Jugendberatung steht vor dem Aus
Weil die Gemeinde Aesch sicher und Reinach wahrscheinlich austritt, wird es die Familien- und Jugendberatung Birseck in der heutigen Form wohl nicht mehr lange geben.

Seit 1988 bietet die Familien- und Jugendberatung Birseck (FJB) psychosoziale Therapien, Beratungen und Psychotherapien an. Die FJB richtet sich an Kinder, Jugendliche, Eltern und ganze Familien und begleitet die Klientinnen und Klienten in Krisen- und Konfliktsituationen. Gemäss Website bietet die FJB Beratungen und Therapien zu den Themen Familie, Kinder, Jugendliche, Schule und Lernen, Elternschaft und Erziehung, Beziehung und Partnerschaft, Trennung und Scheidung sowie für Alleinerziehende an.
Die FJB steht mit ihren sechs Mitarbeitenden den Bewohnerinnen und Bewohnern der Trägergemeinden Aesch, Arlesheim, Dornach, Duggingen, Münchenstein, Pfeffingen und Reinach offen. Weil die Gemeinde Aesch die Leistungsvereinbarung mit dem privatrechtlich organisierten Verein auf Ende 2026 aufkündigt hat und der Gemeinderat Reinach intensiv über diesen Schritt nachdenkt, droht dem niederschwelligen Angebot das Aus.
Der Gemeinderat Pfeffingen hat die bestehende Leistungsvereinbarung vorsorglich auf Ende 2026 gekündigt, zeigt sich aber weiterhin interessiert an einer Zusammenarbeit, falls die angelaufene Neuorientierung der FJB den Erwartungen des Gemeinderats entspricht, teilt Gemeinderat Sacha Ursprung mit. Auch bestünden von Pfeffinger Seite her Fragen zu den effektiven Kosten der angebotenen Leistungen.
Gemäss dem Jahresbericht 2024 sind gerade in den Gemeinden Reinach, Aesch und Pfeffingen die Fallzahlen bei der Familien- und Jugendberatung Birseck im Vergleich zu 2023 deutlich angestiegen. Aesch und Reinach haben relativ gesehen im Vergleich zur Einwohnerzahl am meisten Fälle bei der FJB. Insgesamt führte die Familien- und Jugendberatung im Jahr 2024 knapp 1300 Beratungen und Therapien durch. 240 neue Fälle wurden eröffnet.
Neue Gemeinden gesucht
Als Präsident des Trägervereins amtet der Dornacher Gemeinderat Kevin Voegtli (SP). Er macht kein Geheimnis aus der aktuell schwierigen Situation: «Ohne Reinach und Aesch geht die Rechnung nicht auf. Die vier Gemeinden, die das Angebot aufrechterhalten wollen, versuchen alles Mögliche, dass es weitergehen kann.» Der Vorstand führe aktuell Gespräche mit umliegenden Gemeinden, ob Interesse an einer Zusammenarbeit bestehe, um die FJB in möglichst bewährter Form weiterbetreiben zu können, berichtet Voegtli.
Reinach vergleichtpassendere Angebote
Gemäss Ferdinand Pulver, Gemeindepräsident von Reinach und Vizepräsident der FJB, hat der mögliche Austritt von Reinach nichts mit den Sparplänen der Gemeinde zu tun. «Nach 37 Jahren passen das Angebot der Familien- und Jugendberatung und die Bedürfnisse der Gemeinde Reinach nicht mehr ganz zusammen.» Das Angebot der FJB sei «richtig, wichtig und gut», betont Pulver. Der Reinacher Gemeinderat habe sich inhaltlich eine Neuausrichtung gewünscht, die von einer Mehrheit im Vorstand aber abgelehnt worden sei.
Reinach hätte das Angebot gerne vereinfacht und verkleinert, dafür den Umfang der Beratungsstunden erhöht. «Das entspräche den Rückmeldungen der Reinacher Lehrpersonen, der Schulleitungen, der Schulsozialarbeit und der Sozialen Dienste», erklärt Pulver.
Der Gemeinderat ist gemäss Pulver daran, für Reinach passendere Angebote zu vergleichen. Der Gemeinderat Aesch möchte sich zuweilen zum geplanten Austritt nicht äussern, da an der vergangenen Gemeindeversammlung eine Anfrage von SP-Landrat Jan Kirchmayr zum Thema eingegangen ist.
Ein Vorteil der Familien- und Jugendberatung Birseck sei deren Niederschwelligkeit. Bis zum ersten Telefongespräch mit einer Fachperson von Sozialpädagogik, Psychologie oder Mediation dauert es gemäss Stellenleiterin Karolina Herrlich maximal eine Woche, bis zum ersten Termin vor Ort maximal zwei Wochen. Auch die Breite im Angebot werde von der Bevölkerung geschätzt.
Die FJB versteht sich als leicht zugängliche präventive Anlaufstelle, deren Ziel es ist, Familien frühzeitig zu unterstützen und so zu vermeiden, dass diese bei anhaltenden oder sich intensivierenden Problemen klinische Einrichtungen wie die Psychiatrie Baselland aufsuchen müssen. «Wir können eingreifen, bevor eine Situation oder Krise eskaliert. Damit haben wir schon viele potenziell schlimme Entwicklungen verhindert», erklärt Karolina Herrlich. Ist tatsächlich eine ärztliche Therapie nötig, überweisen die Fachpersonen der FJB die Klientinnen und Klienten an die passende Stelle.
Herrlich spricht offen über die «riesige Unsicherheit» innerhalb des Teams der Familien- und Jugendberatung Birseck. Die Frage steht im Raum, ob und wie das Angebot mit den vier übrigen Gemeinden weitergeführt werden kann.
Ob gewisse Angebote reduziert oder ganz eingestellt werden müssen, ist derzeit völlig offen.


