Mehr als 13 Jahre am Südpol
Der Astrophysiker Robert Schwarz erforschte vom Südpol aus das Universum. Nun kommt er ins Kuspo Münchenstein, um über sein Leben amsüdlichsten Punkt der Erde zu berichten.

Über 13 Jahre lang war der Astrophysiker Robert Schwarz am Südpol stationiert, um von dort mit einem Teleskop das Universum zu erforschen – kein Mensch soll länger als er am südlichsten Punkt der Erde gewesen sein. «Der Südpol ist aufgrund der Kälte und der damit verbundenen Trockenheit der beste Ort für Mikrowellenastronomie. Auf diese Weise lässt sich das Nachleuchten des Urknalls beobachten. Wir schauen also in die Vergangenheit. Die Andromedagalaxie ist 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt. Wenn man diese beobachtet, schaut man also 2,5 Millionen Jahre in die Vergangenheit», so der Astrophysiker. Zum Vergleich: Das Sonnenlicht braucht acht Minuten und zwanzig Sekunden, bis es von der knapp 150 Millionen Kilometer entfernten Sonne auf die Erde trifft.
«Das älteste Signal, das wir auffangen können, ist 13,8 Milliarden Jahre alt.» Seine Erlebnisse am südlichsten Punkt der Erde hat Robert Schwarz in einem Buch mit dem Titel «Unter den Polarlichtern der Antarktis» dokumentiert und bald kommt er im Rahmen einer Schweiz-Tournee nach Münchenstein, um aus erster Hand von seinem Leben am Südpol zu erzählen.
«Da kommt keiner mehr rein und raus»
«Im Winter sind wir für achteinhalb Monate von der Aussenwelt abgeschnitten. Da kommt keiner mehr rein und raus», erzählt Schwarz. Etwas mehr als 40 Menschen überwintern jeweils in der Station am geografischen Südpol, welcher nicht mit der Antarktis zu verwechseln ist – letztere bezeichnet den Kontinent als Ganzes, während es sich beim Südpol um einen geografischen Punkt handelt. «An einem warmen Sommertag liegen die Temperaturen am Südpol bei minus 25 Grad. Im Winter kann es rund minus 80 Grad kalt werden», erzählt Schwarz. Nicht nur die Kälte, auch die Trockenheit am Südpol hat ihre Auswirkungen auf den menschlichen Körper: «Die Schleimhäute sind sofort ausgetrocknet und man muss sich dauernd eincremen, weil die Haut aufreisst.» Jedes Teammitglied darf wöchentlich zwei Mal zwei Minuten duschen: «Wir sitzen zwar auf dem grössten Frischwasserreservoir der Erde, aber dieses muss erst einmal abgeschmolzen werden, was über die Abwärme des Generators geschieht. Wollte man mehr Wasser, müsste man mehr Energie verbrauchen.»
Während seiner Einsätze war er für die Betreuung der beiden Teleskope, die rund einen Kilometer von der Station entfernt liegen, verantwortlich. Dieses bedurfte einer ständigen Betreuung: «Selbst am Südpol ist es für das Teleskop nicht kalt genug, weswegen es in regelmässigen Abständen während sechs Stunden künstlich weiter runtergekühlt wird. Während dieser Stunden sammelt das Teleskop keine Daten und es können notwendige Unterhaltsarbeiten vorgenommen werden.»
Von der Uni an den Südpol
Der heute 55-Jährige hat sich als Jugendlicher schon für Galaxieforschung interessiert, studierte in München und in den USA Physik und Astronomie. «Während eines Studentenjobs am Max-Planck-Institut in München kam ich durch einen Zufall an diesen Job: Ich musste bei meinem Professor antraben, dieser war aber gerade am Telefon. Während ich wartete, studierte ich die Aushänge an den Wänden. Da stiess ich auf ein Inserat für einen einjährigen Forschungsaufenthalt am Südpol.» Er schrieb ein Mail und nur kurze Zeit später hatte er den Job in der Tasche. «Ich unterbrach mein Studium und ging mein erstes Jahr an den Südpol. Das war 1996.» Der Job entsprach genau seiner Kragenweite: «Ich bezeichne mich als Schraubenzieher-Lötkolben-Physiker. Ich mag es, praktisch zu arbeiten», sagt er.
Allein die Polarlichter und die Klarheit des Sternenhimmels in der sechs Monate andauernden Polarnacht sei es wert gewesen, dahin zu gehen. Auf der Station fallen zwar Fernsehabende dahin, da kein Signal empfangen werden kann. «Doch es gibt ein erstaunliches Angebot an Freizeitaktivitäten, etwa gemeinsames Filmeschauen, Spielabende oder die Möglichkeit, Sport zu treiben. Allerdings beschränkt sich der Sport auf Innenräume. Draussen ist es zu kalt. Da würde einem die Lunge einfrieren.»
Vortrag: «Antarktis – 13 Jahre am Südpol», Mo, 27. Oktober, 19.30 Uhr, Kuspo Münchenstein.