Zürich als Vorbild in Sachen Tagesschulen?

Die Gemeinde Arlesheim gleist die Einführung von Tagesschulen auf und holt dafür Inspiration von aussen. Die Modelle ­anderer Städte ähneln sich, weisen aber auch entscheidende ­Unterschiede auf.

Informationsabend: Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Basel, der Stadt Zürich und der Gemeinde Allschwil stellten ihre Modelle von Tagesschulen vor. In der Mitte auf dem Podium: Gemeinderätin Brigitte Treyer (FDP). Foto: Tobias Gfeller
Informationsabend: Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Basel, der Stadt Zürich und der Gemeinde Allschwil stellten ihre Modelle von Tagesschulen vor. In der Mitte auf dem Podium: Gemeinderätin Brigitte Treyer (FDP). Foto: Tobias Gfeller

Es ist möglich, dass Arlesheimer Kinder bereits in wenigen Jahren ganztags in die Schule gehen, dort nicht nur Unterricht haben, sondern auch zu Mittag essen und unter Betreuung ihre Hausaufgaben machen. Die Ortssektion der FDP forderte mittels Petition die Einführung von Tagesschulen und auch der Gemeinderat legte dies in seinen Legislaturzielen fest. Am vergangenen Donnerstag lud die Gemeinde zum Informationsabend, an dem Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Zürich, der Stadt Basel und der Gemeinde Allschwil ihre Modelle der Tagesschulen beziehungsweise Tagesbetreuung vorstellten.

Das Prinzip ist bei allen drei Modellen ähnlich: Unterricht, Mittagessen, Hausaufgaben, Freizeitgestaltung und damit verbunden die Betreuung durch Erwachsene fallen an einem Ort zusammen. Kommen die Kinder um 16 Uhr oder auch später nach Hause, sollten sie bereits alles Schulische erledigt haben. Die Stadt Zürich hat mit das am weitesten ausgebaute Modell. Es basiert zwar immer noch auf Freiwilligkeit, aber wer nicht in die Tagesschule möchte, muss sich bewusst abmelden. Reto Zubler, Bereichsleiter Pädagogik bei der Stadt Zürich, sprach von der «umgekehrten Freiwilligkeit». Diese steht im direkten ­Widerspruch zum Stadtbasler Modell, wo Eltern ihre Kinder anmelden müssen. Auch deshalb liege die Quote der Kinder, die eine Tagesschule besuchen, in Basel im Vergleich zu Zürich tiefer, glaubt Zubler.

Volkswirtschaftlich habe es sich bereits gelohnt

In Zürich wurde die Einführung von Tagesschulen vom Souverän an der Urne deutlich bestätigt. Das Ziel der Stadt Zürich, dies wurde bei den Ausführungen von Reto Zubler offensichtlich, ist eine generelle Pflicht für alle Kinder, wie es in anderen europäischen Ländern längst Normalität ist. Dass Eltern ihre Kinder in Zürich jeweils von einem Mittag abmelden können, findet Zubler gar nicht gut, weil so die Gruppen auseinandergerissen werden. Volkswirtschaftlich hätten sich die millionenschweren Ausgaben in Zürich bereits gelohnt, weil mit dem Tagesschulangebot viele Eltern ihr Arbeitspensum erhöht hätten. Es brauche nur noch wenig, rechnete Reto Zubler vor, bis es sich auch betreffend Steuermehreinnahmen gelohnt hat. Doch auch unter nicht monetären Gesichtspunkten würden sich Tagesschulen lohnen, in dem die Chancengleichheit für sozial benachteiligte Kinder steigt.

In Zürich dauerte die Implementierung der Tagesschulen gut zwei Jahre. Dafür nötig waren neben organisatorischen Massnahmen auch Erweiterungen an der bestehenden Schulinfrastruktur, erklärte Reto Zubler. In der Betreuungszeit werde versucht, den Kindern ein abwechslungsreiches Programm zu bieten, sagte Carmen Obrist, Abteilungsleiterin Tagesstruktur der Gemeinde Allschwil. Sämtliche Rednerinnen und Redner betonten, dass es ausserhalb des Unterrichts wichtig sei, dass die Kinder auch Raum und damit Ruhe für sich vorfinden können. Das werde von den Kindern so gewünscht. Wie viel die Kinder in Tagesschulen noch selber von ihrem Alltag bestimmen können, wurde hingegen nicht erwähnt.

Arlesheim führt Befragungen durch

Die für das Ressort Bildung und Familie zuständige Arlesheimer Gemeinderätin Brigitte Treyer (FDP) glaubt nicht, dass die Pflicht zu Tagesschulen in der Schweiz in näherer Zukunft gesellschaftspolitisch mehrheitsfähig sein wird. Sie finde das Zürcher Modell spannend, gab sie indes zu. Dass Eltern ihre Arbeitspensen ausbauen können, sei auch aus Sicht des Fachkräftemangels wichtig. Die Gemeinde Arlesheim will nun mit gezielten Befragungen von Eltern von Kleinkindern und Kindern im Primarschulalter herausfinden, ob es ein Bedürfnis nach Tagesschulen gibt und wie gross dieses in der Realität ist. Auch die Ortsparteien und Bildungsverantwortliche sollen angefragt werden.

Weitere Artikel zu «Arlesheim», die sie interessieren könnten

Arlesheim17.04.2024

«Wenn man sieht, dass alles funktioniert, gibt das ein gutes Gefühl»

Christine Kleewein hat den Arleser Märt während 17 Jahren geprägt. Am Samstag wurde sie vom Marktteam verabschiedet. An ihre Stelle treten drei neue…
Arlesheim10.04.2024

Offiziell eines der schönsten Dörfer der Schweiz

Arlesheim wird vom Verein «Die schönsten Schweizer Dörfer» mit dem Label «Best Swiss Villages» ausgezeichnet – als erste Gemeinde im Kanton.
Arlesheim03.04.2024

«Wir sind auf Freiwillige angewiesen, die sich um die Plätze kümmern»

Die Kompostberatung Arlesheim sucht Freiwillige, die an den Kompoststellen in den Quartieren Hand anlegen. Im Gegenzug gibt es frische Erde – gratis vor der…