Viele essen davon, nur wenige kennen sie

Die Bäckerei des Vital Speisehauses zügelte im Juli von Dornach nach ­Reinach und hat in der Vorweihnachtszeit ­Hochbetrieb. Die Bio- und Demeterwaren sind gefragt.

Jeder Handgriff sitzt: Lionel Stantina, Chefbäcker (l.), und Jacques Parmentier, Bäcker. Foto: Tobias Gfeller
Jeder Handgriff sitzt: Lionel Stantina, Chefbäcker (l.), und Jacques Parmentier, Bäcker. Foto: Tobias Gfeller

Bäcker Jacques Parmentier rollt von Hand im Akkord Buttergipfel, während im Raum nebenan Chefbäcker Lionel Stantina Kürbiskernbrot zubereitet. Anschliessend machen sie sich zusammen ans Sonnenblumenbrot. Jeder Handgriff sitzt. Natürlich läuft zurzeit auch die Grättimänner-Produktion auf Hoch­touren. Für die Bio-Supermarktkette Alnatura liefert das Vital Speisehaus Grättimänner für die ganze Schweiz. Die insgesamt elf Bäcker der Vital Speisehaus AG sind ein eingespieltes Team. In ihrem Rücken ist aus dem Fenster das Goe­theanum zu sehen. «Dort verbrachten wir als Unternehmen unsere Kindheit. Hier in Reinach durchleben wir unsere Jugend und werden erwachsen.» Lucas Didden, operativer Leiter der Bäckerei des Vital Speisehauses, spricht mit viel Demut über das Wachstum der Firma.

Angefangen hat alles als Kantine für die Mitarbeitenden des Goetheanums. Lucas’ Vater Thomas Didden arbeitete damals beim Goetheanum und kritisierte regelmässig das Angebot des hauseigenen Restaurants, erzählt Sohn Lucas mit einem Schmunzeln. «Dann hiess es, er könne sich ja selber einbringen.» Gesagt – getan. 2004 übernahm Thomas Didden die Leitung der Vital Speisehaus AG, die noch heute der Anthroposophischen Gesellschaft gehört. 2008 eröffnete er 200 Meter vom Goetheanum entfernt den heute nicht mehr wegzudenkenden Laden mitsamt Brotecke. Der Laden habe sich im Quartier zum sozialen Treffpunkt entwickelt, erzählt Lucas Didden zufrieden. Neben dem Restaurant am Goetheanum und dem Laden ist die Bäckerei das Herzstück der Vital Speisehaus AG.

Zweitgrösste Demeter-Bäckerei der Schweiz

Seit vergangenem Juli werden die Backwaren auf 530 Quadratmetern im Reinacher Kägenquartier produziert. Die 75 Quadratmeter in Dornach wurden mit dem Wachstum der Bäckerei zu klein. Mittlerweile beliefert das Vital Speisehaus bis zu 70 Kunden pro Tag. Dazu gehören kleinere Quartiercafés in der Stadt, Hotels, Spitäler, die Fondation Beyeler, Alnatura-Läden und mit 42 Filialen – Tendenz steigend – auch Coop. 230 Bio- und Demeter-Produkte werden in Reinach produziert. Damit ist der Dornacher Betrieb mit der Backstube in Reinach die zweitgrösste Demeter-Bäckerei der Schweiz. Eigene Filialen hat das Vital Speisehaus mit Ausnahme des Ladens beim Goetheanum nicht.

Das Beibehalten der kleinen Kunden trotz Wachstum sei ein bewusster Entscheid, betont Lucas Didden. «Nur weil wir auch grössere Kunden wie Coop oder Alnatura beliefern, heisst das nicht, dass wir die Kleineren aussen vor lassen. Wir wollen möglichst breit aufgestellt sein und liefern deshalb auch kleinere Mengen.» Für Lucas Didden haben kleinere Cafés eine besondere Bedeutung. «Dort haben wir den direktesten Draht zu den Konsumentinnen und Konsumenten, wenn sie mit dem Wirt oder der Wirtin ins Gespräch kommen und über das Gipfeli oder das Schokobrötchen sprechen. Die Menschen gehen bewusst dorthin, weil diese ihnen schmecken. Die kleinen Cafés sind für uns deshalb die grössten Prestigekunden.»

Attraktive Arbeitsbedingungen

Die Corona-Pandemie hat die Nachfrage nach den Bio- und Demeter-Backwaren rasant beschleunigt. Vater und Sohn Didden suchen aber bewusst ein nachhaltiges Wachstum.

Probleme, dafür Fachkräfte zu finden, haben sie keine, betont der operative Leiter Lucas Didden. «Wir zahlen für Bäcker bewusst überdurchschnittliche Löhne. Für uns gehört die Fairness der Lieferkette, wie sie gerade auch Demeter pflegt, auch bei unseren eigenen Mitarbeitenden dazu.» Hinzu kommt, dass das Vital Speisehaus dank dem Zweischichtbetrieb in der Backstube ein attraktiver Arbeitgeber ist.

Historisch, geografisch und von den Besitzverhältnissen her ist die Bäckerei der Vital Speisehaus AG noch immer mit dem Goetheanum verbunden. Im Alltag und als juristische Person seien sie aber komplett unabhängig. Während das Bio-Label beim Anbau klare Vorgaben macht, betreffen die Richtlinien beim Demeter-Label die ganze Produktionskette. Dort, wo es nicht unbedingt eine Maschine braucht, wird von Hand gearbeitet. Die schonende Verarbeitung ist bei Demeter Pflicht.

Aufgrund eines speziellen Neukunden haben Thomas und Lucas Didden kürzlich vier Holzöfen angeschafft. Damit beginnt wieder eine neue Etappe in der bewegten Geschichte der Vital Speisehaus AG.

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