Eldorado für Film und Theater

Seit 139 Jahren sorgt Kostüm Kaiser in Aesch dafür, dass Theaterschaffende, Filmemacher und Feiernde das passende Outfit aus längst vergangenen Zeiten bekommen.

Inmitten bunter Kostüme (von links): Cédric und Bruno Gschwind. Foto: tobias Gfeller
Inmitten bunter Kostüme (von links): Cédric und Bruno Gschwind. Foto: tobias Gfeller

Eine Anfrage genügt und Bruno und Cédric Gschwind wissen genau, wo sie suchen müssen. Das ist bei 40000 Kostümen alles andere als selbstverständlich. Wie viele es genau sind, weiss niemand. Zum letzten Mal Inventar gemacht wurde in den 1970er-Jahren. Die Stücke sind, nach Geschlecht und im Detail nach Themen und Herkunftszeit geordnet, feinsäuberlich in verschiebbaren Kästen aufgehängt. Kostüm Kaiser ist ein Paradies, um in eine fremde Rolle aus längst vergangenen Zeiten zu schlüpfen. Ob als Gladiator, Ritter, Schweizergardist, Bauerndame, Soldat aus dem Zweiten Weltkrieg oder als glitzernde Prinzessin – Theaterschaffende, Filmemacher, Museen, privat Feiernde und historische Sammler werden hier ganz bestimmt fündig.

Das Familienunternehmen hat dafür schweizweit das umfangreichste Angebot. Ähnlich grosse Kostümverleiher mussten in den vergangenen Jahren schliessen. Ein neues Unternehmen dafür zu gründen und ein solch umfassendes Inventar anzulegen, sei heute unmöglich, erklärt Bruno Gschwind, der seit über 50 Jahren in der Firma tätig ist. «Das funktioniert hier nur, weil alles uns gehört und ausgenommen der allgemeinen Betriebskosten keine Fremdkosten verursacht werden.»

Vater Bruno Gschwind führt den Kostüm Kaiser gemeinsam mit Sohn Cédric als Familienbetrieb. Dazu haben sie vier Mitarbeitende. Gegründet 1882 in Basel zügelte Kostüm Kaiser via Allschwil 1973 nach Aesch und baute 1988 am Standort an der Ettingerstrasse sogar noch aus. Auch das Interieur erinnert an längst vergangene Tage.

Durch die Coronapandemie und ausbleibende Veranstaltungen wurde der Kostümverleih stark ausgebremst. Ganz eingebrochen sei die Nachfrage aber nicht, verrät Cédric Gschwind. «Im kleinen Kreis veranstalteten Freunde und Familien Krimidinner, für die sie sich auch kostümmässig in die ihnen zugeteilten Rollen versetzten.» Mittlerweile habe der Verleih wieder etwas angezogen, ist aber noch längst nicht auf dem Niveau von vor Corona.

Jede Naht und jeder Knopf originalgetreu nachgemacht

Kostüm Kaiser auf den Kostümverleih zu reduzieren greift aber zu kurz. Mit der originalgetreuen Herstellung historischer Kostüme – allen voran von Uniformen – hat sich das Unternehmen schweizweit einen Namen gemacht. Für das Projekt «Museum der Jurassischen Truppen» in St-Imier, das in diesen Tagen eröffnet wird, stellte Kostüm Kaiser in den letzten vier Jahren Uniformen und Accessoires für 29 Figuren her. Die Museumsmacher und das Team von Kostüm Kaiser legten ein besonderes Augenmerk auf Details, authentische Materialien und zeitgenössische Herstellungsarten. Neben der aufwendigen Recherche in zeitgenössischen Schriften und Zeichnungen war auch die Herstellung der Kleider, Uniformen und Ausrüstungsgegenstände eine zeitintensive Angelegenheit, erzählt Bruno Gschwind. Für die Recherche für solch aufwendige Replikate nützen Vater und Sohn Gschwind immer wieder die hauseigene Bibliothek mit gegen 2000 Büchern. Während Jahren kleidete das Aescher Unternehmen auch SBB-Mitarbeitende auf Mass ein.

Ein Kostüm aus dem eigenen Geburtsjahr

In den Anfangsjahren beschäftigte Kostüm Kaiser bis zu 50 Mitarbeitende. Das Unternehmen durchlief auch schwierige Zeiten, erinnert sich Bruno Gschwind. Er sorgte nach seinem Amtsantritt 1969 für eine «Gesundschrumpfung» und die Konzentration aufs Wesentliche. Seitdem laufe es wieder positiv, klammere man Krisen wie die Aktuelle aus. Bruno und Cédric Gschwind sind aber guter Dinge, dass der Verleih bald wieder anziehen wird.

Welche Kostüme dann besonders gefragt sind, wissen sie beide nicht. «Das ändert immer mal wieder. Oft sind zum Beispiel 50 Jahre alte Stücke gefragt, weil die Leute bei runden Geburtstagen in Rollen schlüpfen möchten, die zur Zeit aktuell waren, als sie geboren wurden.»

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