Die Vertrauensfrage
Strafrechtlich relevant? Diese Frage stellte Gemeindepräsident Roger Hänggi an der Sitzung des Gemeinderates von Zullwil im Zusammenhang mit im Raum stehenden Fehlern.

In der Gemeinde von Zullwil sind Fehler, respektive «ein Missgeschick» passiert, wie an der Gemeinderatssitzung vom Montag von Gemeinderat Markus Saner eingeräumt wurde und die von Gemeindepräsident Roger Hänggi als «Unregelmässigkeit» bezeichnet wurden. Uneinig ist man sich über die Aufklärung und Konsequenzen.
Eine Arbeitsgruppe bestehend aus der Finanzverwalterin und den Gemeinderäten Roland Häner, Markus Saner und Silver Hänggi hatte festgestellt, dass das Lohnunternehmen von Markus Saner eine Pauschalzahlung erhalten hatte, «die mit der Gemeinde nichts zu tun hat» und nun von Saner zurückerstattet werde.
Roger Hänggi sah damit bestätigt, dass die vom Ressortchef Strassen und Unterhalt, Markus Saner, angewiesenen Aufträge an dessen Lohnunternehmen sowie die Abrechnungen von unabhängiger Stelle zu untersuchen seien. Er beantragte dem Gemeinderat, einen Treuhänder mit der Untersuchung der letzten drei Jahre zu beauftragen. Markus Saner musste in den Ausstand, Roger Hänggi und Silver Hänggi stimmten dafür, Roland Häner dagegen, Anita Colin enthielt sich der Stimme. Roger Hänggi will nun Offerten einholen. Häner hatte vorgeschlagen, man soll anstatt für Vergangenheitsbewältigung Geld auszugeben, zukunftsorientiert zu arbeiten und die derzeitigen Unklarheiten wie von ihm vorgeschlagen mit einem Reglement und Pflichtenheft ins Reine zu bringen. Silver Hänggi hingegen sah den Bedarf für Aufklärung gegeben: «Dann herrscht Klarheit und Markus Saner wird entweder entlastet oder belastet.»
Saner wies darauf hin, dass in den letzten Jahren die Rechnungen vom Gemeindepräsidenten unterschrieben und die Jahresrechnung von der Rechnungsprüfungskommission abgesegnet worden sei — und letztlich von der Gemeindeversammlung genehmigt wurde. Roger Hänggi erwiderte darauf, dass er in Zukunft keine Rechnungen von Markus Saner mehr unterzeichnen werde. «Das Vertrauen ist nicht mehr vorhanden.» Roger Hänggi ging noch einen Schritt weiter. Es sei nicht mehr auszuschliessen, dass die Angelegenheit strafrechtlich relevant sei.
Aufklärung wie und wer?
Das Schweizerische Strafgesetzbuch definiert den mit Freiheitsstrafe bedrohten allgemeinen Amtsmissbrauch in Artikel 312 als Missbrauch der Amtsgewalt von Mitgliedern einer Behörde oder Beamten, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einem andern einen Nachteil zuzufügen.
Weil das Amt für Gemeinden als Aufsichtsbehörde der Gemeinden in dieser Angelegenheit schon «mit der Gemeinde Zullwil» in Kontakt stand, lässt der Leiter Gemeindeorganisation, Reto Bähler, gegenüber dieser Zeitung die Frage offen, wie es rechtlich einzustufen sei, wenn ein Ressortchef seinem Lohnunternehmen Gemeindeaufträge erteile. Roger Hänggi hatte an der Rassitzung darauf hingewiesen, dass bei Arbeitsvergaben Gesamtgemeinderatsbeschlüsse fehlten. Bähler kann allgemein nur sagen, dass Gemeinderäte zur Einhaltung des Submissionsgesetzes verpflichtet seien und dass das «Solothurnische Verantwortlichkeitsgesetz» zur Aufklärung möglicher Rechtswidrigkeiten die Durchführung eines Disziplinarverfahrens vorsehe.
Auch denkbar sei ein Administrativverfahren. In der Regel würde eine Untersuchungskommission mit umfassenden Abklärungen und Befragungen von Verantwortlichen und Zeugen abklären, ob ein Vergehen gegen die Amtspflicht vorliege oder nicht. Zuständig für die Eröffnung eines solchen Verfahrens sei der Gemeinderat, erklärt Bähler.
Da das weitere Vorgehen im Gemeinderatsstreit am Montag unter Ausschluss der Öffentlichkeit besprochen wurde, will der Gemeindepräsident als Medienbeauftragter auf Anfrage keine Details bekannt geben. Nur so viel könne er sagen: «Roland Häner hat den Beizug des Mentors Ueli Bucher vorgeschlagen, was nun geprüft wird.»
Grosse Auswirkungen
Welche Auswirkungen Fehlentscheide eines Gemeinde- respektive Bürgerrates haben können, erfährt die Bürgergemeinde Zullwil derzeit mit der Schadenersatzforderung eines Bauern von 100000 Franken, der vor Gericht Recht bekommen hatte. Nachdem der Rat an seiner Sitzung vor drei Wochen der von Vermittlern vorgeschlagenen Einigung nicht zustimmte, sei nun beschlossen worden, diese der Bürgerversammlung vorzulegen, ist von Roger Hänggi zu erfahren. Demnach soll der Bauer die ihm entzogene Landfläche zurückerhalten und der bisherige Ausfall sowie die Anwaltskosten sollen erstattet werden.