Fenster zum Himmel

Seit vier Jahren widmet sich Franziska Boos aus Büsserach dem Ikonenmalen. Letzte Woche lud die vielseitig begabte Künstlerin den Ikonenmeister Alexander Rich zu sich ins Atelier ein, um sich und drei weitere Personen in dieser alten traditionellen Kunst unterrichten zu lassen.

Malen für die Seele: Franziska Boos (Mitte) hatte zum Kurs in ihrem Atelier eingeladen. Ikonenmeister Alexander Rich zeigt die Technik.  Fotos: Gaby Walther
Malen für die Seele: Franziska Boos (Mitte) hatte zum Kurs in ihrem Atelier eingeladen. Ikonenmeister Alexander Rich zeigt die Technik. Fotos: Gaby Walther

Ikonen sind Kult- und Heiligenbilder der orthodoxen Kirche. Sie wollen eine Botschaft vermitteln und damit diese verstanden wird, muss sich der Maler an genaue Regeln halten. Nichts wird dem Zufall überlassen, jeder Strich, jede Farbe, jede Figur hat ihre Bedeutung.

Franziska Boos, Leiterin von Scherenschnitt-, Kalligrafie- und Papiergestaltungskursen entdeckte ihre Begeisterung für das Malen von Ikonen vor vier Jahren im Schwarzwald im Kurs bei Alexander Rich. Der Diakon befasst sich seit 25 Jahren mit Ikonen, gibt sein Wissen in Schulungen weiter und malt im Auftrag für Kirchen, Kapellen, Kloster und Privatpersonen. Nun war der Ikonenmeister Gast in Büsserach und zeigte während einer Woche im Atelier von Franziska Boos, ihr und drei weiteren Interessierten die Kunst des Ikonenmalens nach byzantinischen Regeln.

In einem ersten Schritt stellten die Kursteilnehmer nach alter Technik aus Pigmenten und einem Eigelb-Alkohol-Wasser-Bindemittel die Farben her, die aufgetragen über Jahrhunderte haltbar bleiben und ihre Leuchtkraft nicht verlieren. Anschliessend wurde die Vorlage, ein Bild der Muttergottes, auf das grundierte Holzbrett übertragen. Schönheit, künstlerische Brillanz und Raffinesse sind nicht das erste Ziel der Ikonenmalerei, sondern eine allen verständliche Aussage über den Glauben. Persönliche Kreativität ist nicht erwünscht. «Das fällt mir manchmal schwer und ich erliege hin und wieder der Versuchung, auszubrechen», meint Franziska Boos lachend. Die Szenen der Ikonen richten sich nach der Bibel, den liturgischen Texten, den Gedanken der Kirchväter und dem Leben der Heiligen. Jede Form, jede Farbe, jede Darstellung hat symbolischen Gehalt. Diese Vorgaben sind seit über 1400 Jahren gleich. So wird nach dem Skizzieren zuerst das Blattgold aufgetragen, denn charakteristisch für eine Ikone ist der Goldgrund. Das Gold symbolisiert das Licht, den göttlichen Glanz. Anschliessend folgt die dunkelste Farbe. Schicht um Schicht kommen die helleren Farben hinzu. «Man muss zwar nicht gläubig sein, um Ikonen zu malen, trotzdem stellen viele fest, dass sie nebst der Technik viel über die Symbolik erfahren und etwas mit ihnen geschieht», erzählt Rich. Deshalb sei es hilfreich, gläubig zu sein und sich beim Malen auf den geistlichen Entwicklungsprozess einzulassen. «Nur wer spirituell berührt wird, kann dieses heilige Handwerk auch wirklich ausführen und dadurch Kraft für die Seele schöpfen», erklärt Rich.

Mit viel Geduld und ruhiger Hand tragen die Kursteilnehmerinnen und Teilnehmer die Farben auf. Den ganzen Tag sind sie am Malen und lassen sich von Alexanders Richs grossem Wissen unterrichten. Der Lehrer weiss nicht nur viel über das Handwerk zu berichten, sondern kann zu jedem Bild die Symbolik, Geschichte und den religiösen Inhalt erklären.
Am Ende der intensiven Woche wurde das Resultat nicht nur gebührend gefeiert, sondern die Ikonen mit Weihrauch gesegnet.

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