«Liebi Manne, liebi Fraue»

Apéros riches und nun eine Landsgemeinde – der Gemeinderat sagt, er wolle die Gemeindeversammlung stärken. Diese folgte ihm und lehnte das Begehren der FDP auf Änderung der Gemeindeordnung deutlich ab.

Trotzten der Schafskälte: Am Dienstagabend nahmen über 140 Stimmberechtigte an der Aescher «Landsgmeini» teil. Foto: B. Asper
Trotzten der Schafskälte: Am Dienstagabend nahmen über 140 Stimmberechtigte an der Aescher «Landsgmeini» teil. Foto: B. Asper

Frohgelaunt und sichtlich erfreut, dass trotz unspektakulärer Traktandenliste über 140 Stimmberechtigte zur Gemeindeversammlung – in Form einer Landsgemeinde unter freiem Himmel – erschienen, brach die Gemeindepräsidentin eine Lanze für die direktdemokratische Institution Gemeindeversammlung: «Der Gemeinderat will diese stärken und nicht schwächen. Deswegen empfiehlt er der Versammlung ganz klar, den Antrag von Christian Manganiello im Namen der FDP auf Änderung der Gemeindeordnung für nicht erheblich zu erklären», so Marianne Hollinger. 123 Stimmberechtigte folgten diesem Appell, 20 zeigten dem Gemeinderat mit der gelben Karte (an einer Landsgemeinde wird nicht mit der Hand, sondern mit der Stimmrechtskarte abgestimmt), dass sie anderer Meinung sind und sich mit dem Begehren der FDP anfreunden können.


Versammlung soll Entscheide fällen

Diese wollte mit einer Änderung der Gemeindeordnung erreichen, dass Projekte von grösserer Tragweite künftig nicht mehr von der Gemeindeversammlung, sondern an der Urne entschieden werden, falls ein Drittel der Gemeindeversammlung dies so verlangt. Während der Kanton Solothurn ein solches demokratisches Mittel längst kennt, sieht das Baselbiet diese Möglichkeit erst seit Kurzem vor. Es hätte zur Folge, so Hollinger im Namen der Exekutive gegen das Begehren ihrer eigenen Partei, «dass die Gemeindeversammlung unverrichteter Dinge nach Hause gehen müsste. Die Gemeindeversammlung würde geschwächt.» Der Gemeinderat wünsche sich hingegen eine Stärkung der Gemeindeversammlung und bemühe sich um Attraktivitätssteigerung – zum Beispiel, indem er die Stimmberechtigten zum krönenden Abschluss jeweils zu einem währschaften Apéro einlädt. Oder indem er eben die Gemeindeversammlung «zu etwas Besonderem macht», keinen Aufwand scheut, den Schlossplatz technisch verkabelt, und in Erinnerung an ihren Ursprung die Landsgemeinde zum Leben erweckt, sagte Hollinger. Selbst die Schafskälte mit Temperaturen um zehn Grad Celsius konnte der frohen Stimmung keinen Abbruch tun und die Stimmberechtigten verweilten später bei einem Glas Wein und leckerem Speckgugelhopf unter freiem Himmel.


Gewinn fliesst in Standortentwicklung

Auch bei der Rechnung 2014 war der Souverän dem Vorschlag des Gemeinderates gefolgt und bewilligte die Überweisung des Ertragsüberschusses in den Fonds Standortentwicklung. Die Gemeindekommission hatte verlangt, die 245 000 Franken dem Fonds Mehrzweckhalle zu überschreiben. Denn hier sei die Sanierung im Gang, während es bei der Standortentwicklung an Konkretem fehle. «Mit der Neugestaltung des Dorfplatzes», so hielt Finanzchef Andreas Spindler entgegen, «ist bereits ein Projekt in den Startlöchern.» Von der Standortentwicklung würden alle profitieren, während die Mehrzweckhalle in erster Linie Vereinen und Sportanlässen zugute komme. Mit 109 zu 37 Stimmen wurde der Antrag der Gemeindekommission abgelehnt und die Rechnung 2014 mit überwältigendem Mehr im Sinne des Rats verabschiedet.
Die Rechnung 2014 schliesst deutlich besser ab als budgetiert, nicht mit einem Verlust von 569 160 Franken, sondern mit einem Ertragsüberschuss von 246 350 Franken. Das bessere Ergebnis sei auf den höher ausgefallenen kantonalen Finanzausgleich von 519 000 Franken, auf 223 066 Franken tiefere Abschreibungen als budgetiert sowie auf geringere Aufwendungen von 325 800 Franken zurückzuführen, erläuterte Finanzchef Andreas Spindler. Die Steuereinnahmen waren unter den Erwartungen, es flossen 254 000 Franken weniger als budgetiert in die Kasse. Doch liegen die Steuern der juristischen Personen 23,2 Prozent über dem Vorjahr. «Dies zeigt, dass sich die Ansiedlung von neuem Gewerbe positiv auswirkt. Und mit Aesch Nord verfügt die Gemeinde noch über Potenzial», so Spindler. Die Aufwendungen für die Basellandschaftliche Pensionskasse fielen um 519 400 Franken höher aus als budgetiert, da es ungeplante Vorpensionierungen gab. Andererseits gab es Buchgewinne in Höhe von 520 671 Franken. Mit 6,1 Millionen Franken Eigenkapital verfüge Aesch über eine solide Basis für künftige Investitionen, meinte Spindler.


Teurer «Bleiboden»

Weiter nahm die Landsgemeinde diskussionslos zur Kenntnis, dass im Rahmen der Schwimmbadneugestaltung die Altlastensanierung der ehemaligen Schiessanlage Schützenmatt – der Kugelfang befand sich auf heutigem Badiboden – mehr Kosten verursachte als beim Bruttokreditbegehren angekündigt worden war. Es mussten grössere Mengen des mit Blei belasteten Bodens abgetragen und teuer entsorgt werden, als ursprünglich angenommen, erklärte Ressortleiter Paul Svoboda. Er sprach die Stimmberechtigten – wie es sich gehöre für eine Landsgemeinde – an mit «liebi Manne, liebi Fraue».

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