Das mystische Tal im Wallis

Pfarrer Matthias Grüninger hat ein lehrreiches, spannendes und tiefgründiges Buch über das Lötschental geschrieben, das für ihn seit langem eine zweite Heimat ist.

Schriftlich festgehaltene Erfahrungen: «Runeya – sinnen rinnen und lauschen im mystischen Tal» heisst das neue Buch von Mathias Grüninger. Foto: Thomas Brunnschweiler
Schriftlich festgehaltene Erfahrungen: «Runeya – sinnen rinnen und lauschen im mystischen Tal» heisst das neue Buch von Mathias Grüninger. Foto: Thomas Brunnschweiler

Matthias Grüninger hat mediale Aufmerksamkeit erlangt, weil die reformierte Kirchenpflege Arlesheim ihn im August 2020 von seinem Dienst als Gemeindepfarrer suspendiert hat – und zwar in einem Verfahren, das von vielen Gemeindegliedern nicht goutiert wurde. Nun hat der Pfarrer ein Buch geschrieben, das allerdings nichts mit den Arlesheimer Querelen zu tun hat.

Der seit jeher engagierte Theologe und Seelsorger wurde von der prophetischen Theologie und Theologen wie Dietrich Bonhoeffer, Karl Barth und Martin Luther King geprägt. Auf der hinteren Coverseite seines Buches «Runeya – sinnen rinnen und lauschen im mystischen Tal» wird seine Biografie detailliert wiedergegeben. Grüninger war schon immer von dem einzigen grösseren nördlichen Seitental des Wallis fasziniert, das auch parallel zum Haupttal verläuft und eine inneralpine Zwischenwelt bildet. Wenn das Walliser Höchstalemannisch schon viele althochdeutsche Endungen und Eigenarten hat, so ist der Dialekt im Lötschental noch ursprünglicher. In den Endungen kommen die Vokale a, ä, i und u vor. So sind etwa Plätze «Bletschu» und eine Lücke ist eine «Likka».

Zweite Heimat

Matthias und Claudia Grüninger besitzen in Kippel ein Ferienhaus. Auf unzähligen Spaziergängen, Wanderungen und Gipfeltouren hat der feinfühlige, mit der Natur verbundene Pfarrer Erfahrungen gemacht, die er schriftlich festhielt. Eine solche Erinnerung steht jeweils am Anfang der insgesamt 24 Kapitel seines Buches. Im Wort «Grindälu» etwa steckt die gleiche germanische Wurzel grindila/grindala wie in Grindel. Gemeint ist ein Sperrpfahl, ein Riegel oder Gatter. Neben Spracheigenheiten erfährt man vieles über die Geschichte des Tales, dessen religiösen Bräuche, das Brauchtum und die Geistergeschichten. Die urtümlichen Masken bei der sogenannten Tschäggättä am «feisten Frontag» der Fasnacht gehören zu den touristischen Attraktionen des Tals. Das Wort kommt von «tschäggen» (klirren, lärmen). Man soll die Tschäggättä-Maskenträger nicht foppen, sonst werden sie ungemütlich. Die Tradition geht wohl ins 18. Jahrhundert zurück; die mythischen Ursprünge jedoch sind sicher älter.

Wir lernen Matthias Grüninger in diesem Buch als höchst empathischen und volksnahen Menschen kennen. Die Einwohnerinnen und Einwohner von Kippel haben die «Üsserschwyzer» Familie mit Offenheit und Wohlwollen aufgenommen. Der Kulturverein «Chiipl» hat das Buchprojekt unterstützt und dem Autor auch bei der korrekten Umschrift der mundartlichen Bezeichnungen geholfen. Letztlich ist das Werk auch ein spirituelles Buch über die mystischen Aspekte des Lötschentals. Der reformierte Pfarrer zeigt seine Sympathie gegenüber den katholischen Symbolen und Bräuchen im mystischen Tal. Das stimmige Cover des farbig illustrierten Werks stammt von der Künstlerin Sandrine Meichtry aus Zug und rundet das Werk ab. Das Buch ist erhältlich in der Buchhandlung Nische.

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