Revolution der Verbundenheit

Franziska Schutzbach stellte in der reformierten Kirche in Laufen ihr neuestes Buch vor. Solidarität unter Frauen führe für alle zu mehr Freiheit, ist ihre Überzeugung.

Im Gespräch: Die Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach beantwortet die Fragen des Publikums. Foto: Gaby Walther
Im Gespräch: Die Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach beantwortet die Fragen des Publikums. Foto: Gaby Walther

Die reformierte Kirche Laufental lud letzte Woche die bekannte Autorin und promovierte Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach zur Lesung ein. «Es ist kein theologisches Buch, das vorgestellt wird, und doch passt es in die Kirche. Es gehört zur Aufgabe der Kirche, Rollensysteme wie das patriarchalische System unter die Lupe zu nehmen, zu schauen, was wirkt zum Guten, was zum Schlechten. Das Fundament der Kirche ist die Gemeinschaft», sagte Pfarrerin Leila Thöni zur Begrüssung.

Bereits mit ihrem Buch «Die Erschöpfung der Frauen» landete Franziska Schutzbach einen Bestseller und trat in zahlreichen Talkshows auf. In ihrem neuesten Buch, «Revolution der Verbundenheit», das sie an diesem Abend vorstellte, geht es weniger um Geschlechterkampf und darum, was alles falsch läuft in der Gesellschaft, als um Verbündung — um die Verbindung und Verbundenheit unter den Frauen. «Trotz aller Widrigkeiten und allen Widerspruchs ist die Geschichte unter den Frauen eine Erfolgsgeschichte», so Schutzbach. Historische und aktuelle Beispiele würden veranschaulichen, wie Frauen trotz Differenzen und Spaltungen in der Lage waren, durch Verbundenheit patriarchale Machtstrukturen in Alltag, Politik und Kultur zu schwächen. Sie erklärt, dass weibliche Solidarität und Verbundenheit unter Frauen ein kraftvolles Mittel sind, um gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen, und sieht darin eine Möglichkeit, sich von patriarchalen Strukturen zu lösen. Nach ihrer These liegt die Voraussetzung für Freiheit nicht im männlich geprägten Kapitalismus, in Hierarchie, Konkurrenz und Egoismus, sondern in der Verbundenheit. «Die Kümmerarbeit ist das Zentrum der Gesellschaft, die Voraussetzung für Freiheit», sagt die Autorin.

In ihrem Buch untersucht sie verschiedene Formen von Frauenbeziehungen: Freundschaft, Liebe unter Frauen, politischer Zusammenhalt oder Mutter-Tochter-Beziehungen. Ein Schwerpunkt liegt darauf, wie patriarchale Macht nicht nur durch direkte Unterdrückung, sondern auch durch Spaltung unter Frauen funktioniert. Als Beispiel bringt sie Märchen, wie jenes von Aschenputtel und der bösen Stiefmutter, die ihre Töchter zwingt, die Füsse zu verstümmeln, um in den Schuh zu passen und den Prinzen zu ergattern, oder von Frau Holle, welche die Mädchen Gold- und Pechmarie in fleissig und faul einteilt, oder vom Konkurrenzdenken sogar unter Müttern und Töchtern: «Wer ist die Schönste im ganzen Lande?» Konkurrenzdruck und Normen, die verlangen, sich an männerzentrierte Massstäbe zu halten, seien Teil dieser Spaltung.

Schutzbach geht in ihrem Buch sowohl wissenschaftlich-historisch als auch persönlich vor. So hat sie vor jedes Kapitel einen Brief an eine ihr wichtige Frauenfigur — an die Mutter, Tochter, Freundin oder Tante — gesetzt. «Bei der Auseinandersetzung mit dem Thema fiel mir auf, wie stark wir uns an den Männern orientieren. An Familienanlässen stehen die Männer mit ihren philosophischen Standpunkten im Mittelpunkt, und es werden die Anekdoten der Männer erzählt. Bei Fragen, wer uns geprägt hat, erscheint der Vater, der Lehrer und selten die Mutter. Eine Pfarrerin erzählte mir, dass bei Gesprächen zu Abdankungen bei Frauen immer die gleichen Aussagen fallen: Die Mutter habe gut kochen können und sich immer gut um alles gekümmert. Doch was hat die Frau gefühlt, gedacht, bewegt, ausgemacht?»

Franziska Schutzbach stellt fest, dass wir alle sexistisch und frauenfeindlich geprägt sind. Frauen seien sehr streng und kritisch mit sich selbst und anderen Frauen. Sie möchte Mut machen, Solidarität zwischen Frauen zu leben, sodass sie gesellschaftlich wirksam werden kann.

Nach der eineinhalbstündigen Vorstellung des Buches wurden die rund 30 Anwesenden aufgefordert, sich kurz untereinander auszutauschen, bevor der Autorin Fragen gestellt wurden und man zum Apéro überging.

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