Happige Vorwürfe an Bauherrin von «La Colline» – Wasserquelle verschmutzt?

Die Arbeiten für die Wohnüberbauung «La Colline» beim Goetheanum würden ein Feuchtgebiet gefährden, warnen Umweltschützer seit langem. Jetzt legen sie Wasser­analysen vor. Die Bau­herrin dementiert die Vorwürfe – und misst jetzt selber.

Nach Wasserproben: Kritiker befürchten, dass die Überbauung dem Feuchtgebiet Schwinbach-Aue (links) schaden könnte.
Nach Wasserproben: Kritiker befürchten, dass die Überbauung dem Feuchtgebiet Schwinbach-Aue (links) schaden könnte.

Erneut ist das Bauvorhaben «La Colline» in Arlesheim Schauplatz einer Auseinandersetzung zwischen den Gegnern des Projekts und der Bauherrschaft. Es geht um Bohrarbeiten, die gemäss Umweltschützern Quellwasser verschmutzen, das wiederum in ein nahe gelegenes Naturschutzgebiet und einen Bach führt. Die kantonalen Behörden sind über die Vorwürfe informiert und prüfen, ob Verstösse gegen Bewilligungsauflagen vorliegen. Die Bauherrin wiederum hat eigene Messungen in Auftrag gegeben – und stellt die Analysen der Gegenseite in Frage.

Auf die Verschmutzungen aufmerksam gemacht hat die Initiative Natur- und Kulturraum Dornach-Arlesheim (IDA). Sie liess Wasserproben aus dem Feucht­gebiet Schwinbach-Aue analysieren. Laut den Ergebnissen der Laboruntersuchungen, die der bz vorliegen, wurden im Wasser unter anderem stark erhöhte PH-Werte sowie Schwermetalle festgestellt. Auch sei das Wasser teilweise stark verschlammt, heisst es.

Steiner AG misst jetzt selber

Die gefundenen Stoffe seien anthropogenen Ursprungs, schreibt die IDA. Die Verschmutzungen stünden also höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit Bohrungen für die Wohnüberbauung mit insgesamt 21 Gebäuden. Die Arbeiten haben erst im vergangenen September begonnen. Die IDA schreibt, die Quelle werde seit über einem Jahr beobachtet, zuvor habe man keine derartigen Verschmutzungen und Trübungen festgestellt.

Die IDA macht Pfählungsarbeiten für die Stoffeinträge verantwortlich. Die Pfählungen dienen der Stabilisierung der Gebäude im Hang. Laut IDA sind dazu rund 350 Löcher notwendig, die zum felsigen Untergrund in bis zu 17 Metern Tiefe reichen. In die Hohlräume werde danach, schreibt die IDA, Flüssigbeton gegossen. Die ersten Löcher seien Ende Dezember aufgefüllt worden, kurz darauf habe sich das Quellwasser erstmals eingetrübt.

Die Bauherrin Steiner AG schreibt auf Anfrage, man habe «umgehend Untersuchungen eingeleitet, nachdem auf eine mögliche Wasserverunreinigung in der Nähe der Baustelle in Arlesheim hingewiesen wurde». Aktuell würden mindestens dreimal täglich mit eigenen Geräten Messungen vorgenommen. Die ersten Resultate hätten sich alle in einem normalen Rahmen bewegt. Die Mess­reihe würde fortgeführt, die Resultate wöchentlich dem Kanton zugestellt.

«Für die Bevölkerung entstand nie eine Gefahr», schreibt Steiner. Man arbeite mit externen Spezialisten zusammen, die Analysen der Proben würden von einem unabhängigen und anerkannten Unternehmen durchgeführt. Die Aussagen und Interpretationen der IDA würden sich jedoch auf Analysen und Datensätze beziehen, die nicht durch die Behörden oder das Projektteam erhoben worden seien. «Darum stellen wir diese in Frage.»

Kanton untersucht Vorwürfe

Für die Umweltschützer steht ausser Zweifel, woher die Giftstoffe kommen. Die im Labor festgestellten Schwermetalle und weitere Substanzen seien «typisch für die Verschmutzung mit Betoninhaltstoffen». Genannt werden erhöhte Werte von Nitrit, von Chrom VI, von gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC) sowie von Natrium und Kalium.

Laut IDA schickte man am 22.Dezember die erste Gewässergefährdungsmeldung an das kantonale Amt für Umwelt und Energie (AUE). Im Januar seien weitere Meldungen erfolgt. Anwohner berichteten, es sei zu einer Begehung des Bauplatzes gekommen mit Vertretern des Kantons und der Bauherrschaft.

Die Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion teilt auf Anfrage mit, man sei tatsächlich vor Ort gewesen. Die Prüfung von mutmasslichen Verstössen gegen die Baubewilligungsauflagen sei noch in Gange. Deshalb könne man keine detaillierten Auskünfte erteilen.

Der Fall liegt vor Bundesgericht

Die Baubewilligung für «La Colline» wurde bereits im Dezember 2019 erteilt. Tatsächlicher Baubeginn war jedoch im Oktober 2020. Und auch da kam es zu Verzögerungen: Die Stiftung Helvetia Nostra erwirkte Anfang Oktober vor Bundesgericht eine superprovisorische Verfügung, die einem Baustopp gleichkam. Die Verfügung wurde im November wieder aufgehoben. Die inhaltliche Abklärung des Falles muss das Bundesgericht aber erst noch vornehmen, das heisst: Ein Urteil ist nicht gefällt, die Hauptverhandlung steht erst noch bevor. Die IDA sowie Helvetia Nostra befürchten, dass das Naturschutzgebiet in der Zwischenzeit irreparablen Schaden nimmt.

«La Colline» umfasst insgesamt 16 Einfamilienhäuser und 29 Eigentumswohnungen. Die Überbauung kommt in Sichtweite des Goetheanums und gleich an der Kantonsgrenze Baselland-Solothurn zu stehen. Landeigentümerin der Parzelle mit dem Feuchtgebiet ist das Goetheanum, das nun rechtliche Schritte ergriffen habe, wie es in einer Mitteilung von Mittwoch heisst.

Erneuter Polizeieinsatz

Ende Dezember kam es im Gebiet zu einem Polizeieinsatz. Umweltschützer monierten, Bauarbeiter hätten Gehölz ausserhalb des eigentlichen Bauperimeters abgeholzt. Am Mittwochvormittag wurden erneut Polizisten auf dem Bauplatz gesichtet, offenbar wurde gemeldet, dass ein unbewilligter Graben ausge­hoben werde. Die Baselbieter Polizeibestätigt den Einsatz. Details dazu waren nicht in Erfahrung zu bringen.

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