Mit Detektivarbeit zum Weihnachtskonzert
Der Cäcilienchor Aesch singt am 18. Dezember die bis vor kurzem verschollene «Engelwacht» des Basler Schulmusikers Rudolf Löw-Burckhardt. Gefunden wurde das Stück beim Ururgrosskind des Musikers.

Eigentlich ist David Rossel Komponist, Arrangeur und Dirigent, Letzteres unter anderem beim Cäcilienchor Aesch. Seit rund einem Jahr beschäftigt sich Rossel aber auch intensiv als eine Art musikalischer Detektiv mit dem Erbe des Basler Schulmusikers Rudolf Löw-Burckhardt. Rossels Interesse an Löw wurde letztes Jahr geweckt, als der Dirigent auf der Suche nach Musik für ein Weihnachtskonzert des Cäcilienchors Aesch war und dabei auf Löws «Weihnachtsmusik» von 1863 stiess. «Als relativ einfaches, aber trotzdem gut geschriebenes Stück bot sich Löws Weihnachtsmusik als idealer Start für den Cäcilienchor nach der Corona-bedingten Zwangspause an», erklärt der Dirigent. Aufgrund persönlicher Neugier und gestärkt durch positive Rückmeldungen von Mitgliedern des Cäcilienchors und Hörerinnen und Hörern des damaligen Weihnachtskonzerts vertiefte sich Rossel daraufhin ein erstes Mal in den Nachlass des Musikers Löw, welcher von der Universitätsbibliothek Basel aufbewahrt wird. Dort wurde Rossels Neugier aber nicht gestillt, sondern vielmehr vergrössert. «In Löws Nachlass werden zahlreiche Werke erwähnt, von denen die Noten verschollen sind.»
Die Spur führt auf einen Estrich und dann nach Muttenz
Durch eine Sängerin des Cäcilienchors Aesch stellte der nun endgültig zum Detektiv gewordene Rossel im Folgenden Kontakt zu Nachfahren des Basler Musikers Löw her. Bei Corinne Löw, dem Ururgrosskind des Musikers, wurde er schliesslich ein erstes Mal fündig. In ihrem Estrich verbarg sich das Manuskript des verschollen geglaubten Werks «Engelwacht», einer Komposition für Frauenchor und Orchester. «Ich wusste, dass es auf dem Estrich Partituren hat», sagt Löws Nachfahrin lachend und fügt an, dass sie das Interesse Rossels an ihrem Ururgrossvater überrascht und erfreut habe. Der Fund der «Engelwacht» blieb nicht der einzige Erfolg von Rossels Suchaktion. Verschiedene Hinweise in den bei Corinne Löw gefundenen Dokumenten führten ihn ins Archiv der Muttenzer Kantorei St. Arbogast, wo ihn ein weiteres kleines Juwel erwartete. Der damalige Gemeindepfarrer Wilhelm Löw hatte scheinbar 1933 die «Engelwacht» für den gemischten Kirchenchor seiner Gemeinde neu arrangiert. Nach einer zweiten Aufführung einige Jahre später verschwand aber auch seine Variante der «Engelwacht» im Archiv. Für Dirigent Rossel war sofort klar, dass er mit dem Cäcilienchor Aesch dieses Stück regionale Musikgeschichte wieder auf die Konzertbühne bringen wollte. «Die Gemischte-Chor-Fassung aus Muttenz passt perfekt zum Cäcilienchor Aesch», erklärt er und fügt an, dass sich so auch ein schöner Bogen zum letztjährigen Weihnachtskonzert, als er für den Chor Löws «Weihnachtsmusik» geplant hatte, schlagen lasse.
Weihnachtskonzert als (vorläufiger) Höhepunkt
Bei der «Engelwacht», die der Cäcilienchor am 18. Dezember in der katholischen Kirche Aesch zur Aufführung bringen wird, handelt es sich um eine Kantate. In einem Wechselspiel von Rezitativen, Chorstücken und Chorälen geht es nach einem Eingangschoral um sechs biblische Bilder, die alle jeweils einer biblischen Geschichte gewidmet sind. Ganz zu Beginn des Programms singt der Cäcilienchor Aesch zudem vier Advents- und Weihnachtslieder des berühmten Schweizer Kirchenmusikers Ernst Pfiffner anlässlich seines zehnten Todesjahres.
Billette für das Konzert sind bei den Chormitgliedern oder an der Abendkasse erhältlich. Ist Rossels Zeit als musikalischer Detektiv somit vorbei? Jein, lacht der Dirigent. «In den Dokumenten, die ich auf meiner Spurensuche gefunden habe, findet sich beispielsweise noch ein Textbüchlein einer Passionsgeschichte.» Trotz intensiver Suche habe er die Partitur davon nicht ausfindig machen können. Vielleicht ergebe sich ja im Zuge der Aufführung eine neue Spur, meint Rossel augenzwinkernd und fügt an: «Mich würde es auf jeden Fall reizen, weitere Puzzlestücke zusammenzubauen!»