Selbstspielende Wunderinstrumente
Unter dem Titel «Magic Piano» wurde am 18. September im Museum für Musikautomaten Seewen die neue Sonderausstellung eröffnet. Die famose Schau spricht Musik- wie Technikaffine gleichermassen an.
Bis 1904 schepperte Klaviermusik verschwommen aus dem Trichter eines Phonographen oder Grammophons. Im Herbst 1904 aber präsentierte die Freiburger Firma M. Welte & Söhne einen technischen Durchbruch, der einer Weltsensation gleichkam. Das Reproduktionsklavier «Welte-Mignon» spielte die schwierigsten Stücke so, wie die Pianisten sie durch die Vermittlung einer gelochten Papierrolle eingespielt hatten. Nun endlich hatte man bei der Klaviermusik den natürlichen, authentischen Klang. Die Vernissage wurde von Laura Granero und Sebastian Bausch am Flügel umrahmt. Christoph Hänggi, Direktor des Museums, erklärte, man habe im Museum seit 2004 immer wieder an den Themen Orgel- und Klaviermusik geforscht. Seit dem Projekt der Restaurierung der Britannic-Orgel sei auch die Hochschule der Künste Bern (HKB) mit an Bord. Ab Oktober 2009 wurden die 1230 Aufnahmerollen der Sammlung eingescannt, sodass daraus wieder Musik entstehen konnte. Bis zur jetzigen Ausstellung gab es immer wieder Zwischenschritte: 2011 die Ausstellung «Wie von Geisterhand», 2013 ein Symposium zur Interpretationsforschung und 2022 die zweite Ausgabe des sogenannten «Global Piano Roll Meetings». Hänggi dankte allen, die zum Gelingen des Forschungsprojekts beigetragen haben. Er zählte die damals konkurrierenden Firmen auf: Welte, Hupfeld und Philipps in Deutschland sowie Aeolian und die American Piano Company in den USA. Im entsprechenden Forschungsgebiet gehe es darum, so Hänggi, die unterschiedlichen Interpretationen von Pianistinnen und Pianisten vergleichen zu können. Offenkundig erlaubte man sich um 1900 bis 1930 musikalisch viel mehr Freiheiten als heute.
Material für viele Entdeckungen
Die Museologin und Pädagogin Claudia Glass stellte das Konzept der Ausstellung vor, zu dem auch ein Hörspiel gehört, das schwierige Zusammenhänge der Materie möglichst einfach erklärt. Im langen Gang ist am Boden die Papierrolle eines Stückes des Schweizer Komponisten Joachim Raff nachgebildet; man spaziert also gleichsam auf der Musik durch den Raum. Nach einem Zwischenspiel am Steinway/Welte-Flügel richtete Regierungsrat Remo Ankli das Wort ans zahlreich erschienene Publikum und lobte das Museum als einzigartigen Erlebnisort. Carine Bachmann, die Direktorin Bundesamt für Kultur, eröffnete die Ausstellung offiziell. Danach konnte man in Ruhe durch die Räume flanieren und sich die selbstspielenden Klaviere ansehen und anhören. An kleinen Tischchen kann man über Kopfhörer auch verschiedene Interpretationen vergleichen. Kurz: Die attraktive Ausstellung «Magic Piano», die mehrmals zu besuchen sich lohnt, ist höchst empfehlenswert.