Wie es früher war und heute ist, eine Frau zu sein

Drei Arlesheimerinnen berichteten, wie es 50 Jahre seit Annahme des Frauenstimmrechts aus ihrer Sicht um die Gleichstellung von Mann und Frau steht.

Viermal Frauenpower (v.l.): Fabia Maieroni befragte die drei Arlesheimerinnen Lislott Ruf-Bächtiger, Lua-Maria Mengisen und Patrizia Krug Stückelberger. Foto: Caspar Reimer
Viermal Frauenpower (v.l.): Fabia Maieroni befragte die drei Arlesheimerinnen Lislott Ruf-Bächtiger, Lua-Maria Mengisen und Patrizia Krug Stückelberger. Foto: Caspar Reimer

Unter dem Titel «Frauenstimmen aus Arlesheim» hatte die Frischluft am vergangenen Samstag je eine Vertreterin aus drei Generationen in die Aula des Gerenmattschulhauses eingeladen, um anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums des Frauenstimmrechts über ihre Erfahrungen zu berichten. Durch die Diskussion führte «Wochenblatt»-Redaktionsleiterin Fabia Maieroni. Inwieweit sich die Gesellschaft seit Annahme des Frauenstimmrechts von der traditionellen Rollenverteilung entfernt hat, wurde anhand der Schilderungen der ältesten Diskussionsteilnehmerin deutlich: Zwar seien in ihrem Bekanntenkreis fast alle für die Annahme des Frauenstimmrechts gewesen, erzählte die Fachärztin für Kinder und Jugendliche, Lislott Ruf-Bächtiger: «Ich kannte aber eine vehemente Gegnerin. Sie argumentierte, wir Frauen sollten für das Geschenk der Männer dankbar sein, uns nicht um Politik kümmern zu müssen.» Im Rahmen ihrer Arbeit hatte die Ehefrau eines Pfarrers keinerlei negative Erfahrungen gemacht, Widerstand gegen ihre Berufstätigkeit kam dagegen aus kirchlichen Kreisen: «Mein Mann war von Anfang an dafür, dass ich arbeite, doch Vertreter der Kirchgemeinde und des kantonalen Kirchenrats waren teils vehement dagegen. Es gehöre sich für eine Pfarrersfrau nicht, einem Beruf nachzugehen.»

Heute würde die Berufstätigkeit von Frauen – auch in leitenden Positionen – kaum mehr in Frage gestellt, führte die Juristin und erste Staatsanwältin des Kantons, Patrizia Krug Stückelberger, aus: «In der Staatsanwaltschaft Baselland sind wir zu 75 Prozent Frauen. Es findet ein Generationenwechsel statt: Mutterschaft und eine berufliche Karriere schliessen sich nicht mehr aus.»

Die Medizinstudentin Lua-Maria Mengisen berichtete hingegen, dass «es in ihren Beruf schwierig ist, Teilzeit zu arbeiten, weshalb man sich früh überlegen muss, ob man Kinder bekommen will». Aus dem Publikum gab es diesbezüglich – von Seite einer Frau – Kritik an «der heutigen Mentalität, Batzen und Weggli gleichzeitig haben zu wollen. Wenn ich Bundesrätin werden will, muss ich mich doch auch fragen, ob es sinnvoll ist, fünf Kinder in die Welt zu setzen.» Krug Stückelberger entgegnete: «Ja, aber mich stört, dass sich ein Bundesrat das nicht überlegen muss.» Bezüglich der Etablierung von Teilzeitarbeit seien die Frauen Wegbereiter, betonte sie, denn «es gibt auch viele Männer, die gerne Teilzeit arbeiten möchten».

Auf Kleinhalten und Vorsicht trainiert

Einig waren sich die drei Frauen in der Aussage, dass ihnen aufgrund ihres Geschlechts ein gewisses «sich Kleinhalten», ein stetes Hinterfragen der eigenen Leistungen und eine Mahnung zur Vorsicht quasi in die Wiege gelegt worden sei. In ihrem Medizinstudium, berichtete Mengisen, müsse sie mehr leisten als Männer, um ernst genommen zu werden. Das Lebensthema, sich besonders Mühe geben, es möglichst gut und allen recht machen zu müssen, sie ein «Frauensyndrom». Auf die Frage, wie sicher sich Frauen etwa im Ausgang fühlten, sagte Mengisen: «Ich laufe nie alleine nach Hause. Man ist darauf trainiert, vorsichtig zu sein.» Aus ihrer Erfahrung als Staatsanwältin sagte Krug Stückelberger dazu: «Wenn man als Frau in solchen Situationen nicht vorsichtig ist, kann es sein, dass einem dies vor Gericht vorgehalten wird.»

Einen deutlichen Graben zwischen den Generationen zeichnete sich bei der Frage um die «gendergerechte Sprache»: Während Ruf-Bächtiger sich für eine Beibehaltung der traditionellen Formen aussprach, sollte nach Meinung der Medizinstudentin «die Sprache alle miteinbeziehen, auch jene, die sich nicht sicher sind, welchem Geschlecht sie angehören». Krug Stückelberger legte Wert darauf, geschlechtsneutral zu formulieren. Absolut einig waren sich die drei Frauen in der Frage nach der Lohngleichheit. Hier sei die Gerechtigkeit längst überfällig.

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