die Natur nach ihren eigenen Gesetzen subtil zu inszenieren. Zu einer Verschmelzung der Gartenkulturen kam in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit der Rückkehr von Missionaren aus dem Reich der Mitte. Etwa durch den italienischen Jesuiten Matteo Ripa, der 1724 in London Kupferstiche chinesischer Anlagen präsentierte. «Das hat den englischen Landschaftsgarten offensichtlich beeinflusst», sagt von Heydebrand. Auch in Arlesheim.
Der durch Balbina von Andlau und dem damaligen Domherrn Heinrich von Ligertz 1785 entstandene englische Landschaftsgarten weist ganz eindeutig chinesische Merkmale auf. Dazu passt auch seine Typologie als Felsengarten. «Kalkstein hat in China eine ganz besondere Bedeutung», weiss von Heydebrand, die mit ihrer Partnerin Fabia Maieroni die Archive durchforstete und Originalquellen fand, die den fernöstlichen Einfluss in Landschaftsgärten wie der Arlesheimer Ermitage belegen.
Repräsentanten der sozialen Ordnung
Gärten dienen nicht allein dem Zweck der Erholung und des Vergnügens. Sie sollten stets auch die Macht ihres Erbauers repräsentieren. In Frankreich wurde das zur Zeit des Absolutismus, der seine Entsprechung in streng geometrisch angelegten Gärten fand, besonders deutlich. Die über 2000 Jahre alte chinesische Tradition war derweil viel mehr der Harmonie verpflichtet. Die Gesetze des Feng Shui mussten eingehalten werden. «Der Einklang der Naturelemente stand in direktem Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Ordnung», so von Heydebrand. Eine Ordnung an deren Spitze der Kaiser stand. Auch hier galt: Diese Ordnung darf nicht infrage gestellt werden.