Eine ganz besondere Ehre

Baselland ist 2024 erstmals Gast am Sacco di Roma – David Rossel intoniert dafür die Aescher Messe eines berühmten Kirchenmusikers.

Chorleiter des Projektchors: David Rossel. Foto: Nicole Nars-Zimmer

Im Mai ist der Kanton Basel-Landschaft auf Staatsbesuch im Vatikan. Anlässlich des Sacco di Roma reist erstmals eine grosse Delegation nach Rom, darunter 45 Baselbieter Sängerinnen und Sänger, die unter der Leitung von David Rossel einen kirchenmusikalischen Höhepunkt im Petersdom vollziehen.

Herr Rossel, das Baselbiet singt im Petersdom. Wie gross ist die Freude?

David Rossel: Enorm. Es ist eine besondere Ehre, dass wir den Kanton Basel-Landschaft als Gastkanton begleiten und repräsentieren dürfen. Ich freue mich auch, dass ich das mit dem ­Cäcilienchor Aesch tun darf, ergänzt mit Interessierten aus dem ganzen Kanton. Den Kirchenchor leite ich nun schon über zehn Jahre. Dass wir den Festgottesdienst zur Angelobung der Schweizergarde mitgestalten können, ist eine tolle Sache.

Sie leiten nicht nur den Kirchenchor Aesch, sondern auch die Kulturkirche Paulus. Wie kamen Sie dazu, den Event auszugestalten?

Das ist eine etwas längere Geschichte – ursprünglich war ja vorgesehen, dass das Baselbiet bereits 2020 seinen erstmaligen Auftritt am Sacco di Roma im Vatikan gehabt hätte, da war ich noch gar nicht involviert. Der erste ­Termin jedoch fiel der Coronapandemie zum Opfer. Danach musste das Baselbiet hintenanstehen, weil die weiteren Kantone für die Jahre danach schon zugesagt hatten …

Ein Dämpfer im ersten Jahr der Pandemie.

Absolut. Bereits ein Jahr darauf, 2021, führte ich in der Pauluskirche einen Gedenkanlass zum 100. Geburtstag von Ernst Pfiffner durch, einem Schweizer Komponisten und Kirchenmusiker, bei dem ich selbst noch gelernt hatte und den ich auch familiär kannte. Es war nach diesem Anlass, als mich Benedikt Rudolf von Rohr, der mittlerweile ­pensionierte Domkapellmeister von Mariastein, kontaktierte. Ursprünglich war er für die musika­lische Leitung am Sacco vorgesehen. Er fragte mich, ob ich übernehmen möchte – ich sagte Ja.

Es handelt sich beim Sacco di Roma um einen Staatsbesuch. Wie gross ist der Druck seitens Projektorganisation?

Praktisch inexistent, die Zusammenarbeit mit der Landeskirche ist ausgezeichnet. Natürlich sind enge Absprachen mit der Landeskanzlei und dem Vatikan wichtig, aber künstlerisch habe ich freie Hand. Sei es in der Musikauswahl, mit dem Chor oder den Auditionen. Schliesslich haben wir alle ein gemeinsames Ziel: einen würdigen und repräsentativen Anlass, der das Baselbiet und seine kirchenmusikalische Tradition abbildet.

Wie läuft die Sacco-Reise ab?

Wir werden vom 4. bis zum 7. Mai für insgesamt vier Tage nach Rom reisen. Im Zentrum steht der Festgottesdienst in Rom, der am Montagmorgen stattfindet. Das wird unser Hauptauftritt. Natürlich werden wir vorher auch im Petersdom proben. Die weiteren Programmpunkte des Staatsbesuchs werden dieser Tage von der Landeskanzlei finalisiert.

Das Baselbiet ist für vieles bekannt, ­weniger aber für Sakralmusik.

Das stimmt, zumal das Baselbiet kon­fessionell paritätisch ist, also weder strikt reformiert noch strikt katholisch. Dennoch hat etwa der Dom zu Arlesheim mit seiner Silbermann-Orgel seit jeher eine Anziehungskraft, die überregional bedeutende Kirchenmusiker wie Martin Vogt hervorbrachte. In Binningen wirkte Armand Hiebner, dessen Werke aktuell wieder vermehrt aufgeführt werden. Aber wie alles in unserer Region ist musikalisches Wirken immer in einem grösseren Kontext zu sehen: Baselland, Basel-Stadt, Solothurn, Aargau und sogar das Dreiland sind da viel enger ­verflochten als in der politischen Realität.

Worauf setzen Sie künstlerisch?

Wir präsentieren einen Komponisten, der im Baselbiet auch als Leiter vieler Chöre tätig war, unter anderem für den Cäcilienchor Aesch in den 1950er-Jahren: Benno Ammann, der sich oft und lange in Rom aufhielt. Es war sogar im Jahr 1947, als Ammann im Petersdom in Rom eine Messe uraufführte – als Schweizer Komponist, entgegen den Gepflogenheiten im vatikanischen Musikbetrieb: die «Missa Defensor Pacis» zur Heiligsprechung von Niklaus von Flüe.

Diese Messe warf damals musikalisch hohe Wellen.

Für Lorenzo Perosi, den päpstlichen Kapellmeister, war sie sogar «modernissima!». Mit heutigen Ohren gehört ist sie immer noch moderat gehalten, wobei im Vatikan auch diesbezüglich ein sehr konservativer Geschmack vorherrscht. Das alles waren für mich die sprichwörtlich vielen Wege, die nach Rom führen: die Rolle, das Wirken und die Musik von Benno Ammann, der bereits im vergangenen Jahrhundert gleichermassen in Rom und im Baselbiet, insbesondere eben auch in Aesch, tätig war.

Sie führen am Sacco allerdings eine andere Messe von Ammann auf, nämlich die «Missa Christus Dominus».

Benno Ammann hatte diese Messe explizit für den Cäcilienchor Aesch geschrieben, sie wurde 1953 uraufgeführt und war ein bisschen weniger modern als die «Missa Defensor Pacis». Wir holen sie dieses Jahr wieder hervor und bringen sie im Petersdom zur grossen Aufführung.

Wer nicht nach Rom reisen kann: Gibt es den Auftritt auch in der Region zu hören?

Ja, am 14. Juni in der katholischen Kirche Aesch, anlässlich des 120. Geburtstags von Benno Ammann. Sie sehen, es passt alles zusammen. Dieser Auftritt wird auch der Abschluss des Projekts sein und soll allen Angehörigen des Chors ermöglichen, das Programm auch in der Region Basel live anzuhören.

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