Thomas Borer ist ein Schwarzbube

Mit einem spannenden Referat unterhielt Thomas Borer am letzten Freitag die Gäste im katholischen Pfarreisaal in Breitenbach und beantwortete ausführlich deren Fragen.

Vortrag: Thomas Borer erklärt die politische Krise der Schweiz und ihre Folgen. Foto: Simon Jermann
Vortrag: Thomas Borer erklärt die politische Krise der Schweiz und ihre Folgen. Foto: Simon Jermann

Mit Sätzen wie «Qualität ist mir wichtiger als Quantität» begrüsste Thomas Borer am vergangen Freitagabend auf Einladung des Kultur- und Lesevereins Breitenbach (KLV) die leider eher spärlich erschienen rund fünfzig Besucherinnen und Besucher im katholischen Pfarreisaal. Der ehemalige Leiter der «Task Force Schweiz — Zweiter Weltkrieg» (von 1996 bis 1999) und spätere Botschafter in Deutschland hatte damit von Beginn an das Publikum für sich gewonnen.

Mit «Ich bin ein Schwarzbube und deshalb heute in schwarz gekleidet» ging es weiter und Borer sorgte in seiner offenen, frei vorgetragenen und spannenden Rede immer wieder für Wiedererkennungsmomente, aber eben auch für sehr viele Lacher.

Geboren 1957, gebürtig in Büsserach, aufgewachsen auf einem Bauernhof in Bättwil, studierte Borer an der Universität Basel Rechtswissenschaften (Spezialgebiet Völkerrecht) und erwarb 1985 den Doktortitel mit der höchsten Auszeichnung summa cum laude. Nach einem Einsatz in der Anlageberatung der Credit Suisse in Genf begann die politische Karriere 1987 mit dem Eintritt in das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Bern. Weitere Stationen waren Lagos und wiederum Genf. 1993 wurde er als Mitarbeiter der Schweizer Botschaft nach Washington gesandt. 1996 folgte mit der Task force-Leitung der Höhepunkt seiner Karriere. Er sei wohl bis heute der Schweizer, der am häufigsten vor dem US Kongress aufgetreten sei. Den Job habe er nach einer mehrtägigen Bedenkzeit angenommen, dabei sei ein Telefonat ausschlaggebend gewesen, bei dem ihm Ernst Mühlemann, damaliger FDP-Nationalrat und Generaldirektor der Bankgesellschaft (heute UBS) sagte: «Als Bauer und Söldner geht man, wenn das Vaterland ruft».

1944 war die Schweiz von Nazi-Deutschland eingekreist — Borer zeigte bei seinen Auftritten immer wieder eine entsprechende Europakarte — und versorgte unter Druck mit Ankäufen von Raubgold das deutsche Reich mit Devisen, die zur Finanzierung der Kriegsmaschine verwendet wurden. Auch Transporte von Waffen durch unser Land wurden toleriert. Laut Berechnungen habe das den Krieg lediglich um 0,5 Prozent verlängert, führte Borer aus. Die Schweiz sei wohl nicht angegriffen worden, weil Hitler irrational handelte. Ihm sei es immer um Fairness für die Schweiz und Gerechtigkeit für die Juden gegangen.

Dank seinen Kenntnissen der Eigenheiten der Amerikaner, einem hervorragenden, kleinen Team mit 30 Prozent Frauenanteil und einem grossen Verhandlungsgeschick gelang es im März 1999 einen Vergleich in Milliardenhöhe abzuschliessen und damit die für die Schweiz grösste politische Krise seit dem Zweiten Weltkrieg zu beenden.

2002, nach den Deutschlandjahren, schied Borer aus dem Staatsdienst aus und machte sich als Unternehmensberater und Lobbyist selbstständig, sass und sitzt noch heute in mehreren Verwaltungsräten und weiss sich seine hochkarätigen Kontakte zu Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Politik und Medien zu Nutze zu machen.

Nach einem einstündigen Referat beantworte Borer eine weitere Stunde lang Fragen aus dem Publikum und schickte es anschliessend in den Halloween. Wer heute nicht gekommen sei, habe etwas verpasst, meinte zum Schluss der Präsident des KLV, Franz Brunner.

Literatur: In fünf Bänden und auf rund 3000 Seiten hat Borer die Task Force-Ereignisse festgehalten, «als Bauernsohn bin ich schliesslich gewohnt, genau zu arbeiten». «Die Schweiz gegen die Welt — Nazigold, nachrichtenlose Konten und das Krisenmanagement», eine Zusammenfassung mit 366 Seiten, von ihm und René Lüchinger verfasst, erschien kürzlich im NZZ Libro Verlag.

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