«Nur» ein Rundgang

Die kantonale Denkmalpflegerin Brigitte Frei-Heitz führte durch den historischen Ortskern von Arlesheim. Für sie hatte der Rundgang nichts mit der aktuellen Diskussion zu tun – das frustrierte viele Teilnehmende.

Das einstige Arlesheim entdecken: Die kantonale Denkmalpflegerin Brigitte Frei-Heitz (vorne rechts) zeigte bei ihrem Rundgang immer wieder alte Bilder, Skizzen und Pläne. Foto: Tobias Gfeller
Das einstige Arlesheim entdecken: Die kantonale Denkmalpflegerin Brigitte Frei-Heitz (vorne rechts) zeigte bei ihrem Rundgang immer wieder alte Bilder, Skizzen und Pläne. Foto: Tobias Gfeller

Vor zwei Wochen luden Gemeinderat und Gemeindeverwaltung im Wochenblatt zum Rundgang mit der kantonalen Denkmalpflegerin Brigitte Frei-Heitz ein. In der Rubrik «Aus der Gemeinde» wurde dabei ausführlich auf den laufenden Prozess zur Teilrevision der Ortskernplanung hingewiesen. Über diesen herrscht in Arlesheim seit Wochen Streit. Der Vorschlag des Gemeinderats sieht vor, dass für rund 60 Bauten der Schutzstatus verschärft wird. Dagegen regte sich Widerstand. Die IG Fruschd – die Interessengemeinschaft für Freiheit und Schutz fürs Dorf – wurde gegründet und geht auf verschiedenen Ebenen gegen die Pläne vor.

Der Rundgang am vergangenen Donnerstagabend war mit über 40 Teilnehmenden ausserordentlich gut besucht. Doch wer hoffte, dass es zum Austausch mit der kantonalen Denkmalpflegerin zu den umstrittenen Plänen und den Beurteilungen diverser Liegenschaften durch die Pfeffinger Kunsthistorikerin Doris Huggel kommt, wurde enttäuscht. Es sei ein gewöhnlicher Dorfrundgang im Stile der Feierabendspaziergänge, die die Denkmalpflege in verschiedenen Gemeinden in Baselland regelmässig durchführt, erklärte Brigitte Frei-Heitz gleich zu Beginn. Zur Revision des Teilzonenplans Ortskern werde sie nichts sagen. Sie wolle dem Prozess der Vorlage nicht vorgreifen. Enttäuschung gab es vor allem bei den Mitgliedern der IG, die extra am Rundgang teilgenommen hatten. «Man will eine Diskussion verhindern», kritisierte Co-Präsident Johannes Manggold kurz vor Abschluss der Führung.

Entschädigung ist Sache der Gemeinde

Nach Ende des wirklich spannenden Rundgangs kam es dann doch noch zu einer Diskussion zwischen Vertreterinnen und Vertretern der IG Fruschd und Brigitte Frei-Heitz. Auf dem Rundgang fragte Madeleine Leuthardt, die an der Dorfgasse direkt von der neuen Regelung betroffen wäre, ob Eigentümerinnen und Eigentümer vom Kanton entschädigt würden, falls sie aufgrund des Schutzstatus zusätzliche Kosten hätten. Brigitte Frei-Heitz erläuterte, dass der Kanton bei einer kantonalen Unterschutzstellung finanzielle Unterstützung leiste, bei einer kommunalen Unterschutzstellung sei dies Sache der Gemeinde. Und diese handeln eben unterschiedlich.

Dass mit Gemeindepräsident Markus Eigenmann, Felix Berchten und Monika Strobel gleich drei Exekutivmitglieder am Rundgang teilnahmen, unterstrich die Brisanz der Debatte. Die aktuelle Diskussion sei auch der Grund gewesen, wieso der Gemeinderat die kantonale Denkmalpflege für einen solchen Rundgang angefragt habe, erklärte Eigenmann am Morgen danach. «Wir erfuhren, dass die Denkmalpflege in verschiedenen Dörfern solche Rundgänge anbietet, und haben uns gedacht, dies könnte in der Diskussion ein zusätzlicher thematischer Input sein.» Es sei aber nie die Idee gewesen, dass es zu einer kontradiktorischen Debatte komme, versichert Eigenmann. Der Gemeindepräsident gab aber zu, dass die Einladung möglicherweise etwas missverständlich daherkam.

Über Veränderungen bei der Trotte entsetzt

Brigitte Frei-Heitz nahm die gut 40 Personen mit auf einen Blick zurück auf das einstige Arlesheim vom Jägerstübli an der Ermitagestrasse über den Andlauerhof zum ehemaligen Friedhof, der heute noch für viele ein Kraftort darstelle, vom ältesten Schulhaus in Arlesheim bis zum ältesten Pfarrhaus gegenüber dem Gasthof zum Ochsen. Die kantonale Denkmalpflegerin zeigte immer wieder alte Bilder, Skizzen und Pläne und zog Verbindungen vom heute zu damals. Was passiert, wenn die historische Substanz nicht gewürdigt wird, zeigte Brigitte Frei-Heitz an der Trotte, die von der Gemeinde einst gekauft und zu einem Werkhof umfunktioniert wurde. Der 1980 eingebaute Marmorboden und der Dachstuhl haben das historische Gebäude denkmalpflegerisch bis zu einem gewissen Grad zerstört. «Um Gottes willen, da hätte ich mir als Denkmalpflegerin die Haare gerauft», sagte sie zu diesen markanten Veränderungen an der Bausubstanz am beliebten Ausstellungsgebäude. Dabei wurde auch klar, wie diffizil der Erhalt von historischer Bausubstanz ist. Wie vehement die Debatte in Arlesheim aktuell geführt werde, habe sie aber überrascht, gab Brigitte Frei-Heitz gegenüber dem Wochenblatt zu.

Regierungsrat beantwortet Petition

fam. Am 30. März hatte die IG Fruschd in Liestal eine Petition zuhanden der Landeskanzlei mit 852 Unterschriften eingereicht. Eine zentrale Forderung war unter anderem, dass der Kanton die Gemeinde dazu auffordere, die Pläne des Teilzonenplans aufzugeben, der Planungsstand solle wider­rufen werden. Vor Kurzem hat nun der Regierungsrat dazu Stellung genommen. Er hält fest, dass die Planung des Ortskerns der Gemeinde Arlesheim obliege und dass diese Planung noch nicht abgeschlossen sei – sie befinde sich erst in der Erarbeitungsphase und wurde dem Kanton zur Vorprüfung eingereicht. «Der Kanton ist weder zuständig, noch besteht eine gesetzliche Grundlage, ein kommunales Planungsverfahren in diesem Planungsstand ‹einzustellen› oder zu widerrufen», so der Regierungsrat. Die Petition ist damit in Liestal vom Tisch.

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