Begabungsförderung verbessern

Bei «Heilpädagogik» denken viele an schwierige Kinder. Im Kanton Solothurn sieht das inzwischen anders aus: Hier läuft ein Schulversuch, an dem sich auch die Primarschule Dorneckberg beteiligt: «Spezielle Förderung».

Das Know-how von Fachkräften ist immer gefragter: Nicole Schaad fördert in Büren besonders begabte Kinder. Sie ist eine von elf Fachlehrerinnen für spezielle Förderung, die an den Primarschulen vom Dorneckberg im Einsatz sind.   Foto: Melanie Ap
Das Know-how von Fachkräften ist immer gefragter: Nicole Schaad fördert in Büren besonders begabte Kinder. Sie ist eine von elf Fachlehrerinnen für spezielle Förderung, die an den Primarschulen vom Dorneckberg im Einsatz sind. Foto: Melanie Aprin

Die Aufgabe ist herausfordernd», gesteht Jacqueline Wirz-Nebel, Leiterin der Kindergärten und Primarschulen vom Dorneckberg. Denn der wissenschaftlich begleitete Schulversuch, der alle solothurnischen Schulen vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe 1 einbindet, umfasse «ein breites Spektrum von Kindern mit Lernschwierigkeiten über jene, die für ihre Entwicklung mehr Zeit brauchen, bis hin zu Lernenden mit besonderen Begabungen». Die Direktorin, die 25 Jahre an einer Primarschule unterrichtete, hat selbst oft erlebt, dass früher bei der Beurteilung von Fähigkeiten überwiegend auf Defizite geschaut wurde. Ressourcen zur Unterstützung von Kindern seien nur nach schulpsychologischer Abklärung bewilligt worden. Der Schulversuch unter der Gesamtleitung von Agnès Fritze, Professorin an der Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz, führe nun zu einem Umdenken.

Wie das bei Schülern mit überdurchschnittlichen Fähigkeiten aussieht, lässt sich im Schulhaus von Büren jeden Mittwochvormittag beobachten. Dann sitzen in einem Raum Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Dorneckberg-Gemeinden, die nur an diesem einem Halbtag nicht in ihren normalen Klassen sind. «Die Pullout-Gruppe ist ein Teilbereich unseres Umgangs mit Begabtenförderung», sagt die Schulleiterin. «Wer hier mitmacht, ist vorgängig innerhalb seiner Klasse betreut und unterstützt worden und hat in dieser Phase auch die Eignung für die Gruppe bewiesen.» Erst- oder Zweitklässler sind nicht darunter. «Bei den besonders Begabten diesen Alters werden die Ressourcen für eine enge Kooperation zwischen Klassen- und Förderlehrpersonen im regulären Unterricht eingesetzt», erklärt Wirz-Nebel. Sieben- oder Achtjährige seien für die Pullout-Gruppe mit ihrer Projektarbeit und den speziellen Aufgaben nicht selbstständig genug. Für ältere Kinder und Teenager jedoch ist das Konzept ein Gewinn «Früher konnten Lerntalentierte nur eine Klasse überspringen», sagt die Mutter eines Kindes aus dieser Gruppe. Es sei für den Nachwuchs aber besser, den Schulalltag weiter mit Gleichaltrigen zu teilen und dennoch einmal wöchentlich herausgefordert zu werden. «Die meisten Kinder sind ja nicht frühreif, sondern nur schulisch begabt.»

Für die weniger Begabten bietet der Schulversuch sowohl die Spezielle Förderung in integrativer Form an als auch die Förderung in gesonderten Kleinklassen, was durch Vergleichsschulen erprobt wird. Dafür gibt es drei Förderstufen, die von Kurzinterventionen bei Lernschwankungen über individuelle und verlangsamte Lernziele bis zu sonderpädagogischen Massnahmen reichen. Laut Yolanda Klaus, stellvertretende Vorsteherin des Volksschulamts in Solothurn, habe die integrative Form der Förderung die Stigmatisierung von Kindern merklich reduziert. Was den Kindern nützt, hilft zugleich den Lehrkräften. «Mit dem jetzigen System können wir bei Bedarf schneller und einfacher eingreifen», freut sich Astrid Kälin, die seit 1991 in Nuglar unterrichtet. Wie nötig das ist, zeigen die Zahlen der Dorneckberger Primarschulen: Von rund 450 Kindern erhalten etwas über 130 die Förderstufen 1 oder 2. Davon sind 20 besonders begabt. Gut möglich, dass sie noch vor einigen Jahren nicht nur statistisch untergegangen wären.

Nach Redaktionsschluss fand am 5. Juni in Solothurn eine Medienkonferenz zu den Ergebnissen des Schulversuchs «Spezielle Förderung» statt. Weiterführende Informationen finden sich unter www.schulversuch.ch.

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