Ein Kämpfer gibt nie auf

Alle haben weggeschaut. Doch nun drängt das dunkle Kapitel der Heimkinder ans Licht. Andreas Jost kämpft seit Jahrzehnten dafür, dass Menschenrechte eingehalten werden. Und das mitten in der Schweiz.

Lässt nicht locker: Andreas Jost setzt sich beharrlich für misshandelte Heimkinder und Verdingkinder ein.  Foto: Gini Minonzio
Lässt nicht locker: Andreas Jost setzt sich beharrlich für misshandelte Heimkinder und Verdingkinder ein. Foto: Gini Minonzio

Der Staat hält sich selber nicht an seine eigenen Gesetze», sagt Andreas Jost. Er musste das hart am eigenen Leib erleben. Als Dreijähriger kam er zum ersten Mal ins Heim, weil seine Eltern Eheprobleme hatten.
Mit 13 wurde er ohne Rechtsgrundlage in die Arbeitserziehungsanstalt Albisbrunn gesteckt. Obwohl er viel zu jung dafür war und auch gar nicht kriminell war. Zwischendurch war er in acht verschiedenen Heimen. Was Jost von seiner Kindheit erzählt, ist schwer auszuhalten. Im Kinderheim Guardaval in Waltensburg wurde er als Neunjähriger wegen einer Kissenschlacht eine ganze Winternacht im Pyjama im eisigkalten Keller eingesperrt. Daraufhin wurde er schwer krank, nur schlecht gepflegt und leidet noch heute an den gesundheitlichen Folgen.

Wenn man Jost zuhört, so erhält man den Eindruck, den Heimangestellten sei es vor allem um Macht gegangen. Als er einmal sein Essen erbrechen musste, wurde ihm das als Trotz ausgelegt und die Heimangestellten wollten ihn zwingen, das Erbrochene wieder zu essen. Seine Weigerung wurde ihm wieder als Trotz ausgelegt und zog eine happige Strafe nach sich.

Seine langjährigen harten Erfahrungen haben Jost geprägt. Eine Lehre konnte er nicht machen. Mit den vielen Schulwechseln hatte er keine Chance. Und noch heute leidet er an Schlafstörungen und gesundheitlichen Problemen, die auf die brutalen Strafen in den Heimen zurückzuführen sind. Doch der Widerstand, der ihm das Überleben in den Heimen ermöglichte, den spürt er immer noch in sich. So hat er es geschafft, dass er am Runden Tisch Einsitz nehmen kann. Dieses eidgenössische Gremium will das Leid und das Unrecht aufarbeiten, das den unschuldigen Opfern von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen angetan wurde. Darunter versteht man Zwangskastrationen und -sterilisierungen oder Zwangsabtreibungen, Zwangsadoptionen sowie Fremdplatzierungen als Verding-, Kost- oder Pflegekinder und Heimkinder. Auch Frauen, die ohne Rechtsgrundlage in Gefängnisse gesteckt wurden, nur weil sie schwanger waren, gehören dazu.

Jost stützt am Runden Tisch die Forderung der Vereinigungen nach einem Härtefonds. Damit soll Betroffenen in finanzieller Not rasch geholfen werden. Parallel dazu möchte er, dass auch allen anderen geholfen wird. Er stellt sich zum Beispiel eine Drehscheibe für Dienstleistungen vor. Betroffene könnten immer dann einen Auftrag annehmen, wenn es ihre Gesundheit zulässt. «Arbeit gibt einen sozialen Halt und ermöglicht es, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen», sagt Jost.
Mit seinem Platz am Runden Tisch möchte er sich für andere einsetzen. «Mein Laden im Bahnhof Bärschwil soll Anlaufstelle sein für alle, die nie gehört wurden», erklärt Jost. Und hier spürt man genau sein entschlossenes Engagement, damit in der Schweiz etwas mehr Rechtsgleichheit herrscht.

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