Junge Menschen brauchen eine Struktur

Roger von Wartburg, oberster Baselbieter Lehrer, unterrichtet neu in Laufen. Er erklärt, weshalb es so wichtig ist, dass der Präsenzunterricht wieder stattfindet.

Dank Plexiglaswänden ist der Unterricht möglich: Roger von Wartburg, Präsident des LVB, in einem Schulzimmer des Gymnasiums Laufental-Thierstein.
Dank Plexiglaswänden ist der Unterricht möglich: Roger von Wartburg, Präsident des LVB, in einem Schulzimmer des Gymnasiums Laufental-Thierstein.

«Endlich wieder Schule.» Ein Satz, der wohl noch nie so oft ausgesprochen wurde wie in diesem Jahr. Seit Montag findet wieder der volle Präsenzunterricht auf allen Stufen der Kantone Basel-Landschaft und Solothurn statt. Die Kinder der Volksschule kehrten bereits im Mai zurück an die Schulen. Für die Mittelstufen und Berufsschulen betrug die physische Absenz fünf Monate. Nun, nach den Sommerferien, wurde der Normalbetrieb wieder aufgenommen, jedoch mit zahlreichen Schutzmassnahmen. 
Als einzige Schule im Kanton Basel-Landschaft sind die Stufen des Progymnasiums und des Gymnasiums in Laufen in einem Schulhaus vereint. Dies bedeutet zwei verschiedene Schutzkonzepte, da die MAR-Schülerinnen und -Schüler als Erwachsene gelten, und für sie der Mindestabstand von 1,5 Metern zwingend ist. Für sie gilt in der Mensa, auf dem Gang und auf dem Pausenhof Maskenpflicht. In den Schulzimmern wurden oder werden die Pulte mit Plexiglastrennwänden ausgerüstet oder Einzelpulte aufgestellt. «Wir haben in den letzten Monaten alle gelernt, flexibel zu sein und uns immer wieder auf neue Bedingungen einzulassen», meint Roger von Wartburg und sieht deshalb keine Probleme in der Umsetzung der beiden unterschiedlichen Schutzbedingungen. 
Von Wartburg hat am Montag in Laufen eine 50-Prozent-Stelle als Deutsch-, Geschichts- und Englischlehrer angetreten.  Zu weiteren 50 Prozent ist er als Präsident des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland (LVB) tätig. Der Berufsverband der Baselbieter Lehrpersonen setzt sich für die personalrechtlichen, beruflichen und wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder ein und wirkt bei bildungspolitischen Angelegenheiten mit. Im Interview mit dem Wochenblatt spricht der oberste Baselbieter Lehrer über seine Arbeit beim LVB, seine Arbeit als Lehrer und über die Situation mit Covid-19.

Wochenblatt: Was beinhaltet Ihre Arbeit als Präsident beim LVB?
Roger von Wartburg: Als Präsident des LVB nehme ich viele repräsentative Aufgaben wahr. Ich leite Veranstaltungen, leiste Medienarbeit, verfasse Vernehmlassungsantworten und Analysen, verantworte die Verbandszeitschrift, bin als Verhandlungspartner in verschiedenen Gremien unterwegs und stehe im regen Austausch mit den basellandschaftlichen Regierungsräten Monica Gschwind und Anton Lauber.

Welche Rolle spielt der LVB in der Coronakrise? 
Ich nahm an den rund 20 Sitzungen der kantonalen «Task Force Corona Schulen» teil und half mit, Lösungen zu finden, an Schutzkonzepten zu feilen und Infos für die Bevölkerung zu verfassen. Es wurde intensiv und kontrovers diskutiert. Den vier Bildungsdirektoren der Nordwestschweizer Kantone war es wichtig, gemeinsame Vorgehensweisen für die Schulen zu realisieren. Der Spielraum für Entscheidungen ist beschränkt, denn einiges ist vom Bund vorgegeben. Ein einheitlicheres Vorgehen gesamtschweizerisch hätte ich mir jedoch gewünscht.

Mit welchen Problemen hatten die Lehrpersonen in den letzten Monaten zu kämpfen?
Die Rückmeldungen waren ganz unterschiedlich. Die einen wollten die Schule noch länger geschlossen halten, weil sie vielleicht auch aus persönlicher Sicht sehr besorgt sind, andere sind völlig gegen Maskenpflicht an den Schulen. Es zeigt sich ganz klar, die Lehrpersonen sind keine so homogene Gruppe wie oft angenommen. Wir ticken in alle Richtungen und sind recht heterogen aufgestellt. 

Wie wichtig ist es, dass wieder Präsenzunterricht stattfindet? 
Sehr wichtig. Junge Menschen brauchen eine Struktur und Verlässlichkeit. Lehrpersonen sind gerade für Jugendliche aus schwierigen Familienverhältnissen wichtige Bezugsperson. Der Fernunterricht  funktionierte gut. Doch nicht für alle waren die Bedingungen, zum Beispiel die Platzverhältnisse zu Hause oder die technischen Hilfsmittel, gleich optimal. Auch für uns Lehrpersonen ist es wichtig, wieder in direktem Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern zu stehen.

Wird wegen der Coronakrise eine Wissenslücke bleiben? 
Es liegt nun an uns Lehrpersonen, herauszufinden, wo Lücken sind, wo die geschlossen werden müssen, und was allenfalls weggelassen werden kann und nice to have ist. Aber Brüche im Unterricht gab es schon vor Corona, sei es durch Lehrerwechsel, krankheitsbedingte Ausfälle oder andere ungewohnte Situationen. 

Was bleibt nach der Coronakrise?
Mein Wunsch wäre, dass man Zeit findet zum Reflektieren, zum Herausfinden, was sich von den neuen Hilfsmitteln bewährt hat und was nicht. Sicher fand ein Schub an technischem Know-how statt und wir alle, Lehrpersonen wie Schülerinnen und Schüler, haben neue Tools zum Arbeiten erhalten. 

Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, dass der Virus sich in der Schule schnell weiterverbreiten wird?
In der Volksschule hat sich der Virus vor den Sommerferien überraschend wenig ausgebreitet. Das grösste Risiko birgt nun sicher die Rückkehr aus den Ferien in Risikoländern.

Zur Person
Roger von Wartburg ist seit neun Jahren in der Geschäftsleitung des LVB, seit sechs Jahren leitet er das Präsidium. Er unterrichtete während 19 Jahren an der Sekundarschule in Frenkendorf Deutsch, Geschichte und Englisch. Seit dem neuen Semester erteilt er diese Fächer am Progymnasium in Laufen.
Roger von Wartburg wohnt in Hägendorf, ist verheiratet, hat eine 13-jährige Tochter und einen 9-jährigen Sohn. In der Freizeit tritt er seit 25 Jahren als Sänger in verschiedenen Bands und Projekten auf. 

 

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