«Mehr auf das Wir als auf das Ich setzen»

Dem Thema «Veränderungen» war der dritte Maria­steiner Dialog in diesem Jahr gewidmet. Drei Mitglieder nationaler Parlamente äusserten sich zu aktuellen politischen Fragen.

Im Dialog: Über aktuelle Fragen diskutierten in Mariastein Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (l.), Senatorin Patricia Schillinger und der Bundestagsabgeordnete Takis Mehmet Ali. Foto: Thomas Immoos

Immer wieder gelingt es den Organisatoren der Mariasteiner Dialoge, prominente Personen in die Klostergemeinde zu holen. Am Sonntag waren dies gleich drei Mitglieder aus Parlamenten. Unter der Moderation von Mariano Tschuor diskutierten Patricia Schillinger, Senatorin in Paris (Renaissance, Hegenheim), Takis Mehmet Ali, Mitglied des Deutschen Bundestages (SPD, Lörrach) und Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (SP, Liestal).

Der junge Politiker aus dem Badischen blickte auf die abrupt beendete Legislatur in Berlin zurück. Vor gut drei Jahren habe es gar keine andere Regierungsmehrheit geben können als die «Ampel-Koalition» aus SPD, Grünen und Liberalen. Das Ende sei in «Duktus, Gestik und Verhalten» von FDP-Abgeordneten absehbar gewesen. Trotzdem zeigte sich Ali enttäuscht über den Umgang der FPD mit den Mitregierenden.

Eine Zersplitterung in der politischen Landschaft in Frankreich stellte Patricia Schillinger fest. Kleinere, oft kurzlebige Parteien erschwerten nicht nur die ­Regierungsbildung, sondern auch eine erfolgreiche Politik. «Die majorité présidentielle — die Mehrheit rund um den Präsidenten Macron — ist schwach, zu schwach, um notwendige Veränderungen und Reformen umzusetzen.»

Die Schweiz, so Eric Nussbaumer, sei in der glücklichen Lage, für die Regierungsbildung keine schriftlichen Vereinbarungen für die Dauer einer Legislatur abschliessen zu müssen. Die Zauberformel mit den vier grössten Parteien sei eine bewährte Regierungsform und zwinge zu Kompromissen und stetigem Austausch, zum Dialog.

Populismus bietet keine Lösung

Einig waren sich die drei Parlamentsmitglieder, dass der Populismus einfache Antworten, aber keine Lösungen biete. Einige Parteien seien eher gewillt, ihre Wähleranteile zu steigern, als konkret und konstruktiv auf Lösungen hin zu arbeiten. «Auf der Strasse hört man nur noch die Extreme», betonte Ali. Die Diskussionen würden haarscharf geführt, ohne aber, dass man zuhöre, welche Argumente das Gegenüber vorbringe. «Man hört immer mehr nur Ich, statt Wir, wenn es um Forderungen geht», stellte Schillinger fest. Eine Bedrohung der politischen Kultur sieht sie zudem in der künstlichen Intelligenz. Diese erschwere den Wählerinnen und Wählern zunehmend, Wahrheit von Lügen zu unterscheiden.

Dies, so Nussbaumer, führte auch dazu, dass die Veränderungen rasant voranschritten, während die Politik wohl eher zu langsam sei. «Trotzdem muss es bei der Geschwindigkeit der Veränderungen gelingen, die Stimmberechtigten zu erreichen und mit ihnen in Dialog zu treten», betonte der Nationalratspräsident. Alle drei plädierten dafür, die Mitte zwischen den politischen Polen für eine konstruktive Politik zu gewinnen. Für die Schweiz bedeute dies, die SP, die Mitte-Partei, die FPD und die gemässigten SVP-Mitglieder anzusprechen.

Alt Regierungsrat Klaus Fischer (CVP, SO) fragte, ob es erfolgversprechend sei, die rechtsextremen Parteien wie die AfD oder die Rassemblement Nationale auszugrenzen statt einzubeziehen. Sowohl Schillinger als auch Ali lehnten dies ab: «Die Rechtsextremen schüren Angst, Hass und treten für Gewalt in der Politik ein», sagte Schillinger. Und Ali berichtete von Morddrohungen gegen ihn, als er die AfD in einer Rede massiv kritisiert hatte; danach sei er während mehrerer Tage unter Polizeischutz gestanden. Für die Schweiz sah Nussbaumer diese Tendenz weniger dramatisch, da man in der Regel mit den «vernünftigen Köpfen» in den Parteien erfolgreich Lösungen erarbeite. Wichtig sei, sagte Schillinger, den Wählenden die Stärken der Demokratie zu zeigen: «Man muss zusammenarbeiten und Kompromisse schliessen.»

Was die Zusammenarbeit mit Europa angeht, so zeigten sich am Schluss der anregenden Diskussion alle drei überzeugt, dass am Dreiländereck vieles möglich sei. Allerdings nehme man in der Schweiz diese Erfolge «jenseits des Juras» zu wenig wahr, stellte Nussbaumer fest.

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