Er hat die Musik für «Stiller» komponiert

Heute startet die Verfilmung des Romans von Max Frisch in den Kinos. Der Soundtrack stammt vom Dornacher Komponisten David Hohl.

Schafft Atmosphäre im Film: Die Vertonung von Geschichten begeistert den Dornacher David Hohl schon seit seiner Kindheit.Foto: zVG / Lucia Hunziker
Schafft Atmosphäre im Film: Die Vertonung von Geschichten begeistert den Dornacher David Hohl schon seit seiner Kindheit.Foto: zVG / Lucia Hunziker

«Einen Moment bitte. Es kommt gerade etwas», sagt David Hohl, sitzt an dem Flügel in seinem Studio und setzt zu einem Motiv, zu den ersten Konturen einer Melodie an. Damit der musikalische Geistesblitz nicht verloren geht, nimmt er diesen mit seinem Handy auf. Der in Dornach aufgewachsene Komponist arbeitet mit vier anderen Komponistinnen in einem Studio im neuen Basler Westfeld-Quartier. «Wir sind alle selbstständig. Jeder arbeitet an seinen eigenen Projekten.»

Der 35-Jährige komponiert Musik für Konzerte, fürs Theater oder für Musicals, vor allem aber hat er sich als Filmmusikkomponist einen Namen gemacht. Der Film «Stiller», der heute in den Kinos startet, trägt seine musikalische Handschrift. Bei der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Max Frisch geht es emotional in die Tiefe, was sich jenem offenbart, der die ersten Sequenzen von Hohls Soundtrack hört. «Grundsätzlich nehme ich mir für die Entwicklung von Filmmusik gerne viel Zeit, tauche in die einzelnen Charaktere ein, um herauszufinden, welches Motiv passen könnte. Im Fall von ‹Stiller› war das nicht möglich, weil die Zeit knapp war. In so einer Situation vertraue ich ganz den Wünschen von Produktion und Regie, die ja schon ein oder zwei Jahre an dem Projekt arbeiten.»

Einen Monat Zeit

Die Entstehung der Filmmusik von der Vergabe des Auftrags bis zum fertigen Soundtrack laufe jedes Mal anders ab, wie Hohl erzählt: «Im Fall von ‹Stiller› stand bei mir am Anfang der lange gehegte Wunsch, einmal für C-Films, Produzentin von Werken wie ‹Platzspitzbaby› oder ‹Zwingli›, zu arbeiten.» Hohl meldete sich bei Anne Walser, die in der Geschäftsleitung der besagten Produktionsfirma tätig ist. «Sie sagte, dass es für die neue Produktion ‹Stiller› gerade einen Pitch für die Musik gäbe. Es war Freitag und ich hatte bis Dienstag Zeit, einen Vorschlag einzusenden. Dieser bestand aus zwei Szenen, die ich vertonen musste.»

Hohl packte die Gelegenheit, arbeitete das ganze Wochenende durch, reichte seinen Vorschlag ein und bekam den Job prompt. Um den ganzen Soundtrack zu komponieren, hatte Hohl einen Monat Zeit, denn freilich ist es mit dem Hauptmotiv allein nicht getan. «An der Vertonung des Filmendes hatte ich lange gearbeitet und ich komponierte noch zwei Jazz-Nummern dazu.» Für die Umsetzung der Komposition arbeitete Hohl mit dem Budapest Scoring Orchestra, das auf Filmmusik spezialisiert ist, mit mehreren Pianistinnen und Pianisten sowie mit anderen Musikern zusammen.

Ein Kurs bei Georg Darvas weckte die Begeisterung

Die Begeisterung für die musikalische Vertonung von Geschichten begleitet Hohl schon seit Kindesbeinen: «Als ich elf Jahre alt war, besuchte ich einen Theaterkurs bei Georg Darvas in Dornach.» Das «Neue Theater am Bahnhof Dornach», wie das Theater damals noch hiess, begleitete Hohl viele Jahre seiner Kindheit und Jugend. Es lag damals noch auf der anderen Seite der Bahngeleise hinter dem Restaurant Pergola. «Ich habe viele Erinnerungen an diesen Ort. Im Alter zwischen elf und 16 war ich fast konstant dort», erinnert er sich.

An der Jugendmusikschule Dornach hatte er das Klavierspielen gelernt, Gitarre brachte er sich selbst bei. «So ergab es sich, dass ich für das Theater in Dornach Musik machen durfte.» In der Schule stellte er sich jeweils zur Verfügung, um Schulaufführungen zu vertonen. In seinen jungen Jahren widmete er sich elektronischer Musik, ging mit verschiedenen Bands auf Tournee, trat auch als Sänger auf.

Irgendwann reifte die Entscheidung, sich auf Filmmusik zu spezialisieren. Er absolvierte ein Studium an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHDK) und begann damit, ein Netzwerk aufzubauen.

«Das Interessante an der Filmmusik besteht darin, Motive und Melodien aus Charakteren und aus einer Geschichte herauszufiltern, herauszufinden, wo die Essenz liegt. Manchmal unternehme ich Spaziergänge, denke über die Figuren im Film nach und suche emotionale Bezugspunkte in mir selbst.»

Gerade solche Spaziergänge oder andere Phasen, während denen Hohl nicht am Instrument sitzt, seien ein essenzieller Bestandteil des kreativen Prozesses. Freilich benötige man als Komponist Geduld und Ausdauer.

Hohl ist ein erfahrener Komponist, der keine Angst vor Pausen hat: «Früher peitschte ich mich hinters Klavier. Heute weiss ich, dass die Pausen mindestens genau so wichtig sind.» Aktuell arbeitet Hohl an seiner zweiten Konzertsymphonie, an einem Klavierkonzert und an weiteren Filmprojekten. «Als Komponist ist es hilfreich, wenn man einen tiefen Lebensstandard hat. Da ich aber so oder so nichts anderes mache, als Musik zu komponieren, ist das kein Problem», scherzt Hohl.

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