Das Naturinventar und seine Folgen

Aus Bäumen, die für die Lebensräume von Rodersdorf wertvoll sind, wurde kurzerhand Brennholz. Die Aktualisierung des Naturinventars hat mit unerwünschten Nebenwirkungen zu kämpfen — nicht nur im Solothurnischen Leimental.

Gefällt: Aus Bäumen, die für die Lebensräume von Rodersdorf wertvoll sind, wurde kurzerhand Brennholz. Foto: Bea Asper

Das erklärte Ziel ist der Erhalt der Naturobjekte im Siedlungsraum, doch die Aktualisierung des Naturinventars bewirkt manchmal das Gegenteil: Kurz entschlossen liess ein Grundeigentümer im Siedlungsraum (Bauzone) seine Obstbäume, die für den Lebensraum von Rodersdorf als wertvoll bezeichnet wurden, fällen und entsorgte sie.

Dabei hatte die Planungsbehörde die Diskussion über Naturobjekte auf dem Gemeindebann, welche für Fauna und Flora wertvoll sind, eigentlich erst eröffnet. Die Aktualisierung des Naturinventars, das zwingend im Rahmen einer Ortsplanungsrevision zu erstellen sei, befinde sich im Mitwirkungsverfahren, erklärt Gemeindepräsident Thomas Bürgi auf Anfrage dieser Zeitung. Es habe grundsätzlich orientierenden Charakter. Er bedauert, dass es zu voreiligen Handlungen gekommen ist. Möglicherweise sei das Vertrauen einiger Landbesitzer durch Entscheidungen früherer Behördenmitglieder verloren gegangen. Heute werde indessen eine andere Politik verfolgt. Die Planungsbehörde lege Wert auf einvernehmliche Lösungen.

Keine Einschränkungen beim Bauen

«Naturobjekte werden in der Regel nur unter Schutz gestellt, wenn dies auch dem Wunsch der Landeigentümer entspricht», betont Bürgi. Der Gemeinderat habe bei der Aktualisierung des Naturinventars verschiedene Naturelemente als «wertvoll» oder auch als «sehr wertvoll» bezeichnet. «Dies entspricht aber nicht einem Schutzstatus und führt nicht zu Einschränkungen beim Bauen. In erster Linie geht es darum, das Bewusstsein zu schärfen oder auf eine Bedeutung aufmerksam zu machen. Wir möchten, dass die Freude der Eigentümer an ihren Objekten, die sie intensiv und hervorragend pflegen, erhalten bleibt. Sind die Eigentümer jedoch mit einem kommunalen Schutz einverstanden, bildet dies die Grundlage, bei Pflege- oder Ersatzmassnahmen durch die Gemeinde eine finanzielle Beteiligung zu erhalten.» Die mögliche Befürchtung, dass das Naturinventar in der Bauzone zu einem Bauverbot führen könnte, sei vollends unbegründet, stellt Bürgi klar.

Rodersdorf ist kein Einzelfall. Die Problematik, dass die Aktualisierung des Naturinventars bei den Einwohnerinnen und Einwohnern zu Kurzschlussreaktionen führen kann, sei bekannt, erklärt Thomas Schwaller, Leiter Natur und Landschaft im Amt für Raumplanung des Kantons Solothurn. «Wir raten den Gemeinden, zuerst gut abzuwägen, welche Inhalte des Naturinventars in die eigentümerverbindlichen Nutzungspläne übernommen werden sollen und welche nicht, damit es nicht zu unerwünschten Reaktionen kommt.» Es könne zielführend sein, die beabsichtigte Erhaltung und Förderung von Naturobjekten zuerst mit den Grundeigentümern und Bewirtschaftern zu besprechen und Massnahmen auf freiwilliger Basis zu vereinbaren, wo dies der Kanton mit den Bewirtschaftern im Rahmen des kantonalen Mehrjahresprogrammes Natur und Landschaft nicht bereits getan hat, führt Schwaller aus. «Wir empfehlen den Gemeinderäten, die Einwohnerschaft im Voraus gut zu informieren, also zum Beispiel auch bereits mit der Vorankündigung, dass es im Dorf zu Begehungen durch Fachpersonen kommt.»

Ein Naturinventar gebe den «Ist-Zustand» der Natur wieder, erklärt Schwaller. Im Rahmen der Ortsplanrevision aktualisieren die Gemeinden das Naturinventar. Thematisiert werden Grünelemente, Freiräume und Lebensräume für Pflanzen- und Tierarten und Massnahmen zum Erhalt. Aufgeführt werden Habitatstrukturen, Tümpel, Alleen und Baumreihen, quartierprägende Einzelbäume und Baumgruppen, historisch bedeutende Gartenanlagen mit altem Baumbestand, Hecken, Magerwiesen und Lebensräume mit Vorhandensein geschützter, seltener oder gefährdeter Arten. Dabei geht es nicht nur um die Biodiversität und um die Vernetzung, sondern auch um identitätsstiftende Aspekte.

«Ein Naturinventar hebt die wichtigen ökologischen Qualitäten der Freiraumstrukturen hervor sowie deren Wert für die Erholung und das Ortsbild», führt Schwaller aus. «Mithilfe des Naturinventars können mögliche Konflikte zwischen Siedlungsentwicklung und Landschaft frühzeitig erkannt werden und nach Lösungen gesucht werden», lautet die Zielvorgabe des Kantons.

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