«Wieder bereit sein, anderen auch zuzuhören»
Am Neujahrsapéro der Gemeinde Breitenbach sprach Gemeindepräsident Dieter Künzli über eine Gesprächskultur, die keine mehr ist.
Ein Wallfahrtsort, wie im Jahresrückblick des Wochenblatts letzte Woche mit einem Augenzwinkern vermerkt war, ist Breitenbach trotz des erleuchteten Kirchturms natürlich nicht. Dazu fehlt das obligate Wunder. Dennoch bekamen am Neujahrsabend die zahlreichen Besucherinnen und Besucher der Eucharistiefeier und des nachfolgenden Gemeinde-Apéros immerhin wunderbare geistige Wegzehrung mit auf den Heimweg. «Die Sekunden sind gezählt. Es wird Zeit, dass sich was dreht», zitierte Pfarrer Markus Fellmann in seinem Predigtwort wenige Zeilen aus einem Song von Herbert Grönemeyer. Er nahm damit Bezug auf das Ende der «Zeit zwischen den Jahren», einen Zeitabschnitt zwischen Heiligabend und Neujahr. Einer ganz besonderen Zeit, die still zu stehen scheine, bis am Silvesterabend die verrinnende Zeit dann wieder bis zur letzten Sekunde heruntergezählt werde, so der Seelsorger. «Mit dieser letzten Sekunde als Schritt ins neue Jahr soll sich etwas drehen oder nach allgemeiner Erwartung im neuen Jahr vieles ändern», sprach der Pfarrer die zahlreichen guten Vorsätze an. Die Menschwerdung Christi habe unser Leben aber völlig verändert «Wir sind als Christen deshalb gefragt, die Zeichen der Zeit zu erkennen, und sie im Licht des Evangeliums immer wieder neu zu deuten, an jedem Tag, zu jeder Stunde, in jeder Sekunde», forderte Pfarrer Fellmann, auf dass sich wirklich etwas zum Besseren drehe.
Zuhören und verstehen
Etwas drehen will 2015 auch Gemeindepräsident Dieter Künzli, wie er in seiner pointierten Neujahrsansprache im Pfarreiheim bekannte. «Ich bin immer wieder erstaunt, ja empört, wenn sich Gesprächspartner die Argumente ihres Gegenübers gar nicht anhören wollen, sondern einfach nur ihre Standpunkte deklarieren», hatte Künzli vor allem ein kürzlich aus dem Ruder gelaufenes Fernseh-Interview, aber auch gehaltlose Arena-Diskussionen im Visier. Die Verweigerung einer sachlich-ehrlichen Diskussion sei eine bedenkliche Abwertung der Gesprächskultur, führe sie doch zu Zwietracht, ja bis hin zu Hass. «Ich nehme mir für 2015 besonders vor, überall geduldig zuzuhören und zu verstehen anstatt zu urteilen», blickte der Gemeindepräsident ins neue Jahr und wünschte den rund 100 Einwohnerinnen und Einwohnern gute Gespräche im neuen Jahr. «E guets Neus» waren denn auch die meistgehörten Worte in dieser Neujahrsrunde, die sich am verlockenden von Gemeinderätin Helene Sollberger und Sohn Jonathan kredenzten Buffet gütlich tat. Auf die nicht ganz ernst gemeinte Frage des Wochenblattes nach dem Wallfahrtsort Breitenbach, meinte Willi Spaar von der Gruppierung «Kultur am Kreisel»: «Der Leuchtturm ist da, noch fehlt das Wunder, aber wir arbeiten daran.»