Das offene Ohr am Bahnhof Dornach
Seit zwei Jahren betreibt der Kranken- und Hauspflegeverein Dornach, Gempen und Hochwald (KHPV) die Plauderbank am Bahnhof. Der Verein sucht weitere Freiwillige, die gerne zuhören.

Elisabeth Bremgartner sitzt regelmässig an Mittwochvormittagen zwischen 10 und 11 Uhr auf der Plauderbank beim Bahnhof Dornach und schenkt Menschen, die Lust auf ein Gespräch haben, ein offenes Ohr. Sie ist eine von fünf Freiwilligen, welche das vom Kranken- und Hauspflegeverein Dornach, Gempen und Hochwald (KHPV) gegründete Angebot betreiben und sich untereinander abwechseln. Der Mittwoch ist fix, doch die Zeit sucht sich die Person jeweils selbst aus. Die Aufschrift «Setz dich zu mir! Lass uns plaudern!» weist darauf hin, dass sich Nutzerinnen und Nutzer der Bank offen für ein Gespräch mit anderen zeigen.
«Die Bank hat im Gegensatz zu den meisten anderen Sitzgelegenheiten rund um den Bahnhof eine Lehne. Schon deswegen wird sie gerne genutzt», erzählt Bremgartner, die für viele Menschen mit ihrem gemütlichen Berner Dialekt eine angenehme Gesprächspartnerin sein dürfte. «Im Idealfall sitzt schon jemand hier, wenn ich komme. Es ist der einfachste Weg, ein Gespräch aufzunehmen. Ich frage dann einfach, ob ich mich dazusetzten kann.» Der umgekehrte Fall, dass sie bereits sitzt und jemand hinzukommt, sei selten. «Manchmal schlendere ich etwas über den Platz, schaue, ob jemand Zeit hat, vielleicht gerade eine Zigarette raucht oder einen Kaffee trinkt. Solche Leute spreche ich an und frage sie, ob die sich auf die Plauderbank setzen möchten.» Dabei entstehen Gespräche ganz unterschiedlicher Art.
Eines, an das sich Bremgartner lebhaft erinnert, ist jenes mit einer Ukrainerin, welche die bronzene Nachbildung von Rudolf Steiners Reisekoffer, die gleich neben der Bank steht, studierte: «Ich habe die Gelegenheit genutzt und sie angesprochen. So haben wir uns über eine Stunde auf Deutsch, Englisch, mit Händen und Füssen verständigt. Es war beeindruckend, mit welcher Offenheit mir die Frau aus ihrem Leben erzählte.» Manchmal komme es zu Gesprächen mit Bus- oder Taxichauffeuren, die am Bahnhof Pause machen, oder Rucksacktouristen, die froh um eine kurze Rast sind.
Plaudern will gelernt sein
Um für ihre Aufgabe gerüstet zu sein, haben die Freiwilligen des Vereins einen Plauder-Kurs bei einer Ausbildnerin von Betreuenden der Plauderkassen besucht – ein Projekt, das von der Fachstelle «Gsünder Basel» umgesetzt wird und das Gemeinschaftsgefühl stärken soll. «Das Prinzip einer Plauderkasse und der Plauderbank ist dasselbe. Deshalb erschien es uns sinnvoll, einen solchen Kurs zu besuchen», sagt Karin Morf, die im Vorstand des KHPV für Kommunikation zuständig ist.
Im Kurs lernten die Freiwilligen etwa, wie ein Gespräch aufgebaut ist, nämlich in die Elemente Begegnung, Aktion und Verabschiedung. «Sie gab uns Tipps, wie man am besten jemanden anspricht. Das ist etwas, das viele noch nie gemacht haben und auch nicht so einfach ist.» Wichtig sei, dass man aktiv zuhöre, Interesse zeige und Fragen stelle, sagt Bremgartner, die ebenfalls im Vorstand des Vereins ist und dort die Finanzen verantwortet. «Man sollte den Gesprächspartner aber auch nicht mit Fragen überhäufen.» Auf der Plauderbank gibt es zwei Tabuthemen: Politik und Religion. Die Bank soll also kein Ort zum Streiten, sondern eine Gelegenheit für den persönlichen, sozialen Austausch sein.
Freiwillige gesucht
Die Bank war ein Geschenk des Vereins an die Gemeinde Dornach anlässlich ihres 800‑Jahr-Jubiläums vor zwei Jahren. Bremgartner war auch jene, welche die Idee für eine Plauderbank in den Vorstand eingebracht hatte. «Ich fahre regelmässig am Bahnhof Thun vorbei und war dort auf eine Generationenbank aufmerksam geworden. Ich erzählte meinen Vorstandskollegen davon. Als dann das 800‑Jahr-Jubiläum der Gemeinde Dornach bevorstand, dachten wir, dass dies doch eine gute Idee sei, uns beim Fest einzubringen.» Nun sucht der Verein weitere Freiwillige, die gerne etwas Zeit und ein offenes Ohr schenken möchten.
Weitere Infos: www.khpv.ch