Ortskernrevision: Der Frust ist noch nicht ganz verflogen

Der Arlesheimer Gemeinderat präsentierte im Rahmen einer Informationsveranstaltung die Vorlage zuhanden der Gemeindeversammlung zur Teilrevision Zonenplan Ortskern.

Lockerung bei Unterschutzstellungen: Die IG Fruschd kann einen Teilerfolg verbuchen. Foto: Archiv/Marianne Keba
Lockerung bei Unterschutzstellungen: Die IG Fruschd kann einen Teilerfolg verbuchen. Foto: Archiv/Marianne Keba

«Das Vertrauen ist weg», klagte Made­laine Leuthardt in Richtung Gemeinderat. Sie habe vor 2017 von der Gemeinde und der kantonalen Denkmalpflege gesagt bekommen, dass ihr Haus, das sie damals übernehmen wollte, nicht unter Schutz gestellt wird. Mit der vorliegenden Teilrevision Zonenplan Ortskern wird dies aber der Fall sein.

Wie Madelaine Leuthardt geht es vielen im Ortskern. War der Aufschrei an der Informationsveranstaltung vor gut einem Jahr noch kollektiv gross, ist der Frust aber mittlerweile nur noch bei Einzelnen spürbar. Geblieben ist aber der Ärger über die Pfeffinger Kunsthistorikerin Doris Huggel, die mit ihren strengen Einschätzungen und Beurteilungen der Liegenschaften für Aufregung gesorgt hatte. Erst nachdem die Ortskernkommission 36 Liegenschaften in der Schutzkategorie zurückgestuft und rückwärtige Bauten möglich gemacht hatte, kehrte etwas Ruhe ein. Dabei half auch, dass bis auf drei Grundstücke sämtliche Bäume auf Privatgrund aus der Unterschutzstellung gestrichen wurden. In der Schutzkategorie «Erhaltenswerte Bauten» sind neu auch Dachfenster möglich.

Gemeindepräsident gibt Fehler zu

Der Gemeinderat kam damit den Kritikerinnen und Kritikern entgegen. Mehr als die Hälfte der Eingaben aus der öffentlichen Mitwirkung sei in die Vorlage eingeflossen, betonte Gemeindepräsident Markus Eigenmann (FDP). Er liess durchblicken, dass von Seiten Gemeinde nicht alles optimal gelaufen ist. «Natürlich würde man in einem solchen Prozess auch immer Sachen anders machen.» Ohne es zu benennen, meinte Eigenmann wohl das Vorgehen mit Doris ­Huggel.

Der Ärger über Doris Huggels Einschätzungen ist noch nicht verflogen. Hugo Erbacher, Mitglied der Ortskernkom­mission und Co-Präsident der Widerstandsgruppe IG Fruschd, befürchtet, die Inventarisierung durch die Kunsthistorikerin spiele dem Heimatschutz in die Hände, wenn dieser Neubauten ver­hindern will. Die Unterlagen von Doris Huggel seien nicht rechtsverbindlich, versicherte die für das Ressort Hochbau zuständige Gemeinderätin Monika Strobel. Gehässige Worte wählte eine Anwohnerin, weil die Gemeinde die Unterlagen von Doris Huggel mit Erklärungen zu jeder einzelner Liegenschaft ins Internet gestellt hatte, obwohl der Gemeinderat versprach, dies nicht zu tun. Das sei ein Versehen gewesen, versicherte Markus Eigenmann. Gemeindeverwalterin Katrin Bartels entschuldigte sich für den Fehler der Verwaltung.

Schutz nicht gleich Stillstand und Archivierung

In der für die Gemeindeversammlung am 26. April vorliegenden Vorlage versucht der Gemeinderat ein Abwägen zwischen dem Schutz des historischen Bestandes und dem Ermöglichen von Entwicklungen. Dass dies gelingt, davon ist Architekt Valentin Hänggi überzeugt. Er sprach als Mitglied der Ortskernkommission. «Wenn wir den Teilzonenplan so nicht annehmen, verpassen wir eine reelle Chance, dass Arlesheim so bleibt, wie es ist und wir es alle so lieben.» Ein anderer Architekt aus dem Publikum warf ein, dass eine Unterschutzstellung nicht automatisch Stillstand und Archivierung bedeutet.

Kritik musste auch die IG Fruschd einstecken. Hannes Felchlin (FDP) als Sprecher der Steuerungsgruppe Ortskern, die den ganzen Prozess begleitete, äusserte Befremden über das Vorgehen der IG. Felchlin verurteilte «persönlich verletzende Aussagen» und forderte eine Rückkehr zur Sachlichkeit und Objektivität. Inhaltlich habe die IG Fruschd auch richtige und wichtige Punkte kritisiert, stellte Hannes Felchlin klar. Die Steuerungsgruppe Ortskern empfinde die Vorlage als ausgewogen. «Sie schränkt Liegenschaftseigentümer nicht stark ein und gibt sogar mehr Spielraum», resümierte Felchlin.

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