Wie Wissen versickern kann
Brislacher rätseln noch immer darüber, warum aus den beiden Dorfbrunnen kein Wasser mehr fliesst.
gin. Es war schon in komisches Gefühl, als ich da in den dunklen, verstopften Steingang hineingekrochen bin, den ich am untersten Ende des sieben Meter tiefen Schachtes entdeckt habe. Auch weil da Wasser floss», erklärt Ueli Zingrich. Er war vor 40 Jahren in diesem Brislacher Sodbrunnen, doch wenn er davon erzählt, so schlägt er die Leute noch immer in seinen Bann.
Dem Brislacher und seiner tollkühnen Tat ist es zu verdanken, dass überhaupt noch jemand weiss, dass es an der Holzgasse eine tiefe Quellfassung gibt, die bis Ende Februar zwei Dorfbrunnen speiste.
Anfangs der 1970er-Jahre waren die zwei Dorfbrunnen bereits einmal versiegt. Ein einziger Mann wusste noch über das Wasserwerk Bescheid. «Gustav Hügli sagte mir, wo die Quellfassung ist. Davon war aber nichts mehr zu sehen. Deshalb mussten wir mit Eisenstangen herumstochern, bis wir im Boden auf eine Steinplatte stiessen», so Zingrich. Erde hatte die Abdeckung des Schachtes im Verlaufe der Zeit gänzlich zugedeckt. Ohne Gustav Hügli, der damals auf einen Rollstuhl angewiesen war, hätte wohl niemand mehr etwas von der Quellfassung gewusst oder sie gefunden, so Zingrich. Zusammen mit Martin Lisser habe er dann den Schacht der Quellfassung mithilfe einer Pumpe vom Schlamm gereinigt, worauf das Wasser in den beiden Dorfbrunnen wieder floss.
Doch nicht nur durch seine abenteuerliche Putzaktion hat Zingrich die Sodfassung vor dem Vergessen gerettet. Er hat auch den Inhalt einer alten Schrift in seinem Gedächtnis aufbewahrt, die nun verschwunden ist. Er liess sich vom damaligen Gemeindeschreiber Adelreich Hügli aus einem alten Buch vorlesen, das in Spitzschrift geschrieben war. «Vor 300 Jahren haben die Brislacher erfolglos Wasser gesucht», so erzählt Zingrich aus dem Gedächtnis. Dann beschlossen sie, einen Spezialisten aus der Fremde zurate zu ziehen. Dieser Zullwiler liess dann tatsächlich einen tiefen Schacht graben. Zuunterst wurde die Quelle in einem 2 Meter langen Querstollen gefasst. Von dort musste das Wasser in die tiefer gelegene Brunnstube geleitet werden, wo es in die zwei Dorfbrunnen verteilt wurde. Ein Teil des Wassers floss bis in die 1970er-Jahre auch oberirdisch die Holzgasse runter und durch das Waschhaus, das Buuchhuus, hindurch. Hier diente es den Brislacherinnen zum Wäschewaschen, wie Bauforscherin Claudia Spiess von der Archäologie Baselland erklärt.
Das Buch, das über die Geschichte dieses Wasserwerkes Auskunft gibt, ist verschwunden. Die Gemeindeverwalterin Sandra Hänggi hat es im historischen Archiv der Gemeinde gesucht, aber nicht gefunden. Sollte jemand über den Verbleib Bescheid wissen, so würde sie sich freuen.
Freuen würden sich auch die Anwohner, wenn sie wüssten, wo das Wasser verblieben ist. Seit Ende Februar an der Holzgasse oberhalb der Quellfassung eine Erdsondenbohrung durchgeführt wurde, ist die Quelle versiegt. Die Brunnen als Quartiertreff stehen trocken. Und die Anwohner befürchten, dass sich das Wasser einen neuen Weg bahnt und ihre Häuser beschädigt (das Wochenblatt berichtete).