Einblick in das Universum Dieter Roth und Künstlerbücher von A bis Z

Eine neue Ausstellung im Forum Würth Arlesheim zeigt Arbeiten des Basler Künstlers Dieter Roth aus seinen wichtigsten Schaffensjahren. Eine zweite Schau präsentiert teilweise spektakuläre Künstlerbücher.

Rätselhaft bedrohlich: Dieter Roths «Motorradfahrer» von 1969 zeigt Blechspielzeug mit Acrylfarbe übergossen.  Foto: ZVG / Forum Würth Arlesheim
Rätselhaft bedrohlich: Dieter Roths «Motorradfahrer» von 1969 zeigt Blechspielzeug mit Acrylfarbe übergossen. Foto: ZVG / Forum Würth Arlesheim

Die Ausstellung trägt den witzigen Titel «(na, fritze?) lakritze». Das Universum Dieter Roth». Der 1930 als Auslandschweizer in Hannover geborene Künstler machte zunächst eine Grafikerlehre in Bern. Der Druckgrafik ist die Ausstellung denn auch besonders gewidmet. In den 1960er-Jahren begann Roth die Grenze von der Zwei- zur Dreidimensionalität zu überschreiten, schuf Kunstobjekte aus organischem Material, das sich veränderte und zersetzt: eine Chiffre der Vergänglichkeit. Immer mehr überschritt er die Grenzen zwischen Dichtung, Buchkunst, Grafik, Malerei, Happening, Installation und Film. Roths Universum ist fast grenzenlos. Er schuf zuweilen 100 Bilder am Tag, schrieb zwei bis drei Tagebücher parallel und betrachtete selbst das Interview als Kunstform. In den Interviews stellte er sich als einen von Ehrgeiz zerfressenen Menschen dar, der sich beständig an Vorbildern abarbeiten muss. Einmal sagte er: «Die Sicherheit, sich zu erhalten, ist viel schwieriger, als in der Unsicherheit zu leben … Ich kann mich in die Unruhe und die Unsicherheit hineinbegeben und dort fühle ich mich eigentlich sicher, weil ich merke, dass ich davon leben kann.» Roth wehrte sich gegen eine Schubladisierung seines Werks durch «typische Galeriekatalogwörter». Überhaupt war er ein sprachkritischer Mensch und bediente sich in seinen Ideogrammen einer eigenen, krausen Orthografie. Auch diese Ideogramme erhalten in der Ausstellung ihren Platz.


Unglaubliche Vielfalt
Es lohnt sich, die Angaben über die Lebensstationen von Dieter Roth zu lesen, bevor man sich auf die einzelnen Werke einlässt. Dies gilt vor allem für all jene, die mit dem Schaffen des Künstlers nicht vertraut sind. Jedes Werk, sei es noch so unverständlich, hat mit Roths Leben zu tun. Diese enge Verbindung zwischen Leben und Werk und der Begriff des Gesamtkunstwerks lassen einen Vergleich mit Joseph Beuys zu. Rätselhaft bedrohlich wirkt der Motorradfahrer aus Blech, der mit Acrylfarbe übergossen wurde. Die Vielfalt an Techniken und Stilen ist ebenso gross wie die der Materialien. Man findet Sieb-, Tief- und Lichtdrucke, Assemblagen, Pressungen, dreidimensionale Objekte. Neben rein abstrakten Bildern gibt es die mit technischer Bravour gedruckten Barockstudien oder ein Gummibandbild. Ob Leim, Plastik, Abfall, Schokolade, Zimt, Käse, Milch, Joghurt oder Mayonnaise: Kein Material war Roth zu unpassend oder zu fremd.


Reise durch Kunstgeschichte
Die zweite Ausstellung zeigt 38 Beispiele von Künstlerbüchern renommierter Künstler von Horst Antes bis Klaus Zylla. Ein Schwerpunkt ist Vertretern von Dada und Surrealismus gewidmet. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Blütezeit der Künstlerbücher. Es wurde in jederlei Hinsicht experimentiert. Hans-Magnus Enzensbergers Objekte lösen sich ganz von der Buchform. Faszinierend ist Günther Uekers Riesenfoliant, dagegen beschaulich Hesses handschriftliches Buch mit Vignetten. Die Ausstellung wird zur vergnüglichen Entdeckungsreise durch die Kunstgeschichte des letzten Jahrhunderts.

Beide Ausstellungen wurden sorgfältig kuratiert von Catherine Iselin, die seit 2019 das Forum Würth Arlesheim leitet. Der Katalog zur Roth-Ausstellung kann für 22 Franken erworben werden. Es gibt auch Angebote zur Kunstvermittlung. Beide Ausstellungen dauern noch bis zum 18. Juli 2021. Informationen unter www.forum-wuerth.ch/arlesheim.

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