Niedergang: Wie aus einem Kultstein ein Aschenbecher wird

Meltingens Schalenstein fristet ein Leben als Mauerblümchen. Viel weiss man nicht über ihn. Eines ist jedoch klar: Er ist ein bedeutendes Steindenkmal.

<em>Lebensaufgabe: </em>Alphons Jeger als Hüter des Schalensteins.Foto: Gini Minonzio
<em>Lebensaufgabe: </em>Alphons Jeger als Hüter des Schalensteins.Foto: Gini Minonzio

Ist er 500 Jahre alt oder doch eher 5000? Man weiss es nicht. Wozu diente er überhaupt? Darüber kann man nur spekulieren. Klar ist lediglich, dass Meltingens Schalenstein einmalig ist. Schalensteine sind in der Schweiz sowieso rar. Die meisten sind aus Alpengestein. Das Meltinger Exemplar ist aus Kalkgestein und schon nur deshalb einmalig.

Der Meltinger Alphons Jeger beschäftigt sich schon sein Leben lang mit dem Schalenstein. Er kann sich vorstellen, dass es ein Lichterstein ist. Die Schalen könnten vor 8000 bis 10000 Jahren in der Stein gehauen worden sein, um wie Öllämpchen zu funktionieren. «Mit grosser Wahrscheinlichkeit steht der Stein auch im Zusammenhang mit der Heilquelle», sagt Jeger.

Diese Meinung teilt der ehemalige Kantonsarchäologe Hanspeter Spycher nicht. Er sieht eher eine Verbindung zur Wallfahrtskirche Maria im Hag und denkt, dass der Stein aus dem Mittelalter stammt. Damals wurden Kirchensteine oder extra hergestellte Madonnen abgeschabt. Das Pulver mischte man in Suppen, die dann bei Mensch und Vieh allerlei Krankheiten heilen sollten, so Spycher. Die Einordnung ist auch deshalb schwierig, weil man nicht weiss, wo der Stein ursprünglich stand.

Viele Funktionen

Möglich ist auch, dass der Meltinger Schalenstein seit Urzeiten verschiedene Funktionen hat und immer wieder bearbeitet wurde. Zumindest in den letzten Jahrzehnten ist dies nachweisbar. Auf einer Radierung von 1961 ist der Schalenstein an der alten Marchstrasse zu sehen. Als diese vor rund 25 Jahren verbreitert wurde, wurde der Stein rund 30Meter versetzt und diente nun als Verkehrsabweiser. «Weil er etwas zu gross war, hat ihn ein Esel kurzerhand mit dem Meissel zurechtgestutzt», empört sich Jeger. In dieser Zeit diente er den Kindern, um Frauenfürze anzuzünden. Als das alte Haus abgerissen wurde, setzte sich Jeger für den Schutz des Steines ein: «Ich lieh mir in der Mineralquelle einen Stapler aus und brachte den Stein kurzerhand zum Dorfplatz!» Nun steht der wundervolle Schalenstein neben dem Gemeindehaus, lockt Esoteriker an und dient als Aschenbecher.

Auch wenn letztere Funktion etwas schäbig ist, so ist es doch ein Glück, dass es diesen Schalenstein überhaupt noch gibt. In Jegers Jugend gab es nämlich noch einen zweiten Stein, der in der Nähe des Bades lag. Mitte der 60er-Jahre wurde da die Kanalisation gebaut. «Ich ging als Jugendlicher extra noch bei den Verantwortlichen vorbei und machte sie auf die Bedeutung des Schalensteins aufmerksam. Als ich abends von der Arbeit heimkam, war er in kleine Stücke zermalmt. Mir kamen fast die Tränen», berichtet Jeger.

Seither stand Jeger etliche Male mit der Kantonsarchäologie in Verbindung. Auch hat er eine ausführliche und gute Dokumentation über den Schalenstein zusammengestellt, die auf Meltingens Homepage zu finden ist. Wer esoterische Ausführungen sucht, wird allerdings enttäuscht werden. «Es wird viel zu viel esoterisch überinterpretiert», betont Jeger. Immerhin darin ist er sich mit Spycher einig.

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