Das Silicon Valley im Birseck

Auf dem Schorenareal in Arlesheim entsteht auf rund 70000 Quadratmetern die Forschung- und Entwicklungshochburg von Uptown Basel. Der Architekt Hans-Jörg Fankhauser führte am vergangenen Donnerstag durch die Baustelle.

Rekord: 52 Interessierte der Industrievereinigung Münchenstein-Arlesheim nahmen am vergangenen Donnerstag an der
Rekord: 52 Interessierte der Industrievereinigung Münchenstein-Arlesheim nahmen am vergangenen Donnerstag an der

Zuerst die Hände desinfizieren, dann die Maske entgegennehmen. So darf die Baustelle betreten werden. Zwei grosse weisse Zelte und einige Stehtische stehen hier für den Lunch schon bereit. Die meisten Anwesenden haben ein Glas in der Hand und unterhalten sich angeregt. Pünktlich stehen die Mitglieder der Industrievereinigung Münchenstein-
Arlesheim, kurz IVMA, bereit, um von Arealentwickler und Architekt Hans-Jörg Fankhauser durch jenes Gebäude geführt zu werden, das in einem Jahr als erstes bezugsbereit sein wird. 52 Interessierte aus Industrie, Politik und Wirtschaft waren dem Ruf von Marc Oliver Bürgi, Vorsitzender der IVMA gefolgt – ein Rekord, freut sich Bürgi.


6000 Quadratmeter pro Stock
Ziemlich genau vor einem Jahr wurde hier im Schoren der Grundstein für das Industrieareal gelegt (das Wochenblatt berichtete). Das Aussergewöhnliche am ersten Bau sei die Haustechnik, die – nicht wie üblich auf dem Dach – sondern in einem Zwischenstock untergebracht ist, erklärt Fankhauser. Somit kann das Dach begrünt und begehbar gemacht werden. Ebenerdig befinden sich grosse Industriehallen, die individuell anpassbar sind. Eine riesige Fensterfront erlaubt einen Blick nach draussen; jedes einzelne Fensterelement wiegt dreieinhalb Tonnen.

Den Mietern steht eine Fläche von 6000 Quadratmetern pro Stock zur Verfügung. Genug Platz, um Firmen aus den Bereichen Digitalisierung, Automatisierung und auch der Robotik anzulocken, sagt Fankhauser. Diese brauchen allerdings eine ganze Menge Strom. Zusammen mit Primeo Energie hat Uptown Basel deshalb die Stromversorgung verbessert. Eine grosse Photovoltaikanlage soll einen Teil des Stroms erzeugen; eine Salzbatterie soll den erzeugten Strom speichern, wenn er nicht benötigt wird. Auch die Abwärme der Rechenzentren wird im Sommer an Primeo abgegeben, sagt Fankhauser. Geheizt wird mit Altholz.


Innovation gegen Corona
Ausgerüstet mit Schutzmasken und Bauhelmen darf die Gruppe den Bau nun besichtigen. Die Bauarbeiter und Handwerker, die wir unterwegs treffen, tragen neben Schutzmasken ein kleines Gerät am Bauhelm, das mal grün, dann wieder rot leuchtet. «Ein Distanzsensor misst den Abstand zwischen zwei Personen. Werden die zwei Meter Mindestabstand unterschritten, leuchtet die Lampe rot», erklärt Fankhauser. Die Idee dafür stammt von zukünftigen Mietern des Areals; eine Serienproduktion des
kleinen Helfers ist angedacht.


Bevölkerung soll auf dem Areal verweilen
Fankhauser benutzt während der Führung unzählige Superlative. Es sind Zukunftsvisionen eines lebendigen Arbeitsortes, der Unternehmen aus der ganzen Welt anlocken soll. Bereits an Bord ist Vinci, ein weltweit tätiger Konzessions- und Baukonzern mit über 200 000 Mitarbeitenden. Für den Visionär Fankhauser ist klar: «Wir werden in Arlesheim eine grosse Digitalschmiede haben.»
Auf die Frage, wie er bei der Planung vorgegangen sei, sagt Fankhauser ironisch: «Ich habe einen Teil dem Novartis Campus abgeschaut.» Was spätestens nach der Führung klar wird: In Arlesheim entsteht ein zukunftsgerichtetes Zentrum für die Industrie; aber anders als der Novartis Campus in Basel wird das Schorenareal für die Bevölkerung offen sein. «Wir wollen hier sowohl den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als auch den Anwohnerinnen und Anwohnern eine Umgebung schaffen, die zum Verweilen einlädt.» Auf dem rund 70000 Quadratkilometer grossen Areal werden deshalb 500 Bäume gepflanzt. «Man soll sich auf dem Gelände wohlfühlen. Niemand möchte eine Betonwüste», sagt Fankhauser.
Der Caterer Wahligusto, der bereits auf dem Schorenareal ansässig ist, soll künftig für die Verköstigung sorgen. Die Unternehmen können bei ihm bequem per App bestellen – ein Geschäftsapéro ist so einfach und schnell organisiert. Zudem plant Fankhauser ein Restaurant, in dem es nur vegetarische und vegane Speisen gibt, einen Lebensmittelshop und eine Kindertagesstätte für die Kinder der Arbeitnehmenden.


Bau kostet 500 Millionen
Fankhauser sieht einen grossen Vorteil des Standorts darin, dass er gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Fahrrad und auch zu Fuss erreicht werden kann. «Wir haben uns sehr für den Ausbau eines Veloweges starkgemacht. Auch Duschen und Garderoben mit Schränken haben wir eingeplant, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich frisch machen können, wenn sie mit dem Fahrrad anreisen oder über Mittag an der Birs joggen», erklärt der Architekt. Für das visionäre Projekt zückt Thomas Staehelin, Wirtschaftsanwalt und Inhaber zahlreicher Verwaltungsratsmandate, den ganz grossen Geldbeutel. Insgesamt 500 Millionen Franken kostet ihn das Projekt. Die neun Gebäude sollen bis 2027 fertiggestellt sein.

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