Weisheitliche Klänge
Das Neue Orchester Basel widmete sein samstägliches Konzert in der St. Katharinenkirche dem Thema «Weisheit». Der Cellist Christoph Croisé und ein westöstliches Trio brillierten zusammen mit dem Ensemble.

Das Saisonthema 25/26 des NOB lautet «Lebensqualität». An erster Stele steht die Kunst der richtigen Entscheidungsfindung und damit der Weisheit, mit der sich bekanntlich auch die Philosophie befasst. Das informative und anregende Programm hatte literarisch dieselbe Flughöhe wie die musikalische Darbietung. Das Konzert begann mit «Nachtstück und Festmusik» aus der Oper «Königin von Saba» von Karl Goldmark (1830–1915). König Salomo und die Königin von Saba spielen in allen drei monotheistischen Religionen eine wichtige Rolle. Das «Nachtstück» mit seiner teils schwelgerischen Melodik und dem orientalisch anmutenden Kolorit wurde im Dialog mit der schweizerisch-armenischen Musikerin Tamar Eskenian (Flöten, Stimme), dem libanesisch-stämmigen Mahmoud Turkmani (Oud) und Joss Turnbull (Percussion) noch stärker «orientalisiert»: eine gewagte, aber durchaus gelungene Idee des innovativen Dirigenten Christian Knüsel. Auch in der kontrastreichen und strahlenden «Festmusik» des Spätromantikers Goldmark funktionierte dieses reizvolle Crossover. Einen besonderen musikalischen Leckerbissen bildete Ernest Blochs «Schelomo», eine Rhapsodie für Violoncello und Orchester. Das warmklingende und insistente Cello von Christoph Croisé verkörperte hier König Salomo; wie dieser ringt, klagt, zweifelt und reflektiert es, manchmal voller Weisheit, manchmal voller Empörung. Das Orchester ist nicht Begleiter, sondern imposante Gegenstimme. Es steht für die Welt, die Gesellschaft und das bedrängende Schicksal. Das grossartige, ernste, dialogische und teilweise düstere Werk verlangte vom Publikum höchste Aufmerksamkeit. Doch auch die jungen Zuhörenden in den vorderen Reihen lauschten dem Stück mit grosser Faszination. Als Zugabe gab es «Der Schwan» von Camille Saint-Saëns.
Nach der Pause führte Knüsel auf unterhaltsame Art und Weise in die verschiedenen Etappen der Einleitungstakte von Beethovens Sinfonie Nr. 5 c-Moll ein. Der Dirigent wählte von Beginn an ein zügiges Tempo und arbeitete die Motivik und die dynamischen Kontraste schön heraus. Der zweite Satz, das «Andante con moto», wirkt in diesem Werk als Ruhepol, obwohl auch hier die innere Spannung nicht fehlt. Im dritten Satz, einem geheimnisvoll in den Celli beginnenden Scherzo, kommt auch der beethovensche Humor mit seinem ironischen Augenzwinkern nicht zu kurz. Das triumphale Finale in C-Dur schliesslich spielt auf eine bekannte französische Revolutionshymne an. Die mit Präzision und Verve interpretierte «Schicksalssinfonie» des musikalischen Titanen Beethoven wurde vom Publikum zu Recht mit stehendem Applaus verdankt. Leider war dieses ausserordentliche Konzert nicht ausverkauft.