Aufwachsen mit digitalen Medien

Der Kanton Basel-Landschaft hat eine Informationskampagne zum Umgang mit digitalen Medien bei Kindern gestartet. Die Logopädin Brigitte Bos ist im Alltag auch mit den Problemen digitaler Überforderung konfrontiert.

«Wir kommen fast zu spät»: Logopädin Brigitte Bos in Laufen. Foto: Thomas Brunnschweiler

Bereits 2012 hat der Neurowissenschaftler Manfred Spitzer ein Buch mit dem provokativen Titel «Digitale Demenz» veröffentlicht. Darin warnt er «vor den Gefahren des digitalen Zeitvertreibs unserer Kinder.» Nun hat die Gesundheitsförderung Baselland einen Leitfaden mit dem Titel «Aufwachsen mit digitalen Medien» erstellt. Es sind Informationen für Fachpersonen sowie Eltern mit Kindern bis vier Jahren. Selbstverständlich gilt die Problematik auch für Jugendliche, wie die derzeitige Diskussion über das Verbot von Smartphones an Schulen zeigt. Brigitte Bos ist noch bis Juli 2026 Leiterin des Logopädischen Dienstes Laufental. Als Logopädin arbeitet sie seit 33 Jahren und verfügt über eine grosse Erfahrung. «Auf das Thema der digitalen Medien sind wir fast zu spät aufmerksam geworden», sagt sie.

Allgegenwärtig und zwiespältig

Smartphones, Tablets und andere digitale Geräte sind allgegenwärtig. Wir alle kennen die Zwiespältigkeit dieser Geräte, wenn wir etwa Jugendliche sehen, die im Zug gebannt auf ihre Handys glotzen oder im Restaurant Nachrichten verschicken, statt mit ihrem Gegenüber zu plaudern. Kinder kommen zwangsläufig früh mit digitalen Tools in Kontakt. Gerade die frühkindliche Entwicklung wird durch den Einsatz digitaler Medien negativ beeinflusst. Hinzu kommt, dass die intensive Nutzung durch Erwachsene die Eltern-Kind-Beziehung stört. «Die Herausforderungen für Eltern sind nicht zu unterschätzen», erklärt Brigitte Bos, «digitale Medien absorbieren Aufmerksamkeit und Zeit, wobei viele Vernetzungen verpasst werden.» Bos legt grossen Wert darauf, dass Kleinkinder zuerst Erfahrungen in der realen Welt machen müssen. «Ganz kleine Kinder können keine Informationen aus diesen digitalen Bildern ziehen.» Damit werde die Qualität von echten Erfahrungen verpasst. Solche Erfahrungen werden im freien Spiel und im Lernen mit allen Sinnen gemacht. Kindern muss Aufmerksamkeit geschenkt werden, und Kontakte mit ihnen sollten bewusst gepflegt werden.

Ein «Medienmeter» für Kinder

«Bis zum Alter von drei Jahren sollten Eltern ihren Kindern überhaupt keine digitalen Medien zur Verfügung stellen», so Bos. Leider setzen Erziehungsberechtigte Bildschirme gerne als «digitale Nannys» ein, weil Kleinkinder aufgrund der Faszination von bewegten Bildern scheinbar effektiv abgelenkt werden. Es hängt also viel von der Aufklärung der Eltern ab. Sie sollten einsehen, dass der Konsum digitaler Medien die kognitive, sprachliche, soziale und emotionale Entwicklung ihres Kindes verzögern kann. Visuelle und akustische Reize digitaler Medien führen auch zu Reizüberflutung bis hin zu Angst und Schlafstörungen. Von drei- bis fünfjährig sollten digitale Medien höchstens eine halbe Stunde pro Tag in Begleitung Erwachsener zur Anwendung kommen. Von sechs bis 13 Jahren könne der Gebrauch auf eine Stunde erhöht werden. Bei 14-Jährigen wird eine Nutzung von maximal 90 Minuten empfohlen. In der Realität sieht das anders aus. Gemäss der JAMES-Studie 2024 sind Jugendliche in der Schweiz durchschnittlich über drei Stunden pro Wochentag und vier bis fünf Stunden pro Tag am Wochenende im Internet. Brigitte Bos stellt in ihrer Arbeit fest, dass viele Kinder nicht «triangulieren» können; das bedeutet, dass sie nicht mit anderen etwas anzuschauen und darüber zu kommunizieren vermögen. Oft ist der Wortschatz bei Kindern so klein, dass sie keine Kategorien bilden können. «Der Wortschatz muss gepflegt werden», sagt Bos, «und dafür braucht es Redeanlässe. Wenn Kinder sprachlich nicht früh gefördert werden, geht das Sprachfenster irgendeinmal zu.»

Informationen unter: Gesundheitsförderung Baselland

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