«Breitenbach wird respektiert, aber nicht geliebt»

Über zwei Jahrzehnte lang prägte Dieter Künzli die Politik von Breitenbach — zuerst als Mitglied der FDP, bei den Ständeratswahlen 2023 als Repräsentant der Grünliberalen und heute parteilos.

Genoss die Zeit im Gemeinderat Breitenbachs: Dieter Künzli wurde 2003 Ammann und geht Ende dieser Legislatur. Foto: Bea Asper

Dieter Künzli ist in Büsserach aufgewachsen, promovierte an der ETH Zürich, brachte sein vernetztes Denken als Ingenieur und Finanzspezialist zuerst in der Führungsetage der Roche ein und später im ETH-Rat in Zürich. Als Hobby nennt er den Laufsport mit ehrgeizigem Ziel – dem Absolvieren von Marathons. Während zwanzig Jahren war er in der Politik in Breitenbach tätig. Nun endet seine Zeit als Gemeindepräsident von Breitenbach.

Wochenblatt: Wie brachten Sie Beruf, Politik und Familie unter einen Hut?

Dieter Künzli: Die Vereinbarkeit haben wir gemeinsam als Familie geschafft, wofür ich meiner Frau und meinen beiden Kindern sehr dankbar bin. Insgesamt mit Fleiss, Disziplin und einer guten Organisation. Bei der Politik war es der gute Teamgeist und die Professionalität von Gemeinderat und Verwaltung. Gefragt waren speditive Abläufe, und das haben wir miteinander hinbekommen. Mein Tag begann morgens um fünf Uhr und endete nicht selten spät abends. Den langen Arbeitsweg zum ETH-Rat in Zürich nutzte ich, um das eine oder andere zu erledigen, ausserdem mochte ich es ganz gerne, die Ferien zuhause zu verbringen. Dabei verband ich das Angenehme (den Aufenthalt im Garten) mit dem Nützlichen, zum Beispiel mit einer Projektarbeit für die Gemeinde.

Sie waren knapp ein Vierteljahrhundert für die Gemeinde Breitenbach ehrenamtlich tätig. Das Amt hat Ihnen offenbar Spass bereitet?

Ich kam 2001 in den Gemeinderat, wurde 2003 Ammann und gehe Ende dieser Legislatur. Ich habe meine Zeit im Gemeinderat Breitenbach sehr genossen. In dieser Zeit ist die Bevölkerungszahl von 3000 auf 4500 Personen angestiegen. Ich übernahm das Gemeindepräsidium in einer emotional aufgewühlten Zeit. Es ging um die Umwandlung des damaligen Bezirksspitals Breitenbach zum Zentrum Passwang. Der interkantonale Zweckverband feierte im letzten Jahr sein 20-jähriges Bestehen und ich präsidiere ihn seit 2012. Verhandlungsgeschick brauchte es zudem bei der Zentrumsplanung und dem Bau des vierarmigen Kreisels. Wir mussten uns gegen die Pläne des Kantons durchsetzen, die zuständigen Raumplaner wollten eine Minimalvariante mit dreiarmigem Kreisel und einer Einmündung. Bei der Einweihung feierten wir, dass sich Breitenbach letztlich gegen Solothurn durchsetzen konnte. Auch bei anderen Projekten ging es immer wieder darum, die Interessen der Gemeinde erfolgreich zu behaupten. Aktuell ist dies gefragt bei der Ortsplanrevision und bei der Umwandlung des Isola-Areals. Mir persönlich lag auch der grenzüberschreitende Austausch am Herzen, ich engagierte mich für den Austausch mit Nachbargemeinden ausserhalb des Bezirks, also mit Laufen, sowie mit Partnergemeinden in Ostdeutschland und in Italien. Weiter galt es, die Standortattraktivität für die Wirtschaft zu fördern und die Firmen, welche Breitenbach über Jahrzehnte hinweg prägten, für den Erhalt von Arbeitsplätzen zu unterstützen. Der Gemeinderat hat dies gemacht, indem er bei Bedarf Steuererleichterungen gewährte. Des Weiteren standen wir vor der Frage, ob wir das Freibad schliessen und entschieden zusammen mit der Bevölkerung, ein Naturbad zu realisieren.

Breitenbach hat sich in den letzten Jahren sichtlich verändert.

Wir haben zahlreiche Bauprojekte umgesetzt, die Ausgabendisziplin erhöht, die Steuern reduziert und den Ortsplan revidiert. Wir strebten Wachstum an und erreichten dadurch, dass sich die anfangs tiefe Steuerkraft der Gemeinde erhöht hat und die steigenden Kosten, mit denen die Gemeinden konfrontiert sind, heute mit Mehreinnahmen bei den Steuern aufgefangen werden können. Zufrieden bin ich vor allem, dass es uns gelungen ist, die Gemeinde vor unnötigen Reglementierungen zu bewahren und die Gebühren tief zu halten. Der Gemeinderat hat sein Versprechen eingehalten: Breitenbachs Finanzlage stabil zu halten trotz hoher Investitionen und ohne Erhöhung des Steuerfusses. Beim 14 Millionen Franken teuren Neubau für die Schule haben wir den bewilligten Kredit nicht überschritten und die Pro-Kopf-Verschuldung bereits wieder reduziert.

War für Sie schon immer klar, dass Sie das Amt für eine lange Zeit ausüben möchten?

Nein, ganz und gar nicht. Das hat sich so ergeben. Zum einen aus der guten Zusammenarbeit mit den Gemeinderatskollegen und der Verwaltung. Zum anderen, weil immer wieder neue spannende Aufgaben anstanden, die mich reizten.

Manche Gemeinden haben eine Amtszeitbeschränkung.

Ich halte nichts von Beschränkungen. Solche Regelungen sind nur für schwache Gremien notwendig. Eine Konstante ist gut, wenn im Gemeinderat engagierte, weltoffene und fähige Personen sind, die untereinander harmonieren. Das war in Breitenbach der Fall. Das Sagen hat das Volk. Der Souverän hat alle vier Jahre die Möglichkeit, andere Personen zu wählen.

 

Der Gemeinderat Breitenbach wurde an den Gemeindeversammlungen kaum kritisiert. Trotzdem: Gibt es Dinge, die Sie im Nachhinein anders machen würden?

Die Ortsplanrevision sollte als Chefsache behandelt und strategischer angepackt werden, anstatt sie zu delegieren.

Wie erlebten Sie das Verhältnis von Breitenbach zu den anderen Thiersteiner Gemeinden und umgekehrt?

Breitenbach gilt als kompetenter, harter, aber fairer Verhandlungspartner. Wir hinterfragen Dinge und richten uns nicht ständig nach dem aktuellen politischen Wind. Daher stimmen wir nicht jeder Neuerung zu. Unsere Gemeinde wird respektiert, aber nicht geliebt. Das ist gut so, denn Respekt muss man sich erarbeiten, Liebe ist unberechenbar. Auf politischer Ebene gibt es keine Freundschaften, sondern nur Interessen.

Warum gibt es zum Beispiel keine Verwaltung Lüsseltal? Und auch keinen Feuerwehrverbund?

Breitenbach sagte damals ja zu einer gemeinsamen Feuerwehr mit Büsserach. Die Gemeindeversammlung von Büsserach sagte nein. Breitenbach initiierte die Idee einer gemeinsamen Bauverwaltung und war offen für andere Vorschläge, die bisher aber von den anderen Gemeinden nicht kamen. Zusammen mit anderen Gemeinden arbeiteten wir auch an einer Gemeinde Lüsseltal. Diese Ideen wurden aber mangels finanziellem Druck nicht umgesetzt. Der Grund dafür ist, dass der zeitlich unbegrenzte Finanzausgleich arme Gemeinden zu lange am Leben hält, anstatt das Problem an der Wurzel zu packen. Aus diesem Grund ist der Druck, durch Zusammenarbeit die Effektivität und Effizienz zu erhöhen, noch nicht gross genug. Der Finanzausgleich sollte keine dauerhafte Unterstützung sein, sondern Hilfe zur Selbsthilfe bieten.

Wie fällt Ihr Vergleich zwischen dem Thierstein und dem Laufental aus?

Die beiden Bezirke sind ungefähr gleich gross, gehören zu den Randregionen ihrer Kantone und sind verkehrsmässig schlecht erschlossen, weshalb sich dort nur wenig Industrie angesiedelt hat. In beiden Bezirken übernehmen die Zentrumsgemeinden Aufgaben für den Bezirk, ohne dafür entschädigt zu werden.

Wäre Breitenbach im Kanton Basel-Landschaft besser aufgehoben als im Kanton Solothurn?

Für den Kanton Solothurn spricht die höhere Gemeindeautonomie. Da wir aber eine Randregion sind, die geografisch, kulturell und wirtschaftspolitisch zur Nordwestschweiz zählt und nicht zum Mittelland gehört, wäre der Bezirk Thierstein im Kanton Basel-Landschaft besser aufgehoben. Er hat ähnliche Interessen wie das Laufental und gemeinsam hätten wir für unsere Anliegen mehr Gewicht.

Wenn man eine solch lange Zeit die Dorfpolitik anführt, wie sieht das politische Leben danach aus?

Per 21. Juni 2025 übernahm ich das Präsidium des Forums Schwarzbubenland. Gemeinsam mit der Promotion Laufental werde ich mich nun für die Standortförderung der Region Dorneck-Thierstein-Laufental einsetzen. Dazu zählt insbesondere die Unterstützung des traditionellen Gewerbes bei der Nachfolgeregelung, der digitalen Transformation und der Zusammenarbeit mit Hochschulen, der Begleitung von Neuansiedlungen und die Verbesserung der Erreichbarkeit der Region durch den raschen Ausbau der N18.

 

Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Wie sieht Breitenbach in 20 Jahren aus?

Hoffentlich ähnlich wie heute, also bürgerlich und freiheitlich. Durch die Autobahn Basel-Delémont werden wir besser erschlossen sein. Dadurch wird das Wirtschaftsgebiet Breitenbach-Büsserach-Laufen zu einem begehrten Standort für Spin-offs der ETH und Start-ups der Pharmaindustrie. Wir werden ein beliebtes Wohngebiet der Agglomeration Basel sein. Ich kann mir vorstellen, dass die meisten Menschen ihre Mobilitätsbedürfnisse mit autonom fahrenden Pkws befriedigen und die fehlende Bahnverbindung somit kein Nachteil mehr darstellt.

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