Neue Taschen aus alten Schläuchen

Die Welt teilt sich in zwei Kategorien: Näherinnen und andere. Das wissen alle, die von diesem Virus befallen sind. Doris Altermatt näht, seit sie denken kann. Ihre Nähleidenschaft ist ansteckend.

Leidenschaft: Doris Altermatt inmitten der alten Schläuche und der neuen Tasche. Foto: Gini MInonzio
Leidenschaft: Doris Altermatt inmitten der alten Schläuche und der neuen Tasche. Foto: Gini MInonzio

Kann man sich in Veloschläuche verlieben? In gebrauchte Veloschläuche gar? Wenn man einen Nachmittag mit Doris Altermatt verbringt, dann schon. Denn sie ist den Weg schon vorausgegangen und steckt alle mit ihrer Leidenschaft an. Man ist gar versucht zu sagen, die Nunnigerin habe in den alten Veloschläuchen die Liebe ihres Lebens gefunden. Ein Ausdruck, den sie lachend billigt, denn schliesslich haben die Nunniger den Dorfnamen «Schlüüch». Die gebrauchten Schläuche besorgt sie sich bei Velohändlern und näht daraus Taschen. «Ich habe schon aus vielen Materialien Taschen genäht; aus Wolle, Filz, Blachen, Netz. Doch jetzt, mit den Schläuchen, bin ich glücklich. Ich werde nur noch mit Schläuchen nähen», sagt sie und strahlt. Bis an ihr Lebensende, fragen wir. «Ja, solange ich lebe!», ist die bestimmte Antwort.


Hobby am Scheideweg
Bekanntlich lernen Kinder noch im Mutterbauch die Stimme der Mutter und andere beruhigende Geräusche zu schätzen. Eines dieser Geräusche muss bei Altermatt das Rattern der Nähmaschine gewesen sein, denn ihre Mutter nähte sehr viele Kleider für die Familie. Kaum konnte sie eine Nadel halten, kleidete Klein Doris alle ihre Puppen wöchentlich mit eigenen Kreationen neu ein. Vor 31 Jahren begann sie, ihre Nähwerke auf Märkten zu verkaufen. Und was finanzierte sie sich damit? Ihre Zweitausbildung als Handarbeitslehrerin!

Nun ist sie Teilzeit in ihrem Beruf beschäftigt und Vollzeit mit ihrem Hobby. Just in diesen Tagen steht sie an einer Weggabelung. Ihre Schlauchtaschen wurden zum vollen Erfolg. Die Nachfrage ist so gross, dass sie nun einen Onlineshop (www.nanooh.ch) betreibt und eigentlich ihren Beruf als Handarbeitslehrerin aufgeben müsste, um Taschen zu produzieren. «Doch ist das Nähen dann noch ein Hobby? Dann kann ich nicht mehr jede Tasche so machen, wie es mir gerade einfällt, sondern ich muss produzieren, damit es rentiert», fasst Altermatt ihr Dilemma zusammen.

Fragt man sie, was sie an ihrem Nähhobby so begeistere, so muss man schon Zeit haben. Denn die Antwort ist lang! Hier der Versuch einer Zusammenfassung: Bis sie ihre Werke unter die Leute gebracht hat, braucht es sehr viele Schritte, die ihr alle Freude machen. Sie entwirft immer wieder neue Produkte wie die Lagerungskissen für Frühgeborene, die sie für das Kinderspital Basel nähen darf. Bis sie mit dem Endprodukt zufrieden ist, können auch Monate des Tüftelns vergehen. «Das Nähen selber ist besonders schön, denn dabei kann ich mich richtig hingeben, ich fühle mich frei und meine Gedanken fliessen.» Während sie beim Nähen ganz allein ist, nimmt sie beim Verkaufen an den Märkten ein Bad in der Menge. Sie mag den Wechsel, auch wenn der manchmal recht happig ist. «Ich habe immer wieder gute Gespräche und habe viele Freundschaften geschlossen.» Und als Drittes liebt sie es, wenn sie den Funken weitergeben kann. «Die Leute müssen gar nichts an meinem Stand kaufen. Doch wenn sie inspiriert nach Hause gehen, und ihr altes Strickzeug hervorsuchen und wieder etwas stricken, so erfüllt mich das!» Als Starthilfe für alle, denen es in den Händen juckt, schaltet Altermatt auf ihrer Facebook-Seite nanooh.ch immer wieder Bastelanleitungen auf.

Leidenschaft
Ein Hobby auszuüben bringt weder Ruhm noch Geld. Es ist Leidenschaft für etwas, das einem einfach nur Freude bereitet. In dieser aussergewöhnlichen Zeit, in der das Vereinsleben fast komplett zum Erliegen gekommen ist, möchte das «Wochenblatt» gerne Menschen porträtieren, welche mit Leidenschaft ihr Hobby ausüben. Sei dies das Restaurieren von exklusiven Objekten, das Herstellen von nicht alltäglichen Gegenständen oder speziellen Forschungstätigkeiten – melden Sie sich beim «Wochenblatt» (redaktion.laufen@wochenblatt.ch) und wir berichten gerne darüber. Dies gibt auch anderen die Möglichkeit, ein neues Hobby zu entdecken.

 

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