Der Wald schützt vor Steinschlägen – doch es fehlt an Geld für dessen Pflege

An mehreren Stellen im Baselbiet schützen Wälder Strassen und Bahnlinien. Die Waldeigentümer erfüllen damit einen Wunsch des Kantons, kritisieren aber, sie würden nicht ausreichend entschädigt.

Zeigt auf, was passiert, wenn der Wald nicht gepflegt wird: Revierförster Christian Becker. Fotos: Kenneth Nars

Zeigt auf, was passiert, wenn der Wald nicht gepflegt wird: Revierförster Christian Becker. Fotos: Kenneth Nars

Unten die Strasse, oben der Wald, der vor Steinschlag schützt: Bei Angenstein wird der Wald entsprechend gepflegt.

Unten die Strasse, oben der Wald, der vor Steinschlag schützt: Bei Angenstein wird der Wald entsprechend gepflegt.

Rund 30000 Personen täglich fahren mit dem Auto an Angenstein vorbei, zudem Tausende mit der Bahn. Den wenigsten dürfte bewusst sein, dass sie die enge Stelle nur dank des Waldes über ihnen sicher passieren. Im brüchigen Jurahang würden sich ansonsten ständig Fels­brocken lösen. Fallen diese auf die Strasse, verursachen sie bestenfalls Stau. Schlimmstenfalls kommt es zu Sachschäden oder gar zu Verletzungen.

Seine Schutzfunktion kann der Wald nur erfüllen, weil er entsprechend gepflegt wird: Grosse Bäume werden zurückgeschnitten, was Licht schafft für dichtes Unterholz. Diese relativ kleine, dafür dicht wachsende Vegetation hält den Boden zusammen und bremst herunterfallendes Gestein, sodass Strasse und Schienen darunter unbehelligt bleiben. Zu grosse Bäume könnten zudem umfallen, herunterrutschen und selbst eine Gefahr bilden.

Um die ausgewiesenen Schutzwälder zu pflegen, erhalten die Waldeigentümer Geld vom Bund und vom Kanton. Schliesslich sind sie es, die die Infrastruktur betreiben, die geschützt werden soll, etwa Strassen und Bahnlinien. Und angesichts der Klimaerwärmung wird die Schutzfunktion des Waldes immer wichtiger.

Nach 15 Jahren wächst wieder ein Buchenwald, der nicht schützt

Die Waldeigentümer sind allerdings der Meinung, dass ihnen dafür zu wenig Geld zur Verfügung steht – nur etwa 50 Prozent der Schutzwälder im Baselbiet könnten ausreichend gepflegt werden, schreibt der Waldeigentümerverband «Wald beider Basel». Und vor allem kritisiert der Verband, dass die Finanzierung nicht langfristig sichergestellt sei.

Christian Becker, Revierförster des Forstreviers Angenstein, erläuterte das beim Waldgang in Aesch vergangenen Mittwoch am Beispiel Angenstein. Dort fiel 2009 ein Felsstück auf die Strasse. Rasch sprach der Kanton aufgrund dieses Ereignisses acht Millionen Franken, damit der Wald die Strasse schütze. Daraufhin pflanzten Becker und sein Team 15 verschiedene Baumarten und pflegten sie so, dass sie niedrig blieben – was an einem so steilen Hang aufwendig ist. «Aber plötzlich sagte uns der Kanton: ‹Jetzt gibt’s weniger Geld›», so Becker. Dabei würden die Waldeigentümer mit der Schutzwirkung ihres Waldes sowieso nichts verdienen, es gebe kaum verwertbares Holz. Und vor allem müsse man im Wald immer langfristig denken. «Wenn man nichts tut, hat man in 15 Jahren wieder einen Buchenwald, der nicht mehr schützt.»

Raphael Häner, Geschäftsführer von «Wald beider Basel», bringt die Lage so auf den Punkt: «Der Kanton fordert von den Waldeigentümern eine Dienstleistung, nämlich die Schutzfunktion. Aber er ist nicht bereit, diese langfristig zu finanzieren.» Dabei ist es vergleichsweise günstig, Infrastrukturen mit Wald zu schützen. Laut dem Verband kosten andere Massnahmen, etwa Steinschlagschutznetze oder Betonwände, 5- bis 20‑mal mehr.

Vorstoss im Landrat fordert Gelder für regelmässigere Pflege

«Wald beider Basel» wird jetzt auf politischer Ebene aktiv. «In finanziell schwierigen Jahren geraten forstliche Pflege- und Erhaltungsprojekte regelmässig unter Druck und werden gegenüber anderen Pflichtausgaben zurückgestellt oder gekürzt», schreibt Grünen-Landrat Simon Tschendlik in einer Motion. So hätten die Waldeigentümer keine Planungsgrundlage. Er vergleicht den Wald mit Infrastrukturbauten wie Brücken und Autobahnen. Diese würden «richtigerweise als Investitionen geführt und über das Investitionsbudget mit Amortisationsplanung finanziert».

Nun fordert Tschendlik, auch den Wald als «tragende grüne Infrastruktur unseres Kantons» zu behandeln. Forstliche Pflege- und Erhaltungsprojekte im Baselbiet seien deshalb künftig buchhalterisch als Investitionen zu führen, so seine Forderung. Bisher stehen sie in den Jahresbudgets, abhängig von der jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Konjunktur. Geht eine Finanzierung zu Ende, muss deren Verlängerung immer wieder neu verhandelt werden. Dass der Paradigmenwechsel aus seiner Sicht nötig ist, macht Tschendlik in einem weiteren Vorstoss deutlich. Die Finanzstrategie 2025–2028 des Kantons beinhaltet nämlich eine Reduktion des Budgets für das Amt für Wald und Wild beider Basel um 7 Prozent. Der Landrat der Grünen möchte dies rückgängig machen.

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