Ein Ja mit Vorbehalt

An der ­ausserordentlichen Gemeindeversammlung stimmte eine Mehrheit dem Teilzonenplan ­Siedlung Ortskern zu. Die Diskussion dauerte über vier Stunden.

Ein Thema, das bewegt: Über 500 Personen versammelten sich in der Sporthalle Hagenbuchen. Foto: Fabia Maieroni

Sie standen Schlange, die über 500 Menschen, die am Donnerstagabend zur Sporthalle Hagenbuchen gekommen waren. Das Thema bewegt – das wurde in der teilweise emotionalen Debatte wiederum klar.

Fensterflächen, Flachdächer oder Tiny Houses im Garten – die Diskussion über den Teilzonenplan Siedlung Ortskern ging dermassen ins Detail, dass man sich zuweilen fragen musste, ob die Gemeindeversammlung noch der richtige Rahmen für solche Anpassungen bei einzelnen Liegenschaften darstellt. Für die betroffenen Liegenschaftsbesitzerinnen und -besitzer haben diese Details natürlich grosse Bedeutung. Das war zum Beispiel Madeleine Leuthardt anzumerken, die im Ortskern wohnt und für ihre Liegenschaft gleich mehrere Anträge stellte. Eine Mehrheit ihrer Änderungsanträge wurde von der Versammlung angenommen.

So ging das Spiel bei mehreren Liegenschaftsbesitzerinnen und -besitzern weiter, die Mühen und Kosten auf sich nahmen, um für ihre Liegenschaften aus ihrer Sicht Verbesserungen im Teilzonenplan herauszuholen. Man musste sich aber auch fragen, was passiert wäre, wenn dies alle Hausbesitzer gemacht hätten, deren Liegenschaften im Rahmen des Teilzonenplans Siedlung Ortskern unter strengeren Schutz gestellt werden sollen. Wäre dann noch etwas vom Teilzonenplan übrig geblieben, den der Gemeinderat der Versammlung vorgelegt hatte? Gemeindepräsident Markus Eigenmann (FDP) wurde wenig überraschend aus der Versammlung heraus gefragt, wieso diese Anpassungen jetzt noch möglich seien, obwohl der Gemeinderat doch mehrfach gesagt hatte, das Mögliche sei ausgereizt, ohne dass Gefahr bestehe, der Kanton könnte den Zonenplan nicht genehmigen.

Neuanfang mit neuem Gemeinderat?

Vor der Debatte über einzelne Paragrafen des Reglements kam es in der Sporthalle Hagenbuchen zu einem grundsätzlichen Schlagabtausch über den Teilzonenplan. Ursula Sarasin, die gemäss eigener Aussage weder im Ortskern wohnt noch Mitglied bei der IG Fruschd ist, beantragte Nichteintreten. Ihrer Meinung nach brauche es eine Erneuerung der Zonenordnung gar nicht. «Arlesheim sieht heute so aus, weil der alte Quartierplan das so vorgeschrieben hat.» Damit spielte Sarasin unter anderem auf ein Votum von Michael Honegger (SP) an, der als Präsident der Gemeindekommission meinte, dass es nach 50 Jahren diesen Teilzonenplan brauche, um den «einzigartigen Ortskern» von Arlesheim zu erhalten. Die Gemeindekommission hatte der Vorlage ohne Gegenstimme zugestimmt. Honegger erklärte: «Die Einschränkungen sind gerechtfertigt und auf ein erträgliches Mass reduziert worden.»

Der Widerstand beruhte trotz der ­vorgenommenen Anpassungen nach der Rückweisung an der Gemeinde­versammlung im April 2023 auf der ­Zuweisung von Liegenschaften in die kommunalen Schutzkategorien, der Ausgliederung des Badhofs als eigener Quartierplan aus dem Perimeter des Teilzonenplans und der Zulässigkeit von dreistöckigen Bauten. «70 Häuser werden zu Denkmälern», monierte Hugo Erbacher, Co-Präsident der IG Fruschd. Das Ganze sei ein Flickwerk. «Es braucht einen Neuanfang.» Am besten passiere dies mit einem neuen Gemeinderat, fanden einzelne Votantinnen und Votanten. Johannes Manggold, Co-Präsident der IG Fruschd, mahnte, dass es auch Entwicklungsmöglichkeiten im Ortskern brauche. Mehrfach kritisierte er, dass Arlesheim mit dem vorliegenden Teilzonenplan im Kanton eine «Extrawurst» fahre.

«Besser wird es nicht mehr»

Doch bei einer Mehrheit der Versammlung verfing die Kritik nicht mehr. Es war ein Wille zu spüren, das Geschäft zu einem Ende zu führen. SP-Gemeinderatskandidat Peter Vetter warnte vor vielen Jahren Stillstand. «Die aktuellen Regelungen sind keine taugliche Grundlage, um den Ortskern zu schützen.» FDP-Landrat Balz Stückelberger pflichtete Kommissionspräsident Michael Honegger bei, dass Schutz ohne Einschränkungen nicht gehe. «Besser wird es nicht mehr. Der Rahmen ist ausgereizt.» Man müsse jetzt nach vorne schauen.

In der auf Antrag geheim durchge­führten Schlussabstimmung votierten 289 Personen für den Teilzonenplan Siedlung Ortskern, 208 dagegen. Johannes Manggold liess offen, ob die IG Fruschd das Referendum ergreifen würde. Das sei eine Option, die Unterschriften wohl schnell zusammen. Die Schlussabstimmung um kurz nach Mitternacht muss nicht das letzte Wort in dieser Sache gewesen sein.

Das Traktandum zum Reglement über Beiträge an Bauten und Bäume wurde aus Zeitgründen verschoben.

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