Budget-Genehmigung hing am seidenen Faden
An der Gemeindeversammlung von Hofstetten-Flüh kam es bei der Steuerdebatte zur Zerreiss- probe. Zuvor folgte die Mehrheit dem Antrag des Gemeinderates, die Schulhausaufstockung in Flüh zu versenken. Zur Versammlung erschienen 163 Stimmberechtigte.
«Ich fühle mich für dumm verkauft», kommentierte ein Votant den Antrag des Gemeinderates, den Planungskredit für die Schulhauserweiterung in Flüh zu widerrufen — nachdem das Geld bereits zur Hälfte ausgegeben worden ist. Der Schulraum sei erwiesenermassen notwendig, die Planung sei im März an der Urne deutlich angenommen worden und der Gemeinderat könne zum jetzigen Zeitpunkt keine Alternative aufzeigen, lauteten die Argumente aus der Versammlung.
Aufstockung wird aufgegeben
Im Verlauf der Planung habe sich herausgestellt, dass der Bau viel mehr kosten würde als ursprünglich gedacht und wahrscheinlich zu wenig Raumreserven biete, um dem Anstieg der Schülerzahlen längerfristig gerecht zu werden. In Anbetracht der aktuellen Verschuldung der Gemeinde (24,5 Millionen Franken) könne der Gemeinderat das Projekt Schulhausaufstockung in Flüh nicht mehr verantworten und habe sich deswegen entschieden, dem Souverän den Widerruf des Planungskredites zu beantragen, erläuterten die Gemeinderäte Kurt Schwyzer und Stephan Hasler. Finanzchef Hasler zeigte der Versammlung klar auf, dass das Finanzdebakel durch frühere Entscheide verschuldet sei und dass der heutige Gemeinderat zwar nach einem Ausweg suche, aber noch mit den Altlasten zu kämpfen habe (zum Beispiel mit Abschreibungen von über 1,6 Millionen Franken). Hasler verwies auf einen Finanzplan des früheren Gemeinderates, der Investitionen von 44 Millionen Franken vorgesehen hatte. Der Gemeinderat werde im Verlauf des nächsten Jahres Alternativen aufzeigen, versprach Gemeindepräsidentin Tanja Steiger. Das Projekt Schulraumplanung habe höchste Priorität. Die Versammlung folgte letztlich «dem Appell der Vernunft» und beschloss mit 122 Ja- zu 33 Nein-Stimmen, das Projekt «Schulhausaufstockung» aufzugeben. In der Debatte kam mehrmals zur Sprache, dass es eine Steuererhöhung brauche. Aufgrund der steigenden Schülerzahlen werde die Gemeinde nicht darum herumkommen, in neuen Schulraum zu investieren. Ein Votant regte an, man solle das alte Schulhaus in Hofstetten in die Planung miteinbeziehen. Daraufhin ergriff eine Pädagogin das Wort und gab zu verstehen, dass sich dies nicht mit dem Schulalltag in Flüh vereinbaren liesse. Der Gemeinderat strebe grundsätzlich eine Lösung im Ortsteil Flüh an, liess Steiger durchblicken.
Geld für Vorzeigeprojekt
Die Budgetdebatte verlief Anfangs sehr ruhig. Nur ganz wenige Positionen wurden infrage gestellt. Auf den Antrag aus der Versammlung, den budgetierten Betrag für einen weiteren Tümpel zu streichen, war der Gemeinderat vorbereitet. Der Ressortverantwortliche Thomas Zeis schaltete eine Präsentation auf und verteidigte das Vorhaben zur Rettung des Glögglifrosches vehement. Es handle sich um ein Vorzeige-Projekt, das vom Kanton und von Stiftungen grosszügig (mit über 200000 Franken) unterstützt werde. In der Abstimmung wurde die Streichung des dafür vorgese-henen Gemeindebeitrages von 25000 Franken deutlich abgelehnt.
Bei der Festsetzung des Steuerfusses kam es dann zum Showdown. Der Gemeinderat hatte in seiner Einladung zur Gemeindeversammlung in fetten Lettern das Versprechen abgegeben, am bisherigen Steuersatz von 113 Prozent festzuhalten und die Debatte um eine Steuererhöhung erst im nächsten Jahr zu führen. Einwohner Raphael Schwitter wollte nun vorgreifen und verlangte, den Steuerfuss auf 119 Prozent der Staatssteuer zu erhöhen. Diese Überrumpelungstaktik sei gegenüber den Daheimgebliebenen unfair. Deswegen müsste man den Budgetentscheid wohl wieder an die Urne verlegen, meinte ein Versammlungsteilnehmer. Finanzchef Hasler machte keinen Hehl daraus, dass ihm das unverhoffte Geschenk zusätzlicher Steuereinnahmen (wohl über 700000 Franken) sehr entgegen käme — was ihm den Vorwurf einbrachte, er würde den Antrag des Gemeinderates zu wenig verteidigen. Gemeinderätin Andrea Meppiel legte sich dann ins Zeug und verwies darauf, dass der Gemeinderat an der Erarbeitung einer Finanz- und einer Liegenschaftsstrategie sei und man diese Entscheidungsgrundlagen abwarten soll. Steiger warnte davor, die Gemeinde wieder in einen Ausnahmezustand zu versetzen. Ohne Steuer-erhöhung wäre der Antrag auf Urnenabstimmung vom Tisch, bot der Antragsteller an. Die Versammlung sprach sich in der Abstimmung mit 95 zu 52 Stimmen gegen die Steuererhöhung aus (Hasler widerstand der Versuchung und stimmte ebenfalls für 113 Prozent) und genehmigte letztlich mit grossem Mehr das Budget, das einen Aufwandüberschuss von 534000 Franken vorsieht. Die Versammlung verlief insgesamt speditiv und konnte alle 13 Traktanden behandeln, so dass man auf die in Betracht gezogene Fortsetzung am Folgeabend verzichten konnte.