Daniele Ganser: «Sie können den Medien nicht mehr blind vertrauen»

Historiker Daniele Ganser referierte auf Einladung der Gemeindebibliothek in Arlesheim über «illegale Kriege» und die Lügen von Politikern und Medien.

Im Gespräch: Historiker Daniele Ganser und Publizist Matthias Zehnder.  Foto: Tobias Gfeller
Im Gespräch: Historiker Daniele Ganser und Publizist Matthias Zehnder. Foto: Tobias Gfeller

Die Besucher standen Schlange, um sich ihr Buch von Autor Daniele Ganser signieren zu lassen. Die Unterschrift des Historikers gewinnt schweizweit und darüber hinaus immer mehr an Wert. Seine Auftritte und Videos im Internet sind immer gefragter. Ganser hat eine wachsende Anhängerschaft, die der Politik und den Medien misstraut. Offizielle Versionen werden hinterfragt, Kriegsgründe als Lügen enttarnt und die Medien der Manipulation verdächtigt. 300 Personen sind am Freitagabend auf Einladung der Gemeindebibliothek Arlesheim ins reformierte Kirchgemeindehaus gekommen, um den Erklärungen von Daniele Ganser zu lauschen. Sie hingen dem eloquenten Historiker an den Lippen und nickten immer wieder zustimmend, als seien sie froh, endlich einmal die Wahrheit zu hören.

Kritik an den USA, weniger an Russland

Daniele Ganser ist promovierter Historiker, Friedensforscher und für viele Kritiker ein Verschwörungstheoretiker. Als «unkompliziert, visionär, provokant, unbequem, streitlustig, eloquent, interessiert und kritisiert» umschrieb ihn Katharina Jungen, Leiterin der Gemeindebibliothek. Der Historiker referierte gewohnt eindringlich und in einfachen Worten über «illegale Kriege», die aufgrund von falschen Informationen ohne UNO-Mandat und daher völkerrechtswidrig ausgelöst wurden. Der Sturz der iranischen Regierung 1953 durch die CIA, der Vietnamkrieg 1964, der sowjetische Angriff 1979 auf Afghanistan und der Einmarsch der Amerikaner und Briten 2003 in den Irak. Ganser kritisierte einerseits die Regierungen, die lügen und manipulieren würden, um einen Grund für einen Angriffskrieg zu haben, aber auch die Medien, die diese Lügen stützten und das Handeln der Regierungen zu wenig hinterfragten. Für den Historiker ist klar: Herrscht Krieg und Terror, dann lügen Medien. «Sie können Medien nicht mehr blind vertrauen. Sie können schon, aber das ist naiv.» Um die Falschinformationen der Medien zu entlarven, brauche man Medienkompetenz, so Ganser. Er riet deshalb von Tagesmedien ab und forderte das Publikum auf, sich vermehrt über Bücher und Youtube-Videos zu informieren. Und genau dort ist Daniele Ganser präsent. Dass er vor allem die USA kritisiert, heisse nicht, dass er anti-amerikanisch eingestellt sei, stellte Ganser klar. Während er die diesjährigen Raketenangriffe von Frankreich, Grossbritannien und der USA auf Syrien als «illegal» bezeichnete, verharmloste Ganser das kriegerische Treiben der Russen für Präsident Assad. «Es ist das Recht der Regierung in Syrien, ein anderes Land einzuladen.»

Vision der Menschenfamilie

Dass man den Medien nicht mehr trauen kann, versuchte er anhand von Bildmanipulationen von Zeitungen zu beweisen. So erinnerte er an den Terroranschlag 1997 im ägyptischen Luxor, als der «Blick» eine Wasserpfütze rot einfärbte, um mit einer angeblichen Blutspur die Gräueltat medial auszuschlachten. Ganser riet zu Achtsamkeit und Aufmerksamkeit im Medienkonsum.

Im anschliessenden Gespräch mit Publizist Matthias Zehnder forderte er mehrfach, dass Medien «illegale Kriege» stärker benennen sollten. Für ihn als Friedensforscher habe das Gewaltverbot der UNO-Charta Priorität. Er sprach über seine Vision der «Menschenfamilie, in der man sich nicht entlang von Nationalstaaten, Religionen und Hautfarben gegeneinander aufhetzt».

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