Kalkbrennen wie zur Römerzeit
Eine Gruppe von Handwerkern wagte sich an den Versuch, im Liesberger Steinbruch der Gebrüder Thomann einen Kalkofen nach alter Bauart aufzustellen und Branntkalk wie früher zu produzieren.

Sie seien eine verschworene Gesellschaft von Individualisten und Handwerkern, erklärte der Bildhauer Michele Cordasco, der die Idee einbrachte, Kalk nach dem ältesten und bis heute bedeutendsten technischen Produktionsverfahren herzustellen. Er fand einige Mitstreiter, die das Vorhaben unterstützten und durfte auf dem Areal der Gebrüder Thomann in Liesberg den Kalkofen aufstellen. Bereits vor drei Wochen begannen die Enthusiasten mit dem Bau des Ofens. Für den Brennraum wurde ein Holzgewölbe in Form eines Iglus gezimmert, auf welchem die Kalksteine in der Grösse von Fussbällen aufgeschichtet wurden. Mit Stroh und Lehm wurde der Meiler abgedichtet und darüber ein Holzdach gezimmert. 300 Mannstunden haben die Handwerker investiert, um diesen Meiler aufzubauen.
Rund um die Uhr wurde jede Stunde der Ofen mit Brennholz beschickt, um die Kalksteine zu brennen. Notwendig ist eine Temperatur von 950 °C, damit die Steine entsäuert und dreissig Prozent ihres Wassergehalts verlieren. Dabei entweicht das berüchtigte Kohlenstoffdioxid CO2 und der Stein geht in Branntkalk über. Michele Cordasco demonstrierte in einem Versuch die Weiterverarbeitung. Er legte ein Stück Branntkalk in einen Kessel Wasser, worauf sich der Stein unter Bildung von heissen Wasserdämpfen auflöste und zu einer pappigen Mörtelmasse wurde. Dieser Mörtel wurde früher verwendet, um Mauern abzudichten oder Ziegelsteine aufzuschichten. Er wurde auch als Grundmasse für Farbanstriche verwendet.
«Früher stand praktisch in jedem Dorf ein solcher Ofen», erzählt Cordasco. Der mit Wasser und zusätzlich mit Sand angereicherter Branntkalk war das einzige Bindemittel beim Mauer- und Häuserbau. Erst im letzten Jahrhundert wurde er durch Zement ersetzt. Für die Restaurierung von Burgen und historischen Liegenschaften wird noch heute Branntkalk hergestellt. Im Liesberger Ofen wurden 2,5 Kubik Kalkstein eingesetzt und fünf Ster Holz verbrannt. Die Infrastruktur stellte Christian Thommen vom Steinbruch zur Verfügung. Am Tag der offenen Tür zeigte er den Gästen auch sein neustes CNC-gesteuertes Sägezentrum. Dort werden Steinblöcke zu Brunnen, Grabsteinen oder Schachtdeckeln verarbeitet.