«Ich kann hier, vor Ort in Arlesheim, etwas unternehmen»

Ob Märkte, Bücher oder Politik: Marie Regez prägt die Gemeinde seit Jahrzehnten. Bei ihrem En­gagement für Flüchtlinge scheut sie deutliche Worte nicht.

Hat in Arlesheim Heimat und Berufung gefunden: Marie Regez wohnt seit 54 Jahren in der Gemeinde. Foto: Caspar Reimer

Wer mit Marie Regez durch die Strassen Arlesheims schlendert, dem wird gewahr – die Frau mit dem französischen Akzent ist im Dorf eine bekannte Persönlichkeit, vergehen doch jeweils nur wenige Minuten, bis sie wieder von jemandem gegrüsst wird und sie den Gruss freundlich erwidert. «Ich liebe Arlesheim. Und ich gehe gerne auf Menschen zu», sagt sie.

Ihr Alter – sie zählt 77 Jahre – und ihr Akzent strahlen eine Milde aus, doch ihre Worte zeugen von Fleiss und Engagement: «Alles, was ich mache, ist mit Arbeit verbunden.» Vor mehr als 30 Jahren hat Marie Regez, die zweimal und insgesamt zwölf Jahre als Sozialdemokratin im Gemeinderat sass, den Arleser Gmües­märt mitbegründet, ihn als Präsidentin des dazugehörenden Vereins bis zum Ende des vergangenen Monats geprägt. An der GV sei sie mit Applaus und Blumen verabschiedet worden, sagt sie mit grosser Dankbarkeit. «Es waren spannende und glückliche Jahre.» Ähnlich dem Gemüsemarkt verhält es sich mit dem grossen Arlesheimer Flohmarkt – auch diesen hat Marie Regez initiiert und unter dem Patronat der Natur- und Umweltschutzkommission der Gemeinde rund 30 Jahre geleitet. Weiterhin ist sie – und sie erwähnt das fast nebenbei – Initiantin und Präsidentin des Vereins «Offene Strassenbibliotheken Arlesheim». Dabei gehe es ihr einerseits um die Bewahrung von Kultur, andererseits um die Wiederverwendung von Büchern: «Bücher sollten nicht fortgeworfen werden.»

Eine rote Linie überschritten

Die Weitergabe von Gemüse- und Flohmarkt in neue Hände hat für etwas Platz geschaffen, was Marie Regez besonders am Herzen liegt: das Engagement für Flüchtlinge. Im Jahr 2022 hat die von ihr koordinierte, 2017 entstandene Begleitgruppe für Flüchtlinge den Freiwilligenpreis des Kantons Basel-Landschaft erhalten. Die Gruppe begleitet geflüchtete Menschen – unter anderem aus Syrien, dem Sudan oder auch der Ukraine – bei der Suche nach einer Wohnung, hilft ­ihnen bei Verrichtungen des Alltags, vermittelt Deutschkurse und führt eine Kleiderstube in Dornach.

Ihre Arbeit für das Wohl von Flüchtlingen geht aber zeitlich bis in die 1990er-Jahre zurück – damals hatte Arlesheim unter anderem Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien aufgenommen. Marie Regez sieht ihr Engagement als einzige Möglichkeit, «etwas gegen das Elend der Menschen auf dieser Welt» zu tun. «Ich kann hier, vor Ort in Arlesheim, ­etwas unternehmen.»

Neulich hat die Sozialdemokratin für Schlagzeilen gesorgt, weil sie sich in ­einem offenen Brief gegen ihre Enkelin, die SVP-Politikerin und ehemalige Nationalratskandidatin Sarah Regez, gestellt hat. Die junge Frau nahm an einem ­Treffen mit dem österreichischen Rechts­extremen Martin Sellner teil, geriet deswegen selbst innerhalb der SVP in Kritik – es kam zu Rücktrittsforderungen. «Leute in Arlesheim gratulierten mir, dass ich eine Enkelin habe, die sich politisch engagiert. Da war für mich eine rote Linie überschritten. Ich musste reagieren.» Es war nicht zuletzt ihr Name, den sie in Verruf sah. «Ich musste mich klar distanzieren und sagen: Nein, ich wähle sie nicht!» Das sei zwar auch schmerzhaft gewesen – seit den Nationalratswahlen pflegt die Enkelin keinen Kontakt mehr mit ihren Grosseltern –, jedoch: «Wenn ich dabei geholfen habe, dass sich Leute von ihrem Gedankengut distanzieren, ist das ein Erfolg.»

Ursprünglich aus Vevey

Auf die Frage, ob die Solidarität mit Flüchtlingen etwas sei, was sie von ihren Eltern mitbekommen habe, denkt sie nach und sagt dann: «Das ist lange her. Ich bin seit 54 Jahren mit meiner Familie in Arlesheim. Aber ja – ich denke schon, dass ich durch meine Eltern so geprägt wurde.» Marie Regez wurde in Vevey im Kanton Waadt geboren, hat eine Weile in ihrer alten Heimat als Primarlehrerin gearbeitet. «Das hat mir aber nicht gefallen», sagt sie. In Arlesheim hat sie Heimat und Berufung gefunden. Und ihr En­gagement ist noch längst nicht zu Ende, habe sie doch schon ein paar neue Ideen auf Lager, verrät sie.

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